NFL

Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 14 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 14 in der NFL.
© getty
Cookie-Einstellungen

2. Das Urban-Meyer-Debakel muss enden

Trevor Lawrence wirkt nicht wie die Art Spieler, der nach außen deutliche Worte wählt um aufzurütteln, oder der selbst wenn er unzufrieden oder sportlich gesehen frustriert ist, das medial spürbar kommuniziert.

Es war also ein Moment, der mich aufhorchen ließ, als Lawrence unter der Woche auf Running Back James Robinson angesprochen wurde. Robinson war im Spiel gegen Atlanta vor zwei Wochen infolge eines Fumbles für 16 Plays in Folge rausgenommen worden, gegen die Rams waren es nach einem weiteren Fumble gar 20 Plays in Folge.

"Ich sehe alle Teile in Bewegung, ich sehe das gesamte Bild", stellte Lawrence unter der Woche klar. "Unter dem Strich ist James einer unserer besten Spieler und er muss auf dem Feld sein. Wir haben das thematisiert und ich denke, wir sind da an einem guten Punkt. Ich weiß nicht, was alles in die Entscheidung geflossen ist, da mische ich mich nicht ein. Aber ich kenne meine Meinung und habe die auch zum Ausdruck gebracht: James ist einer unserer besten Spieler und er muss auf dem Feld stehen. Ich denke, da sind wir alle auf einer Wellenlänge, da gibt es keine Verwirrung."

Ich bin ganz ehrlich, wenn Lawrence kein Rookie wäre, wäre das der Moment, an dem ich sagen würde, dass der Head Coach das Team und sein Standing an den Quarterback verloren hat. Und vielleicht wäre das hier trotzdem angebracht.

Wir sprechen nicht allzu häufig über die Jaguars, aus dem einfachen Grund, dass sie sportlich ab Mitte der Saison oftmals nicht mehr allzu interessant sind. Das ist auch dieses Jahr so, was ernsthaft schade ist, wenn man bedenkt, was für ein Quarterback-Talent im vergangenen Draft nach Jacksonville gekommen ist.

Der Diskurs in der vergangenen Woche rund um Robinson sowie das Thema In-Game-Management und in erster Linie das Thema Verantwortung und Verantwortungsbewusstsein hat die Jaguars bei mir aber einmal mehr auf den Radar gespült. Sehr gut möglich, dass das hier das letzte Mal ist, dass ich bis Saisonende über die Jaguars schreibe - weil ich nicht denke, dass sich mein Standpunkt hier noch verändert.

Urban Meyer ist in seiner aktuellen Rolle überfordert, und Urban Meyer sollte kein zweites Jahr als Head Coach der Jacksonville Jaguars bekommen.

Urban Meyer und Mike Tomlin - ein drastischer Vergleich

Es geht hier gar nicht darum, dass Robinson kurzzeitig aufgrund eines Fumbles gebenched wurde. Das haben wir auch bei anderen Teams bereits gesehen, auch wenn ich aus Jaguars-Sicht einen jungen, talentierten Spieler hier eher direkt wieder reinwerfen würde, damit er den Fehler abhaken und der Offense schnellstmöglich wieder helfen kann.

Es geht darum, dass einerseits eine bemerkenswerte Inkonstanz dabei festzustellen ist - Backup Carlos Hyde nämlich fumbelte ebenfalls im Spiel gegen die Rams, er war beim nächsten Drive zurück auf dem Feld. Und vor allem geht es darum, dass Meyer offensichtlich keinerlei Interesse hat, solche Entscheidungen zu treffen und sein Team anzuführen.

Auf die Frage, warum Robinson gebenched und dann so lange rausgehalten wurde, antwortete Meyer: "Da müssen Sie Bev (Offensive Coordinator Darrell Bevell, d.Red.) und Bernie (Running Backs Coach Bernie Parmalee, d.Red.) fragen. Ich micromanage das nicht."

Zum Vergleich: das war die Aussage von Steelers-Coach Mike Tomlin nach dem Spiel gegen Minnesota, als Receiver Chase Claypool früh im Spiel eine komplett unnötige Personal-Foul-Strafe kassiert hatte. Claypool war anschließend für mehrere Plays nicht auf dem Feld, Tomlin wurde gefragt, ob er den Receiver gebenched hatte: "Ja, das habe ich." - "Wegen der Strafe?" - "Ja."

Steelers-Quarterback Ben Roethlisberger wurde ebenfalls auf Claypools Aussetzer in dem Spiel angesprochen - sein Kommentar? "Das ist nicht wirklich mein Job. Das ist Coach Tomlins Aufgabe. Das ist sein Job als Head Coach."

Exakt.

Jaguars: Deja-Vu mit James Robinson

Als ob das nicht reichen würde, war Jacksonville in dieser Saison bereits in genau der gleichen Situation - und auch da hatte Meyer keine Antwort!

