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NBA: Mavs-Experte Tim MacMahon im Interview: "Für Doncic waren Medientermine wie Mathe-Hausaufgaben"

Spiel 5 bei den OKC Thunder war 2016 das letzte Playoff-Spiel in der Karriere von Dirk Nowitzki.
© getty
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Stichwort Disziplin: Ist er grundsätzlich empfänglich für Coaching?

MacMahon: Zwischen ihm und Rick Carlisle gab es viele Probleme, da würde ich aber nicht den Löwenanteil auf Luka schieben. Er hat mehrere Coaches, mit denen er sich sehr gut versteht. Igor Kokoskov etwa, der ihn für Slowenien coachte und nun bei den Mavs ein Assistant Coach ist. Oder Jamahl Mosley, der mittlerweile die Magic betreut. Und auch mit Jason Kidd hat es sich gut entwickelt. Kidd hat Luka herausgefordert, und er hat das angenommen. Vor allem defensiv. Er wird nie ein dominanter Verteidiger sein, aber sein Engagement hat sich positiv entwickelt, nachdem es zu Saisonbeginn ein echtes Problem war.

Was ist zwischen ihm und Carlisle falsch gelaufen?

MacMahon: Ich glaube, dass Carlisle früh einige Fehler gemacht hat und dass er und Luka sehr unterschiedliche Persönlichkeiten haben. Und wenn Luka das Vertrauen in jemanden verliert, dann ist es sehr schwer, es zurückzugewinnen.

Wo ordnen Sie die Mavericks nach dieser Offseason ein? Es wurden überraschend die Conference Finals erreicht, zählt das Team für Sie zum Contender-Kreis?

MacMahon: Ich denke eigentlich, dass ihnen dafür noch eine echte Nummer zwei fehlt. Aber gleichzeitig ... wenn Luka fit zum Team kommt, und dabei sollte die EuroBasket ja helfen, dann würde ich die Mavs als Sleeper nicht abschreiben. Man hat es ja auch letzte Saison gesehen: Luka war zu Beginn außer Form, da war Dallas als Team nicht besonders gut. Im Kalenderjahr 2022 waren die Mavs eins der besten Teams der Liga.

Dabei spielte auch der defensive Turnaround eine große Rolle. Denken Sie, dass die Defense auch mit dem neuen Kader so haltbar sein wird? Gerade bei Christian Wood scheiden sich ja die Geister.

MacMahon: Für die Defensive ist die Verpflichtung von JaVale McGee wichtiger. Er soll als Center starten, er wird nicht die ganze Zeit mit Wood zusammen spielen, aber schon eine Zeit lang. McGee soll dieser Ringbeschützer sein und den Rim-Runner geben. Was Wood angeht, sind Fragen berechtigt. Er hat bisher in der NBA gezeigt, dass er Zahlen auflegen kann. Aber er war noch nie Teil eines guten Teams.

Nicht gekommen ist erneut Goran Dragic, auch wenn zum zweiten Mal alle Welt damit rechnete, dass die Mavs ihn Doncic an die Seite stellen würden. Hätte Dallas hier nicht eigentlich noch Bedarf gehabt?

MacMahon: Es gab schon Gespräche. Laut Dragic hat das Team ihm einen Kaderplatz angeboten, aber keinen festen Platz in der Rotation. Es hätte also sein können, dass er nur alle vier oder fünf Spiele gespielt hätte. Er war aber nicht bereit, ein Maskottchen zu sein. Ich verstehe das Ganze nicht zu 100 Prozent, da meiner Meinung nach schon Bedarf für einen dritten Ballhandler da ist. Die Mavs denken, dass sie Brunsons Punkte durch Wood und Tim Hardaway ersetzen können. Für mich sind nur zwei Ballhandler trotzdem zu wenig, zumal niemand 82 Spiele absolviert. Aber sie haben mich nicht nach meiner Meinung gefragt. (lacht)

Sie haben vom zweiten Star gesprochen. Glauben Sie, dass die Mavs schon wissen, wer das sein soll?

MacMahon: Sie hätten gern Giannis ... nein, die Mavs müssen opportunistisch sein, wann immer sich eine Gelegenheit ergibt. Das kann via Free Agency passieren im Sommer 2024, oder vorher via Trade, das ist wohl auch wahrscheinlicher. Ich denke, sie werden versuchen, bald zu handeln. Nicht nur, weil sie Luka zufriedenstellen müssen, sondern weil jede Saison mit so einem Spieler kostbar ist. Wenn Sie sich an die Situation von Antetokounmpo erinnern: Da gab es viele Gerüchte, bevor er seinen Supermax-Vertrag unterschrieben hat, auch Dallas war sehr an ihm interessiert. Er ist dann in Milwaukee geblieben, aber direkt davor hatten die Bucks auch all ihre Chips eingesetzt, als sie für Jrue Holiday getradet haben. Die Mavs müssen ihre Version des Holiday-Trades finden.

Was für ein Spielertyp könnte am besten zu den Mavs passen?

MacMahon: So spezifisch lässt sich das gar nicht sagen. Manche Spieler sind vielleicht gar nicht so sehr daran interessiert, neben Doncic zu spielen, weil er so balldominant spielt. Das müsste man individuell prüfen. Vielleicht würde ein Spieler, der etwas kreieren kann, aber vor allem ein Finisher ist, mehr Sinn ergeben. Es kann aber auch in eine andere Richtung gehen - für eine Zeit lang dachte ich, dass Rudy Gobert in Dallas landen könnte. Der Preis war aber zu hoch, so viel wie Minnesota hätten sie auch gar nicht bieten können. Ich hätte diesen Fit jedoch sehr interessant gefunden. Gobert ist ein limitierter Offensivspieler, aber das, was er am besten kann, passt sehr gut zu Luka. Ganz zu schweigen natürlich von der Defensive.

Nachdem nun einige Spieler für den Frontcourt geholt wurden, wie verändert sich die Rolle von Maxi Kleber?

MacMahon: Die Wertschätzung für ihn ist sehr hoch. Er geht in sein letztes Vertragsjahr, deswegen kann man nie ausschließen, dass er Teil eines Trades sein wird, aber die Mavs lieben Maxi und sie sehen, dass er als Rollenspieler sehr gut zu Doncic passt. Er kann den Dreier treffen, er ist defensiv nicht nur sehr gut, sondern auch sehr vielseitig, kann auf dem Flügel verteidigen und ist ein exzellenter Helper. Die Mavs wollen nur sehr vorsichtig sein, was seine Minuten angeht. Deswegen ist er jetzt ja leider auch nicht hier in Köln. Er hatte vergangenes Jahr Probleme mit der Achillessehne, er hatte schon eine Verletzungshistorie, bevor er in die NBA kam. Sie werden alles dafür tun, dass er frisch bleibt für einen hoffentlich tiefen Playoff-Run. Ich wäre auch nicht überrascht, wenn Maxi nochmal einen Vertrag bei den Mavericks unterschreibt.

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