NFL

Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 7 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 7 in der NFL.
© getty

Woche 7 war die Woche der Kantersiege. Manche eher weniger überraschend, wie die Erfolge der Patriots gegen die Jets, der Cardinals gegen Houston oder der Buccaneers gegen Chicago. Andere wiederum überraschten dann doch: Der deutliche Erfolg der Bengals in Baltimore, der Kollaps der Panthers gegen die Giants oder natürlich das Chiefs-Desaster in Tennessee. Was bleibt also hängen, nach einer Woche voller deutlicher Siege?

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Während in der AFC mit den Ravens und den Chiefs - dazu gleich mehr - also zwei vermeintliche Schwergewichte deutlich verloren, war davon abgesehen vermutlich die 3:25-Pleite der Panthers bei den Giants in dieser Klarheit die am wenigsten erwartete Niederlage. Mit einer offensiven Rumpftruppe angetreten, war es nicht so, als hätten die Giants die Sterne vom Himmel gespielt - aber ihre 4,5 Yards pro Play wirkten wie der Mount Everest, verglichen mit den 2,8 Yards pro Play, die Carolina zustande brachte.

Dass Sam Darnold schließlich sogar gebencht wurde, war fast die logische Schlussfolgerung; nicht nur von diesem Spiel, sondern auch mit Blick auf die Entwicklungen der letzten Wochen. Darnold wird kommende Woche wieder starten, aber der Trend geht glasklar nach unten. Dennoch wird er nächstes Jahr mit 18,8 Millionen Dollar in den Panthers-Büchern stehen, sofern Carolina es nicht irgendwie schafft, Darnold via Trade - mutmaßlich teuer - loszuwerden.

Dieser Trade war ein Desaster für die Panthers, und es wird immer schwieriger, das weg zu diskutieren.

Im Vergleich sieht der Trade der Indianapolis Colts für Carson Wentz aktuell definitiv besser aus. Wentz spielt generell gut, auch wenn das Sunday Night Game gegen San Francisco angesichts der Umstände ein ziemliches Muster ohne Wert war. Was Wentz in dem Spiel definitiv zur Perfektion hatte, war der einst von Joe Flacco patentierte tiefe Underthrow, welcher dadurch zu einer Pass Interference führte. Wentz hatte jede Menge Turnover- und DPI-Glück in diesem Spiel.

Los geht's aber mit den Chiefs. Und auch in Kansas City geht, ähnlich wie bei Darnold, der Trend beunruhigend deutlich nach unten.

Mahomes und die Chiefs sind aktuell kein Titelkandidat

Manchmal haben Teams einen "perfekten Sturm" für sich - manchmal haben sie einen perfekten Sturm gegen sich. Wenn gefühlt alles, was schiefgehen kann, schiefgeht, wenn die Stars unter ihrem Leistungsvermögen spielen, wenn die Schwachstellen nicht nur Schwachstellen, sondern dunkle Löcher sind, in denen alle Hoffnungen darauf, den Kopf über Wasser halten zu können, spurlos verschwinden.

Wenn wir bei den Chiefs darüber sprechen, wie groß die Sorge sein sollte, ob wir bei Alarmstufe Rot angekommen sind und wie dieses Team mit dieser Offense an diesen Punkt kommen konnte, dann ist das für mich ein zentraler Einstieg.

Es ist auch ein elementarer Aspekt in der Begründung dafür, warum ich nach den ersten vier Spielen wenig Sorge bei den Chiefs hatte. Sie hatten ein sehr schweres Auftaktprogramm - und ich war der Meinung, dass nicht alle die Dinge, die bis dato gegen sie liefen, weiter so gegen sie laufen würden. Doch die Realität ist: Es wurde noch schlimmer.

Chiefs: ... und dann kommt auch noch Pech dazu

Was ist damit gemeint? Mahomes hatte letztes Jahr massives Interception-Glück. Er warf deutlich mehr Risiko-Pässe als die reinen Interception-Zahlen vermuten lassen würden, auch wenn man es mit anderen Quarterbacks vergleicht und in das Liga-Big-Picture einordnet. Dieses Jahr ist das ins genaue Gegenteil umgekehrt. Und das soll ausdrücklich nicht heißen, dass Mahomes gut spielt und schlicht Pech hat - aber die Anzahl an unglücklichen Picks, Abprallern, die in Interceptions enden, und dergleichen ist auffällig.

Generell die Anzahl an Turnovers, und wie viele davon bereits in Scoring-Distanz, tief in der gegnerischen Hälfte auftraten, während die Offense den Ball eigentlich gut bewegte, ist ein ernsthaftes Thema. Und für sich betrachtet sind das individuelle Vorfälle: Ein Pass von Mahomes wird abgeprallt oder rutscht Hill durch die Hände und landet beim Verteidiger, ein Fumble von Edwards-Helaire auf dem Weg zum Game-Winner in Baltimore, ein Fumble von Mahomes nach erfolgreichem Scramble zum First Down gegen die Titans, und so weiter, immer so weiter.

Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es bei erfolgreicher Offense in erster Linie darum geht, Gelegenheiten und Scoring-Situationen - also positive Plays - zu kreieren, und nicht darum, negative Plays zu verhindern. Und zumindest bis vor dem Titans-Spiel hatte Kansas City nach Expected Points Added pro Play immer noch die zweitbeste Offense in der NFL.

