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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 3 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 3 in der NFL.
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5. Der Rebuild der Lions: Der spannendste Teil rückt näher

Am Ende fehlte nicht viel, und ein bisschen ironisch war es schon, dass Lions-Coach Dan Campbell, der das ganze Spiel über den Fuß auf dem Gaspedal gehalten hatte, ganz am Ende der Partie gegen die Vikings der Mut verließ.

Bei eigener 24:21-Führung mit noch 1:14 Minuten auf der Uhr hätte Detroit an der gegnerischen 36-Yard-Line Fourth Down ausspielen können. Vier Yards fehlten zum First Down, welches das Spiel beendet hätte. Minnesota hatte keine Timeout mehr.

Campbell entschied sich für den 54-Yard-Field-Goal-Versuch, welcher sein Ziel verfehlte, und nachdem er bis dahin in diesem Spiel sechs (!) Fourth Downs ausgespielt hatte, vier davon erfolgreich, war diese Entscheidung der Wegbereiter für Minnesotas Comeback-Sieg.

Das war für den neutralen Beobachter zugegebenermaßen etwas antiklimaktisch, genau wie für all diejenigen, die nach zwei Spielen begeistert von der stürmischen, attackierenden, explosiven Art dieses Lions-Teams waren. Eine Art, die nicht selten in klarem Gegensatz zur Spielweise des eigenen Quarterbacks steht, die aber so gut zu diesem Neustart passt, zu dieser neuen Kultur, die Campbell in Detroit installieren will.

Lions-Rebuild: Eine klare Handschrift ist erkennbar

Die Lions sind für mich eines der spannendsten Teams in der NFL aktuell, weil ein echter Rebuild für mich nach wie vor eine der interessantesten Dynamiken in der NFL darstellt. Wie gehen Teams diesen an? Was priorisieren sie? Wie kreieren sie Ressourcen, und an welchem Punkt wird aus einem Verkäufer- ein Käufer-Team?

Und die kritischste Frage, die am Ende über allem steht: Wie wird die Quarterback-Frage beantwortet?

Zu dem Punkt kommen wir gleich noch mit den Lions, aber allein ein Blick auf den Kader nach der 2020er Saison zeigt, wie weitreichend der anschließende Umbruch bereits umgesetzt wurde. Die Receiver Kenny Golladay, Marvin Jones und Jamal Agnew ließ man gehen, Matt Stafford wurde getradet, Matt-Patricia-Defense-Spieler wie Jamie Collins, Jahlani Tavai, Duron Harmon oder Justin Coleman wurden aussortiert.

Und gleich der erste Draft des Brad-Holmes-Dan-Campbell-Regimes war ein klarer Fingerzeig darauf, wo die Reise hingehen soll: Die Trenches sollen gewonnen werden!

Offensive Tackle Penei Sewell in Runde 1, die Defensive Tackles Levi Onwuzurike und Alim McNeill in den Runden 2 und 3, und dann mit Amon-Ra St. Brown der Receiver in jenem Draft, der neben Ja'Marr Chase am meisten mit seiner physischen Spielweise auffiel. Im diesjährigen Draft kam mit Nummer-2-Overall-Pick Aidan Hutchinson dann der erhoffte Nummer-1-Edge-Rusher mit dazu.

Eine klare sportliche Philosophie ist also erkennbar, und die überträgt sich bereits in dieser Saison auf den Platz: Die Lions haben eine sehr gute Offensive Line und dahinter, trotz einiger früher Ausfälle in der Interior Line, das explosivste Run Game dieser Saison-Frühphase. Hier sieht man die ganze Kreativität der Lions, das ist die Kernidentität des Teams an diesem Punkt.

Der Rebuild der Lions: Bisher war der einfache Part

Sehr vieles von dem, was die Lions bisher gemacht haben, gefällt und macht Spaß. Nach unbefriedigendem Mittelmaß unter Jim Caldwell, gefolgt von Frust unter Matt Patricia, ist eine neue Aufbruchstimmung da. Dan Campbell ist ein sehr Medien- und Fan-Liebling, das Team spielt hart und war im ersten Jahr des Rebuilds besser als erwartet.

Mit den kalkulierten Free-Agency-Abgängen - inklusive entsprechender Compensatory Picks im diesjährigen Draft - sowie dem Trade von Matt Stafford wurde auch hinter den Part eines jeden Rebuilds, in dem es darum geht, möglichst viel Kapital zu sammeln, ein Haken gemacht.

Gleichzeitig gilt aber auch: Dieser erste Part des Rebuilds ist nicht schwierig.

Sicher, man braucht einen Head Coach, der die Fans genau wie das Team mitreißen kann, das rein sportlich gesehen einen der schwächsten Kader der Liga hat. Aber ansonsten? Gute Spieler abzugeben ist keine Kunst; die erste große Frage lautet: Was macht man mit den angesammelten Ressourcen?

Wie sieht die Quarterback-Lösung aus?

Die ersten Zeilen der Handschrift dieses Regimes - ein Fokus auf Physis und die Line of Scrimmage - haben wir jetzt ausführlich besprochen, aber so vielversprechend das auch im Moment alles wirkt: Man muss sich klar machen, dass das zwar ein gutes Grundgerüst ist, aber dass man, um in der NFL erfolgreich zu sein, zusätzlich zum Grundgerüst eine nette Veranda und ein ausgebautes Obergeschoss braucht.

Gemeint ist natürlich der Franchise-Quarterback, der Jared Goff erwiesenermaßen nicht ist, so gut er auch in die Verwalter-Rolle aktuell passt.

Noch wissen wir nicht, wie Detroit diese elementare Frage angehen wird; was aber Mut machen darf, ist die Tatsache, dass die Lions im Zuge des Stafford-Trades einen zweiten Erstrunden-Pick im kommenden Draft haben. Und ohne zu viel hier rein interpretieren zu wollen, könnte man daraus schon ablesen, dass die Lions die kommende Offseason - ob via Trade für einen Veteran oder potenziell einen Trade nach oben im Draft - als die Offseason ausgemacht haben, in welcher der Quarterback gefunden werden soll.

Es ist der natürliche Prozess eines jeden Umbruchs. Alles ist schön und gut, bis die Quarterback-Entscheidung gefällt wurde. Die Browns hatten nach ihrem drastischen Umbruch 2017 drei Erstrunden-Picks, inklusive Nummer-1-Overall - und entschieden sich für die "sichere" Variante mit Myles Garrett. Erst im Jahr danach wurde, erneut an 1, Baker Mayfield ausgewählt.

Mit dieser Quarterback-Entscheidung tickt die Uhr. Ob die Lions in diesem Jahr fünf, sechs oder acht Spiele gewinnen, ist am Ende des Tages zweitrangig. Wenn allerdings der Würfel auf der Quarterback-Position gefallen ist - und die kommende Offseason sollte der logische Spot dafür sein -, und eine weitere Offseason ins Roster Building investiert wurde, dann werden Ergebnisse verlangt. Und das zurecht.

Auch für Detroit wird diese Phase kommen, und ich bin sehr gespannt darauf, welche Art Quarterback Dan Campbell als seinen Wunschkandidaten auswählt.