FC Bayern - Flick vs. Brazzo, van Gaals "Kraftakt" gegen Hoeneß, Ancelottis Gesichtsverlust: Die FCB-Tradition der Trainer-Bosse-Konflikte

Von Dennis Melzer
FC Bayern, Hasan Salihamidzic, Uli Hoeneß, Hansi Flick, Pep Guardiola
© getty
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2019: Kovacs 200 km/h-Problem

Prominente Spieler brachte auch Niko Kovac gegen sich auf. Unvergessen ist beispielsweise die Müller-Notnagel-Aussage des Kroaten, der von Anfang an nicht die absolute Wunschlösung der Bayern-Bosse war.

Rummenigge hätte gerne Thomas Tuchel als Trainer geholt, Uli Hoeneß hatte Jupp Heynckes' Sehnsucht nach dem Ruhestand völlig unterschätzt. Als Heynckes seine unumstößliche Entscheidung ein allerletztes Mal deutlich gemacht hatte, war Tuchel nicht mehr zu haben - und Kovac wurde als B-Lösung präsentiert.

Eine Ehe, die schon von Beginn an zum Scheitern verurteilt war? Vielleicht. Vor allem die gegensätzlichen Vorstellungen, welche Spieler zum FC Bayern passen könnten, sorgten nach Kovacs Übernahme immer wieder für Querelen. Der ehemalige Frankfurter hätte gerne seinen Ex-Schützling Ante Rebic mitgebracht, auch Hoffenheims Kevin Vogt soll von Kovac als möglicher Neuzugang präsentiert worden sein.

Die Bayern-Verantwortlichen hatten allerdings andere Pläne. Leon Goretzkas Transfer war schon im Winter 2018 fixiert worden, Serge Gnabrys erfolgreiche Leihe bei Hoffenheim endete, Renato Sanches kehrte, ebenfalls nach einer Leihe, aus Swansea zurück. In der Winterpause 2018/19 schnappte Salihamidzic sich zudem das unbekannte Juwel Alphonso Davies.

Im darauffolgenden Sommer, nachdem Kovac das Double geholt, aber auch deutlich den Einzug ins Champions-League-Viertelfinale verpasst hatte, wagte er einen neuen Anlauf bei den Bossen, nannte laut Sport Bild unter anderem Denis Zakaria und Florian Neuhaus als Kandidaten.

Auch diesmal erhörten Salihamidzic, Rummenigge und Hoeneß die Wünsche des Ex-Bayern-Profis nicht, Lucas Hernandez wurde als Rekordeinkauf von Atletico Madrid vorgestellt, Benjamin Pavard kam aus Stuttgart und Philippe Coutinho sollte den von dannen gezogenen James Rodriguez als Freigeist-Zehner beerben. Eine Entscheidung über Kovacs Kopf hinweg, war der doch schon mit dem Kolumbianer, der zwischenzeitlich mit "wir sind hier nicht in Frankfurt" für Aufsehen gesorgt hatte, überhaupt nicht klargekommen.

Niko Kovac, Hansi Flick
© imago images / Sven Simon

Mit Ausnahme von Pavard wusste Kovac nicht viel mit seinen Neuen anzufangen, Hernandez durfte anfangs zwar spielen, verletzte sich aber schon im Oktober schwer, Coutinho kam - ähnlich wie vor ihm James - kaum zum Zuge, weil Kovac keine Verwendung für einen Kreativling hatte. Zudem verscherzte der gebürtige Berliner es mit einigen gestandenen Akteuren wie bereits angesprochenem Müller oder Jerome Boateng.

Besonders aussagekräftige Kritik an der Kaderzusammenstellung übte Kovac schließlich im Oktober 2019. Als er zum Gegenpressing-Powerfußball von Liverpools Trainer Jürgen Klopp gefragt wurde, antwortete er: "Man muss auch die Spielertypen haben. Man kann nicht versuchen, 200 km/h auf der Autobahn zu fahren, wenn sie nur 100 schaffen. Man muss das anpassen, was man hat." Man müsse einen guten Mix finden.

Als er versuchte, das Ganze noch glattzubügeln, hatte Kovac sich bereits um Kopf und Kragen gerettet. Bezüglich der Zeit, die seinem Kollegen Klopp in Liverpool für die Verwirklichung seines Projektes gegeben wurde, sagte er: "Worüber reden wir? Kontinuität! Es geht darum, jedem Trainer die Möglichkeit zu geben, sich zu zeigen. Man muss den Menschen Zeit geben."

Kovac bekam nicht mehr viel Zeit. Nur wenige Tage später, nach einem desolaten Auftritt seiner Mannschaft bei Eintracht Frankfurt, war seine Zeit beim FC Bayern vorbei. Hoeneß sprach im Nachgang davon, Kovac "von einem ungeheuren Druck" befreit zu haben.