Aber der Trend passt auch hier nicht mehr. Nach vier Wochen hatten die Chiefs die Liga in dieser Kategorie noch mit weitem Abstand angeführt, dieser Vorsprung war deutlich geschmolzen. Die Offense legte über die ersten Wochen der Saison eine beeindruckende Schlagzahl vor, und das obwohl Mahomes längst noch nicht seine Top-Form abrufen konnte.

Das endete mit dem Bills-Spiel und seitdem stockte der Offense-Motor auch strukturell, während Mahomes ebenfalls weiter nicht wirklich gut spielte. Die Turnover blieben, der Gesamt-Pfeil der Offense zeigte über die letzten drei Wochen nach unten.

Kansas Citys Defense bleibt ein gefundenes Fressen

Die Turnover sind im Gesamtbild auch das Resultat einer Offense und vor allem eines Quarterbacks, der eben weiß, dass es keinerlei Spielraum für Fehler gibt. Und der irgendwann anfängt, Dinge zu erzwingen und das macht alles nur noch schlimmer. Umso mehr, weil Teams die Chiefs zunehmend mit dem Fokus auf Sicherheit spielen, sprich 2-High-Strukturen, um die Shot Plays zu minimieren. Lange, disziplinierte Drives wären also gefordert, und die Offense wird darin irgendwann nervös und will genau das Gegenteil.

Dieser Kreislauf hat sich zunehmend verschlimmert. Daraus resultieren einige der desolaten Interceptions, aber auch einige Entscheidungen mit dem Ball in der Hand, die schwer zu erklären sind.

Und das führt natürlich ganz konkret zur Defense. Nach Woche 4 war die Defense auf ähnlich historisch schlechten Pfaden unterwegs, wie die Offense parallel eindrucksvolle Zahlen auflegte. Zu sehen, wie die Offense mit sogar noch Luft nach oben über Teams drüber walzen konnte, hielt mich bei den Chiefs immer ruhig.

Wir hatten diesen Film von dieser Defense zudem bereits gesehen, ein horrender Start, und dann stabilisiert sie sich im Laufe der Saison auf ein Level, das wenigstens akzeptabel ist. Ein wenig positive Regression einer horrenden Unit mit dazu, viel mehr hätte es gar nicht gebraucht.

Aber die Defense ist immer noch ein gefundenes Fressen für nahezu jede Offense, während die Offense eben abgebaut hat. Mahomes spielt aktuell nicht gut, das steht außer Frage, aber es sind individuelle Unkonzentriertheiten, individuelle Fehler, wohin man nur schaut; vielleicht mit Ausnahme der Interior Offensive Line. Die Offense, von der wir eigentlich eine enorme Stabilität gewohnt sind, ist plötzlich ein wackliges Gerüst. Und das ohne Spielraum für Fehler. Das Spiel gegen Tennessee war das erste Regular-Season-Spiel ohne Chiefs-Touchdown seit 2017.

Chiefs: Roster Management ist nicht ideal

Was bleibt, ist das Roster Management. Die Chiefs haben in dieser Offseason massive Ressourcen in ihre Offensive Lines investiert, in einem Schritt, der ein Stück weit sicher eine Überreaktion auf den Super Bowl war, wobei man aber auf Tackle durchaus kurios unterwegs war: Brown ist nicht der ideale Scheme-Fit, und Right Tackle ist und bleibt ein Problem.

Vor allem aber liegen andere Baustellen komplett brach. Der Outside Receiver etwa, Defensive Line - wo KC regelmäßig überrannt wird und so gar keinen Druck auf den Quarterback hinbekommt -, Safety, um nur einige zu nennen. Wir sind mit Blick auf Mahomes' Vertrag im letzten Jahr, in dem sein Deal noch günstig ist, mit einem Cap Hit von unter zehn Millionen Dollar. Das wird bald astronomisch steigen, und dann ist die Zeit, in der Draft-Busts und teure Free-Agency-Signings für GM Brett Veach und diesen Kader zunehmend schwieriger zu verdauen sind.

Also, wie geht es jetzt weiter - neben der offensichtlichen Hoffnung, dass Patrick Mahomes keine gesundheitlichen Schäden aus diesem Spiel mitgenommen hat? Dieses Spiel gegen die Titans war von vorne bis hinten das übelste Chiefs-Spiel, an das ich mich unter Andy Reid erinnern kann; inklusive Reids Game Plan früh im Spiel und seinen In-Game-Coaching-Entscheidungen in der zweiten Hälfte.

Ich weiß, dass das ein Klischee ist, aber vielleicht ist die Antwort so simpel wie: Die Stars der Chiefs müssen wieder besser spielen. Das betrifft natürlich in erster Linie Mahomes, aber es betrifft auch Tyreek Hill, und es betrifft Chris Jones und Tyrann Mathieu auf der defensiven Seite.

Unbestreitbar ist, dass diese Saison weit weg ist von dem, was jeder in Kansas City erwartet und auch erhofft hat. Und an diesem Punkt muss man resümieren: Die Probleme sind real, und sie werden sich nicht über Nacht reparieren lassen. Die AFC ist auch in der Spitze eine komplette Wundertüte, für den Moment aber, mit dem Negativkreislauf in dem sich auch die Offense seit mehreren Wochen für sich betrachtet, aber auch im Wechselspiel mit der eigenen Defense befindet: Kansas City ist aktuell kein Titelkandidat.