FC Bayern - Flick vs. Brazzo, van Gaals "Kraftakt" gegen Hoeneß, Ancelottis Gesichtsverlust: Die FCB-Tradition der Trainer-Bosse-Konflikte

Von Dennis Melzer
FC Bayern, Hasan Salihamidzic, Uli Hoeneß, Hansi Flick, Pep Guardiola
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2017: Ancelottis Gesichtsverlust

Auf Guardiola folgte mit Carlo Ancelotti ein neuer namhafter Trainer, der seine Klasse auf internationaler Bühne bereits nachhaltig unter Beweis gestellt hatte. Mit den Gepflogenheiten FC Bayern wurde der gemütliche Italiener allerdings nie wirklich warm.

Knapp ein Jahr nach Amtsantritt traten erste Risse im Mannschaftsgefüge zutage, weil es Ancelotti nicht gelang, seine Stars für sich zu gewinnen. Fanliebling Franck Ribery feuerte nach einer Auswechslung sein Trikot wütend in Richtung Trainerbank, Arjen Robben soll wochenlang mit dem Trainings- und Spielniveau gehadert haben. Selbst die Grünwalder D-Jugend, in der sein Sohn kickte, absolvierte Robben zufolge härtere Trainingseinheiten als die Profis des Rekordmeisters.

Immer wieder gerieten Ancelottis Trainingseinheiten in den Fokus, von lascher Führung und Intensität war die Rede. Fitnesscoach Giovanni Mauri rauchte sogar auf dem Platz, während die Spieler seine Übungen umsetzten. Hasan Salihamidzic schob der Qualmerei kurz nach seiner Einstellung einen Riegel vor, Verbot das Rauchen auf dem Trainingsgelände für Mauri und auch Chefcoach Ancelotti, selbst ein großer Genussraucher. "Das Verbot ist gut für meine Gesundheit. Meine Frau freut sich", sagte Ancelotti, gepasst haben dürfte ihm die Restriktion allerdings nicht.

Sogar der sonst recht ruhige Robert Lewandowski übte im November, als Ancelotti längst vor die Tür gesetzt worden war, nachträglich Kritik an der Trainingsintensität des Trainer-Routiniers, machte den fehlenden Zug für die zahlreichen Muskelverletzungen seiner Kollegen verantwortlich. "Wenn viele Muskelverletzungen passieren, muss man nicht die letzten Wochen des Trainings beobachten, sondern zwei, drei Monate zurückgehen", sagte der Pole im Gespräch mit der Sport Bild und schob nach: "Es ist wahrscheinlicher, dass dort der Grund liegt."

Das subtile Nachkeilen des Torjägers offenbarte, wie es um das Verhältnis zwischen Ancelotti und Mannschaft bestellt war. Vor dem Champions-League-Spiel bei PSG riss Ancelotti der Geduldsfaden: Er setzte Franck Ribery, Arjen Robben, Mats Hummels und Kingsley Coman auf die Bank, Jerome Boateng gar auf die Tribüne und ließ eine seltsame zentrumsfokussierte Taktik spielen (Thomas Müller damals: "Der Trainer wird sich was dabei gedacht haben") und ging 0:3 unter. Ancelotti musste gehen, machte dies aber in erster Linie am fehlenden Rückhalt der Klubführung fest.

"Ich habe eine Art zu arbeiten, die ich nicht ändere", sagte er nach seinem Weggang aus München im Interview mit Domenica Sportiva. Er ergänzte: "Welche Entscheidung man auch trifft: wenn der Verein dich nicht schützt, bist du tot."

Carlo Ancelotti
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Bezüglich seiner angeblich unzureichenden Trainingsintensität erklärte er: "Bevor die Spieler eineinhalb Stunden auf dem sind und langsam laufen, habe ich sie lieber eine Stunde auf dem Platz mit Fokus auf kurze Sprints, Arbeit mit dem Ball und Spielsituationen. Im Fußball geht es nicht darum, langsam zu laufen."

Vor allem das Untergraben seiner Autoritäten seitens Hoeneß und Rummenigge prangerte Ancelotti an: "Wenn man einen Spieler aussortiert, dieser zur Vereinsführung geht und von ihr gestärkt wird, dann verliert man sein Gesicht vor den anderen Spielern. Davon erholt man sich nicht", beklagte er. "Laut den Medien wurde ich bei den Bayern gefeuert, weil ich fünf große Spieler gegen mich hatte."

Boss Hoeneß bestätigte die Spielerrevolte via FFH: "Du kannst als Trainer nicht deine prominentesten Spieler als Gegner haben. Ich habe in meinem Leben einen Spruch kennengelernt: Der Feind in deinem Bett ist der gefährlichste. Deswegen mussten wir handeln."