Anfang Oktober im Spiel gegen die Titans hatten die Jags vier Plays in Folge kurz vor der gegnerischen Endzone. Robinson blieb dabei auf der Bank, Jacksonville kam nicht in die Endzone. Als Meyer anschließend darauf angesprochen wurde, sagte er: "Ich micromanage nicht, wer im Spiel ist. Ich hätte es hier machen sollen."

Was?!

In der NFL geht es nicht darum, bestmöglich Spieler zu rekrutieren und dann einen qualitativ in den meisten Spielen klar überlegenen Kader zu managen. Seinen besten Running Back zu benchen sollte absolut die Entscheidung des Head Coaches sein, und wenn er sie schon nicht selbst trifft, sollte er zumindest mit Überzeugung dahinterstehen. Und nicht darauf verweisen, dass das nicht sein Verantwortungsbereich ist.

Irgendwo überrascht es da fast auch gar nicht, dass Tom Pelisserro vom NFL Network am Samstag berichtet hat, dass es zwischen Meyer und Spielern sowie auch Assistenten mehrfach gekracht hat. Nicht zuletzt eben auch deshalb, weil Meyer nach außen hin die Verantwortung von sich weg schiebt.

Intern soll es nicht besser sein, Pelisseros Quellen zufolge hat Meyer seine Assistenten hinter verschlossenen Türen aufgefordert, aufzuzeigen, wo sie eigentlich Erfolg hatten - er selbst sei ja schließlich ein "Gewinner". Meyer bestätigte gegenüber Jay Glazer anschließend, dass er mit seinen Coaches nicht zimperlich umgeht, was im Kontext der Situation zumindest teilweise wie ein Eingeständnis klingt. Falls dem so ist - wie soll irgendwer innerhalb dieser Organisation einem solchen Head Coach folgen? Das ist kein Führungsstil, das ist ein verzweifelter Versuch, sich selbst und dem Team einzureden, dass er sich diesen Job verdient hat.

All diese Dinge unterstreichen, dass Meyer in der NFL überfordert ist. Die Jaguars sind an einem Punkt angekommen, an dem sie die Aussicht haben, um ein großartiges Quarterback-Talent herum eine neue Ära einzuleiten. Alles was Meyer und sein Trainerstab mir bisher dieses Jahr gezeigt haben, legt nahe, dass sie nicht die richtige Besetzung dafür sind.

Wo genau liegt Meyers Kompetenz für dieses Team?

Folgender Austausch, das vielleicht als abschließende Beobachtung, fand während der Jaguars-Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch statt.

Auf die Nachfrage eines Reporters, warum Meyer nicht mehr die Detailaufgaben übernehmen und micromanagen würde, gab Meyer ziemlich eindeutig zu verstehen, dass es die Version des Head Coaches Urban Meyer, welche College-Titel gewonnen und sich die entsprechende Reputation aufgebaut hat, welche maßgeblich dafür verantwortlich war, dass er den Jaguars-Job bekommen hat, eigentlich gar nicht mehr gibt.

"Ich habe mich selbst evaluiert, als meine Karriere voranschritt", antwortete Meyer auf die Frage des Reporters. "Ich war nicht so produktiv in den Dingen, in denen ich produktiv sein muss, wenn ich mir darüber Gedanken mache, mit welchem Fuß der 3-Tech sich nach vorne bewegen soll. Ich habe mich selbst neu evaluiert. In der zweiten Hälfte meiner Zeit bei Ohio State habe ich alles gemacht. Denn es ist auch schwierig, in der Nacht zu schlafen, wenn man das nicht macht. Aber du hast auch deine Coaches, und das ist ihre Verantwortung, nicht meine."

Im Umkehrschluss wirft Meyers Antwort natürlich die Frage auf: Was für einen Head Coach genau haben die Jaguars denn bekommen? Wo liegt Meyers Kompetenz, wo drückt er dem Team einen Stempel auf, wo entwickelt er die Spieler oder das Team weiter? Oder anders gefragt: Was genau macht Meyer in der täglichen Arbeit, um die Franchise voran zu bringen? Denn auch die Außendarstellung - und damit meine ich nicht einmal nur den verheerenden Vorfall nach dem Bengals-Spiel - ist nicht sein Spezialgebiet.

Ob er es bereue, dass er sich nicht mehr involviert sei, lautete die nächste Nachfrage. "Ich bereue viele Dinge, aber jetzt ist nicht die Zeit dafür", antwortete Meyer. "Jetzt geht es darum, die nächsten fünf Spiele bestmöglich zu bestreiten und dann alles neu zu evaluieren."

Aus Jaguars-Sicht kann man nur hoffen, dass diese Selbstevaluierung mit maximaler Ehrlichkeit ausfällt. Was Meyers Verhalten innerhalb des Teams genau wie sein Auftreten nach außen hin angeht. Was die Entwicklung - oder eher Nicht-Entwicklung - von Lawrence angeht.

Wenn dem so sein sollte, kann ich mir nicht vorstellen, dass Teambesitzer Shad Khan Urban Meyer noch für ein weiteres Jahr vertraut. Und ich denke auch nicht, dass er das sollte.