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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 3 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 3 in der NFL.
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3. Jaguars obenauf - Chargers und Chiefs zu Recht in der Kritik

Die Jacksonville Jaguars haben eine echte Chance, Playoffs zu spielen!

Zugegeben, das liegt maßgeblich auch an der eigenen Division, in der kein Team bisher wirklich überzeugt - außer eben jenen Jaguars. Doch eine reine Überreaktion angesichts eines Teams, das 2-1 steht und gerade ein Chargers-Team mit deutlichen personellen Problemen geschlagen hat, ist es aber dennoch keineswegs.

Zunächst einmal ist der Unterschied zum Vorjahr eklatant, als unter Urban Meyer überhaupt nichts funktionierte. Doug Pederson hat der Offense ein ganz anderes Grundgerüst gegeben, nachdem zuvor in der Free Agency der Geldbeutel geöffnet wurde.

Mir gefällt die Vielseitigkeit in der Offense, und wie sie trotzdem Dinge kombinieren. Play Action, Screens, Run Game, RPOs, Under Center, Shotgun, wie sie den Ball verteilen - all das darf Hoffnung für die Zukunft machen, das gewichtigste Pfund jedoch ist die Entwicklung von Trevor Lawrence. Und Lawrence war letztes Jahr nicht so schlecht, wie die Stats vermuten lassen; in dieser Saison allerdings sieht man nochmal einen merklichen Schritt.

Wie er die Offense kontrolliert, die Mischung aus seiner Mobilität und gleichzeitig der Quickness in seiner Wurfbewegung, wie viele Ausnahmeplays er mittlerweile auflegt: Lawrence und die Offense sind unter Doug Pederson schnell angekommen, und das Potenzial für Jacksonville, gerade auch im Vergleich mit Indianapolis und Tennessee, ist einfach höher, angefangen mit Lawrence. Die Jaguars haben hier eine echte Chance, das Ruder schnell herumzureißen und sich als das Team in dieser Division festzubeißen, das sich an der Pole Position festsetzt.

Ich mag außerdem defensiv diese Jaguars-Front, die wie gemacht dafür ist, mit Stunts Probleme in der Protection-Zuteilung zu forcieren. Das war gegen die Colts letzte Woche bereits sehr auffällig, und mit Blick auf die Spieler, die Jacksonville hier hat, ergibt das durchaus Sinn.

Josh Allen mit seiner Explosivität, der Ultra-Athlet Travon Walker, der vielseitige Arden Key, dazu Devin Lloyd, der vom zweiten Level aus blitzen kann - das bietet Jacksonville Möglichkeiten, und man sieht schon die Tendenz, dass die Jaguars ohne den Blitz als Defense insgesamt gefährlicher sein können.

Denn es passt auch zu einer explosiven, athletischen Secondary, die Plays machen kann, die Räume schnell schließen kann - gegen die eher langsamen Chargers-Receiver fiel das ebenfalls auf.

Jacksonville wird auch noch seine Tiefs durchlaufen, mit vielen jungen Spielern in Schlüsselpositionen lässt sich das kaum vermeiden. Aber man sieht die Entwicklung, das Potenzial ist viel greifbarer geworden. Und ganz simpel: Die Jaguars machen Spaß, was ich so über die anderen Teams in dieser Division bisher nicht sagen kann.

Chargers: Brandon Staley manövriert sich ins Abseits

Und wir müssen auch nochmals über Brandon Staley sprechen. Ich hatte den Head Coach der Chargers bereits letzte Woche kritisiert, weil er sich in meinen Augen in puncto Game Management gegen die Chiefs mehrere kritische Fehler geleistet hat - und weil er Herbert im Spiel ließ, obwohl er offensichtlich deutlich angeschlagen war.

Bis wenige Stunden vor Kickoff war selbst eineinhalb Wochen später nicht klar, ob Herbert gegen Jacksonville spielen können würde. Er spielte, wirklich gut bewegte die Offense den Ball über weite Strecken nicht - und als das Spiel mit weniger als fünf Minuten auf der Uhr und einem 28-Punkte-Rückstand eindeutig entschieden war, hielt Staley Herbert abermals im Spiel. Der dann prompt noch einen Hit Richtung Oberkörper einsteckte, inklusive sehr fadenscheiniger Erklärung von Staley im Anschluss. Herbert habe "mit seinen Mitspielern auf dem Platz stehen" wollen.

Das würde vermutlich jeder Spieler sagen, wenn man ihn einfach fragt.

Staley war letztes Jahr so etwas wie ein Medien-Darling, weil er viele gute Dinge in Interviews sagte, weil seine defensiven Ideen grundsätzlich spannend sind und an der Speerspitze defensiver Trends in der NFL aktuell stehen.

Wahr ist aber auch, dass er es letztes Jahr nicht schaffte, seine defensiven Ideen vorübergehend an das Personal anzupassen, welches er in L.A. hatte. Wahr ist auch, dass die Aussagen über Spielersicherheit aus dem Vorjahr dieses Jahr scheinbar nur bedingt Bestand haben. Und wahr ist auch, dass der von ihm zusammengestellte Trainerstab gerade offensiv ein frustrierend zähes Scheme spielen lässt.

Die Fragen werden größer, und die Kritik ebenfalls. Zu Recht.

Chiefs schenken den Sieg her

Parallel gewannen auch die Colts ihr Duell mit dem anderen AFC-West-Schwergewicht, sodass Jacksonville nicht davonzieht. Doch der Sieg der Colts über die Chiefs, so sehr man sie dafür beglückwünschen möchte, war zwar vom Ergebnis her unheimlich wichtig, die Protection bleibt aber ein Problem - und dass Kansas City dieses Spiel nicht gewann, war in erheblichem Ausmaß selbstverschuldet.

Ein Muffed Punkt führte direkt zum ersten Colts-Touchdown, Andy Reid puntete von der gegnerischen 49-Yard-Linie, die Chiefs kickten ein Field Goal von der gegnerischen 7-Yard-Line (Fourth-and-Goal), sie versuchten einen Field-Goal-Fake bei Fourth-and-11 an der gegnerischen 24-Yard-Line und sie verfehlten ein Field Goal bei Fourth-and-7 an der gegnerischen 16-Yard-Line. Außerdem ging beim ersten Touchdown der Extrapunkt daneben.

Kansas City mit Mahomes, mit einer aktuell sehr gut spielenden Defense hat signifikant mehr Spielraum als die meisten anderen Teams. Aber auch dieser Spielraum endet irgendwann, und Possessions sind gerade umso wichtiger, weil Kansas City eben nicht diesen dominanten Wide Receiver hat, über den die Offense notfalls garantiert in der Crunchtime laufen kann.

All das ging so weit, dass sich Mahomes und Offensive Coordinator Eric Bieniemy an der Seitenlinie auf dem Weg Richtung Halbzeitpause ein Wortgefecht lieferten, bis Andy Reid dazwischenging. Mahomes erklärte anschließend, dass er seinen Standpunkt klargemacht hatte, dass er aggressiv agieren und auf Touchdown-Chancen gehen will, um solche Spiele nicht eng werden zu lassen. Um es gar nicht zuzulassen, dass ein paar Special-Teams-Fehler die Partie entscheiden.

Und diese Denkweise ist nur allzu gut nachzuvollziehen. Aus Chiefs-Sicht bleibt zu hoffen, dass Mahomes diese Denkweise noch mehr bei seinem Trainerstab anbringt. Denn verschenkte Spiele wie dieses gegen die Colts können am Ende teuer werden.