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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 15 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 15 in der NFL.
© getty
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4. Meyer raus - diesen Coach sollten die Jags jetzt holen

Ich muss ehrlich sagen, ich kann mich an keine derart verheerende Head-Coach-Episode als die von Urban Meyer erinnern, nicht in den letzten zehn Jahren zumindest. Sicher, es gab Coaches, die beim Amtsantritt gefeiert sind und dann innerhalb weniger Monate auf dem Boden der Tatsachen ankamen - die Freddie-Kitchens-Episode in Cleveland würde mir mit Blick auf die jüngere Vergangenheit einfallen.

Aber dass ein Coach mit einem derartigen Resümee kommt, und nicht nur sportlich komplett versagt - ich verstehe bis heute den offensiven Trainerstab, den sich Meyer ausgesucht hat, überhaupt nicht und habe in den 14 Wochen nie eine Art offensive Identität bei den Jaguars ausmachen können -, sondern sich auch eine Vielzahl an kleineren und größeren Fehltritten abseits des Platzes leistet, jegliche Form von Verantwortung von sich weist und jeder Versuch, sich vor den Medien zu erklären, wirkt, wie der Schüler, der ohne Hausaufgaben erwischt wurde?

Urban Meyer ist der vierte Coach seit dem Merger 1970, welcher seine erste Saison als Head Coach nicht beenden durfte, ehe er den Job wieder los war. Lou Holtz und Pete McCulley schafften das Kunststück in den 70ern, genau wie Bobby Petrino in Atlanta 2007.

Jaguars: Verlorenes Jahr statt Franchise-Fundament

Es war ein komplettes Desaster, und selbst wenn die Jaguars der Meinung gewesen wären, dass Meyer sportlich mehr Zeit bekommen sollte, war er in der Öffentlichkeit nicht mehr tragbar. Und das spielt spätestens dann eine Rolle, wenn es darum geht, welche Coaches für die Franchise arbeiten und welche Free Agents nach Jacksonville kommen wollen.

Nicht nur, aber auch deshalb war es denke ich wichtig, dass die Jaguars dieses verheerende Kapitel jetzt beenden. Hier geht es dann auch um Dinge wie die Kultur sowie die Außendarstellung der Franchise. Das macht den Fehlgriff mit Urban Meyer für die Jaguars umso bitterer: Um diesen Kern junger Spieler und in erster Linie natürlich Trevor Lawrence sollte diese Saison eigentlich als ein erster Baustein fungieren, das Fundament gewissermaßen, auf dem man die nächsten Jahre dann weiterbaut.

Stattdessen wird 2021 als ein komplett verlorenes Jahr in den Annalen bleiben - und der Druck ist jetzt umso höher, einen Coach zu finden, der diese Franchise langfristig formen und in eine ganz andere Richtung schieben kann. Doch ist das nicht alles, ganz nebenbei muss der neue Coach - oder zumindest dessen Trainerstab - auch in der Lage sein, Trevor Lawrence nach einer enttäuschenden Rookie-Saison an die Hand zu nehmen, ihm beim Übergang in die NFL zu helfen und das enorme Potenzial, welches er hat, auch greifbar zu machen.

Das macht die Suche umso interessanter. Es ist ein verlockender Posten, mit Trevor Lawrence, mit der Aussicht, jetzt umso mehr Zeit zu bekommen nachdem Urban Meyer nach nicht einmal einer Saison gehen musste. Und junges Potenzial gibt es definitiv in dem Team, genau wie einmal mehr jede Menge Ressourcen für die Offseason.

Die Jaguars brauchen definitiv jemanden, der eine neue Kultur installiert - aber ganz nüchtern betrachtet kommt sowas mittel- und langfristig sowieso nur, wenn man gewinnt. Nicht dass das Gewinnen von Spielen automatisch auch die entsprechende Kultur in der Franchise mit sich bringt, aber ohne die entsprechenden Ergebnisse wird früher oder später die beste Kultur und der beste interne Umgang miteinander auseinanderfallen.

Welchen Coach sollten die Jaguars jetzt holen?

Welche Kandidaten kämen also in Frage? Das ist irgendwo immer ein Rätselraten. Für uns, die wir nur so selten einen echten Blick hinter die Kulissen bekommen, wie ein Assistenztrainer arbeitet und was ihn ausmacht - aber auch für die Teams selbst, da muss man sich ja nur die Anzahl an gescheiterten Verpflichtungen anschauen.

Ein Name, den ich jetzt schon seit einer Weile auf der Liste habe, weil er nach allem, was man hört, nicht nur ein guter Coach, sondern auch jemand ist, der andere führen kann, ohne in Arroganz zu verfallen und der zudem als jemand gilt, der wirklich eine neue Energie in eine Franchise bringen kann, ist Green Bays Offensive Coordinator Nathaniel Hackett.

Ich weiß, die Versuchung wird hier groß sein, einen erfahrenen NFL Head Coach zu holen, bei dem man sicherer ist, was man bekommt. Doug Pederson wäre hier eine Wahl, die ich keineswegs kritisieren würde. Falls Jacksonville einen solchen Coach für das "ruhige Fahrwasser" holen will, wären auch Namen wie Vance Joseph, Dennis Allen oder Todd Bowles.

Hackett war nicht nur bereits Teil von gravierenden Umbrüchen in Syracuse und in Buffalo, er käme sogar mit Stallgeruch: Der 41-Jährige war Blake Bortles' Quarterbacks-Coach 2015 und 2016, und anschließend Jacksonvilles Offensive Coordinator 2016 bis 2018. "Seine positive Einstellung und Energie sind anstecken", lobte Packers-Tackle David Bakhtiari.

Aaron Rodgers hat einmal über Hackett gesagt: "Niemand macht mich fröhlicher." Hacketts Meetings - in erster Linie die "Gold Zone Meetings" am Freitag - sind in Green Bay längst legendär, weil er seine Spieler nicht stumpf bearbeitet, sondern weil er versteht, wie er zu ihnen durchdringt - und wie man eine unterhaltsame und gleichzeitig produktive Atmosphäre schafft. Und wenn es sein muss, indem er sie mit zu seinen Tanzstunden nimmt und ihnen ungeahnte Fähigkeiten unter Beweis stellt.

Hackett als Leader fühlt sich wie der Anti-Urban an, ein Coach, der auf Augenhöhe anführt und dessen Autorität dadurch - sowie mit einer Portion Demut - kommt.

Ein nicht zu unterschätzendes Detail hierbei ist, dass mit der am vergangenen Mittwoch neu verabschiedeten Regelung Teams, die ihren Head Coach entlassen haben, bereits während der letzten beiden Wochen der Regular Season Interviews mit potenziellen Nachfolgern führen dürfen. Gut möglich also, dass weitere Teams mit einer Coach-Entlassung nicht bis zum Saisonende warten. Die Suche für die Jaguars beginnt in jedem Fall sehr bald sehr konkret.