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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 9 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 9 in der NFL.
© getty
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2. Die Chiefs, die Bills: Wohin geht es für die Passing-Monster?

Es ist schon auffällig, dass zwei der besten Offenses der vergangenen Saison einfach in keinen Rhythmus kommen. Bei den Bills dachte ich, dass sie ihren unrunden Start aus etwa dem ersten Saisonviertel schon besser abgehakt hätten, aber das war gegen eine bis dahin horrend schlechte Jaguars-Pass-Defense eine richtig bittere Vorstellung, nachdem der Motor auch gegen Miami schon auffällig gestottert hatte, und Allen am Boden letztlich der Dosenöffner war.

So richtig "angekommen" wirkten die Bills noch nicht, sie spielten etwas mehr 12-Personnel, gingen ein Stück weit weg von ihrer bisweilen extremen Spread-Offense letztes Jahr, stützten sich etwas mehr auf das Run Game und profitierten dabei auch von einer starken Defense, welche die Offense nicht nur ein Mal im Spiel hielt, wenn mal Sand im Getriebe war.

Diesen Luxus hatte Kansas City nicht, zumindest nicht über die ersten Wochen der Saison; mittlerweile hat sich die Defense ja sogar einigermaßen gefangen. Die Offense auf der anderen Seite ist immer mehr in unruhiges Fahrwasser geraten, bis an den Punkt, an dem man darüber sprechen musste, dass sie gravierende Probleme hat, struktureller wie individueller Natur. Ich hatte vor zwei Wochen ausführlich darüber geschrieben.

Und letztlich passen die Probleme der beiden Offenses in das Big Picture der NFL, wenn wir sehen, wo die Defense-Trends hingehen. Eben zu mehr 2-High-Strukturen, mehr dahin, Big Plays zu nehmen und aus tiefen Safety-Sets dennoch diszipliniert Run-Gaps verteidigen zu können.

Quarterback-Runs als wichtigerer Faktor?

Diese beiden Dinge konstant auf hohem Level können bisher nur die Rams abrufen, aber wir sehen, wo die Entwicklung hingeht. Doch sehen wir auch, dass die Verfeinerung dieses defensiven Trends vorübergehend ein Ende für die seit Jahren größer werdende Schere zwischen der Dominanz des Passing Games und dem Impact des Run Games bedeutet?

An dem Punkt bin ich nicht. Auch wenn man zur Saison-Mitte durchaus argumentieren kann, dass etwas mehr Vielfalt gefordert ist: Die Chiefs und Bills müssen gewillt sein, den Ball zu laufen, wenn die Defense das anbietet. Nicht als Identität, nicht als grundsätzliche Philosophie, sondern als zusätzlicher Pfeil im Köcher der eigenen Offense. Um sich selbst nicht zu sehr in eine Ecke zu manövrieren, aus der man dann nur mit noch mehr Big Plays im Passspiel wieder rauskommt.

Auch das Quarterback Option Run Game kann hier eine extrem wichtige Waffe sein. Denn es ist eine Sache, aus 2-High-Strukturen das reguläre Run Game zu verteidigen; wenn die Offense gegen die Pre-Snap leichten Boxen den Quarterback noch als echten Faktor im Run Game hat und so ein noch größeres nummerisches Übergewicht schafft, fordert das sehr viel Disziplin und Geduld von der gegnerischen Defense, um nicht irgendwann mehr Spieler in die Box zu ziehen.

Ja, wir sehen aktuell, wie gerade die Chiefs gegen Zone Coverage über die letzten eineinhalb Jahre immer mehr auf den kurzen Pass setzen mussten und dass generell die explosiven Plays runter gegangen sind. Gegen die Packers fühlte es sich über weite Strecken wie eine Dink-and-Dunk-Offense an, wie eine dieser Offenses, für die Alex Smith so häufig kritisiert wurde, insbesondere bevor er nach Kansas City kam.

Wo der Value für Offenses hier in meinen Augen liegt, ist im Kurzpassspiel und in den Intermediate Distanzen. Dazu gehören RPOs, Play Action, eigentlich Elemente, die Kansas City in der Mahomes-Ära sehr konsequent umsetzen konnte.

Die Chiefs-Offense braucht einen Nummer-2-Receiver

Dass diese Dinge aktuell nicht funktionieren, hat für mich keine strukturellen oder Defense-bezogenen Gründe, sondern liegt in erster Linie an Mahomes - und am Mangel an Waffen, die schnell Separation kreieren.

Was hier klar hängenbleibt: Die Chiefs-Offense braucht diese dritte verlässliche Waffe, einen Receiver, der Eins-gegen-Eins gewinnen kann, wenn Teams Tyreek Hill und Travis Kelce in den Griff bekommen. Sie sollten All-In bei Odell Beckham sein, falls der auf den Markt kommt. Ich sehe derzeit kein Team, dass Beckham dringender braucht, um seine Offense wieder in die Spur zu bringen. Nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass sein vielleicht etwas "freiheitlicher" Spielstil, der in Stefanskis Offense so gar nicht gewollt ist, unter Andy Reid hervorragend funktionieren sollte.

Die Chiefs brauchen einen Receiver, der diese 6-Catches-60-Yards-Spiele haben kann, wenn die Offense ihn braucht, der Outside gewinnen kann, aber der auch mit einer schnellen Slant ein Target für ein Big Play nach dem Catch sein kann. Und Beckham will zu einem Team, mit dem er gemeinsam mit einem guten Quarterback in einer sicheren Rolle in der zweiten Saisonhälfte Alarm machen kann. Für mich gibt es keinen besseren Fit für beide beteiligten Parteien. Er könnte der Sammy Watkins 2.0 für diese Offense werden.

Denn, und das sollte man bei den Debatten darüber, ob die Chiefs mit ihrer Passing-Intensität an eine Art Limit gestoßen sind, nicht vergessen: Dafür, dass Kansas City dieses Team sein will, das Gegner Woche für Woche mit dem Passspiel zerlegt, haben die Chiefs ganz schön wenige Waffen dafür. Zwei der besten Spieler auf ihrer jeweiligen Position, keine Frage - aber eben keinerlei Tiefe dahinter. Mecole Hardman ist ein Gadget-Receiver, das sollte an diesem Punkt kaum noch zur Diskussion stehen.

Dass das ein Problem werden würde, war schon in der Offseason ein Thema und auch die Chiefs waren sich dieser Tatsache durchaus bewusst. Doch zog Kansas City bei JuJu Smith-Schuster und auch bei T.Y. Hilton den Kürzeren und ging die Position dann im Draft erst in der fünften Runde an. Jetzt gibt es die Möglichkeit, doch noch prominent nachzurüsten. Auch wenn es bereits Gerüchte gibt, dass Beckham vielleicht die Seahawks bevorzugen könnte.

Die Idee, dass Mahomes mit einer besseren Offensive Line vor sich wieder disziplinierter in der Pocket spielt, kann an diesem Punkt getrost zu den Akten gelegt werden. Denn gerade die Interior Line spielt exzellent - einen echten Impact auf die Offense hat das aber häufig nur über das Run Game. Auch weil Mahomes eben doch zu hektisch spielt.

Ich bleibe dabei, dass es bei Mahomes auch irgendwo eine Kopfsache ist; dass er eben wieder an den Punkt kommen muss, an dem er den Play-Designs vertraut. Aber damit diese auch wirklich funktionieren, damit Mahomes wieder in die Spur findet und damit die Offense aus ihrem Loch raus kommt, werden die Chiefs mehr Playmaker brauchen.