FC Bayern - Die zauberhafte Woche des Joshua Zirkzee: Ein Hauch von 2009

Joshua Zirkzee erzielte gegen Freiburg und Wolfsburg zwei späte Jokertore für den FC Bayern.
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Joshua Zirkzee sichert dem FC Bayern mit seinen späten Toren gegen den SC Freiburg und VfL Wolfsburg sechs Punkte binnen drei Tagen - und nährt plötzlich die Hoffnungen der Münchner, seit über einem Jahrzehnt wieder einen Stürmer aus der eigenen Jugend bei den Profis zu etablieren.

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Die Fans auf der Südtribüne lagen sich jubelnd in den Armen, als sich die Spieler des FC Bayern nach getaner Schwerstarbeit vor ihnen versammelten. Die meisten ihrer Sprechchöre waren wenig überraschend dem Helden des Abends, Joshua Zirkzee, gewidmet, den sie in aller Freundlichkeit darum baten, den Zaun zu besteigen und sich von ihnen feiern zu lassen.

So, wie sich ein Bursche im Alter von 18 Jahren und 213 Tagen eben feiern lässt, wenn er einen Dämpfer zum Hinrunden-Abschluss abwendet und stattdessen den BVB drei Tage vor Heiligabend auf drei Punkte distanziert.

Der unverhoffte Protagonist aber wiegelte mit einer schüchternen Handbewegung ab, hielt sich lieber im Hintergrund. Dort, wo er am frühen Mittwochabend noch gestanden hatte, bevor er beim SC Freiburg als vermeintlicher Notnagel spät zum 2:1 traf. Dort, wo er möglicherweise wieder gestanden hätte, wären seine Kollegen drei Tage später nicht an dem Bollwerk des VfL Wolfsburg verzweifelt.

Doch es hatte so ein bisschen den Anschein, als sei diese letzte Hinrunden-Woche für Zirkzee bestimmt gewesen. Wieder kam, sah und siegte der junge Niederländer. Dass er nach seiner Einwechslung gegen die statistisch beste Defensive der Liga aber drei statt nur einer Minute für die Erlösung seines Teams benötigte, sorgte zumindest bei Thomas Müller für Gesprächsbedarf.

Müller scherzt über Zirkzee: "Daran müssen wir noch arbeiten"

"Die Durchschnittsdauer, die er braucht, um ein Tor zu erzielen, steigt. Daran müssen wir noch arbeiten", scherzte Müller hinterher in typischer Müller-Manier und verriet, dass seine Vorlage zum erlösenden 1:0 eher für Serge Gnabry bestimmt gewesen sei. "Serge hat gerufen, ich habe den Raum gesehen und den Ball da reingespielt. Die beiden sehen sich ja auch ein bisschen ähnlich", lachte Müller, der es sich an dieser Stelle aber auch nicht nehmen ließ, den Torschützen zu würdigen: "Er hat den Ball jetzt zweimal aufs Tor befördert und zweimal ging er rein. Den haben wir gebraucht. Super."

Joshua Kimmich hob im Mixed-Zone-Interview die Abgezocktheit des Teenagers hervor. "Es ist ja nicht so, dass er den Ball zweimal aus fünf Metern ins leere Tor gedrückt hat", sagte der Nationalspieler. "Da gehörte eine gewisse Entschlossenheit, ein gewisser Wille hinzu." Was Zirkzee besonders auszeichne? "Seine gute Dynamik", meinte Kimmich. "Für seine Größe hat er einen relativ geschmeidigen Bewegungsablauf. Und wie man jetzt zweimal gesehen hat, ist er ein Stürmer, der vor allem im Sechzehner seine Stärken hat."

Zwei Köche verderben den Brei noch lange nicht: Joshua Zirkzee und Serge Gnabry.
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Zwei Köche verderben den Brei noch lange nicht: Joshua Zirkzee und Serge Gnabry.

Lewandowski-Backup? Salihamidzic und Flick mahnen

Attribute, die beispielsweise auch Robert Lewandowski auszeichnen. Als neuen Backup für den Polen sehen die Münchner ihr Nachwuchsjuwel aber nicht. Zumindest noch nicht. Man tue gut daran, "behutsam" mit Zirkzee umzugehen, betonte etwa Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der bereits nach dem Freiburg-Spiel auf die Euphoriebremse getreten hatte. Auch Trainer Hansi Flick gab bei allen Schwärmereien für seinen neuen Edeljoker zu verstehen: "Das Leben geht weiter. Morgen ist es schon wieder ganz anders."

Die jugendliche Unbekümmertheit, mit der Zirkzee zu Werke geht, beschert den Münchnern dieser Tage dennoch mehr als Punkte. Sie beschert auch einen Funken Hoffnung, endlich wieder einen Offensivspieler aus der eigenen Jugend bei den Profis zu etablieren. Seit Müller, der 2009 seinen ersten Profivertrag erhielt und wie ein Phönix aus der Asche zum Torgaranten aufstieg, blieben die meisten Hochbegabten wegen zu hoher Konkurrenz oder schlichtweg zu schwacher Leistungen auf der Strecke.

Zirkzee wäre im Sommer offenbar fast bei Ajax gelandet

Zirkzee, der vornehmlich bei den FCB-Amateuren in der 3. Liga zum Einsatz kommt, wäre vor der aktuellen Saison womöglich auch fast gewechselt. Nach Angaben der Sport Bild sollen dem einstigen Jugendspieler von Feyenoord Rotterdam verschiedene Angebote aus seiner Heimat vorgelegen haben, sogar eines vom niederländischen Meister Ajax Amsterdam. Nachwuchsleiter Jochen Sauer schob einem Transfer jedoch einen Riegel vor. "Zu wichtig" sei Zirkzee für die Elf von Sebastian Hoeneß. Und auch bald für die von Flick?

"Er hat eine große Zukunft vor sich. Es ist aber wichtig, dass er hart daran arbeitet und auf dem Boden bleibt", sagte Salihamidzic. Das scheint Zirkzee zu wissen. Nach dem Wolfsburg-Spiel huschte der Mann des Abends schnurstracks an den Medienvertretern vorbei gen Ausgang. Ein kurzes Lächeln und ein "Sorry" war das einzige, was er hervorbrachte. Er hält sich eben gerne im Hintergrund. Zumindest dann, wenn der Ball nicht mehr rollt.

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