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NFL Third and Long Week 6 - der Mailbag zum Spieltag: Wunsch-Trades vor der Deadline - und der Receiver-Hype!

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen zum vergangenen NFL-Spieltag
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Was machen die Browns mit Mayfield - und die Washington-Lehre

ChristophSebald und hainge: Causa Mayfield: Wie würdest Du als GM mit Mayfield und der QB-Situation in Cleveland verfahren? Der Eindruck verfestigt sich, dass er kein Top-10-QB wird. Aber die Browns haben vermutlich zu gute Umstände um in den kommenden Jahren einen der Top-Quarterbacks zu picken. Also wie verfahren?

Ein - für den neutralen Beobachter - sehr spannendes Dilemma. Die Browns haben viel in Mayfield investiert und phasenweise hat er die Ansätze eines Franchise-Quarterbacks gezeigt. Wir wissen, dass das Talent, wenn auch inkonstant, da ist.

Aber Mayfields Entwicklung zeichnet eben von der grundlegenden Richtung her ein anderes Bild: Er ist noch immer zu ungeduldig in der Pocket, er hat noch immer Probleme damit, das Feld konstant zu lesen. Die Umstände in Cleveland lassen ihn signifikant besser aussehen als letztes Jahr, doch Mayfield für sich betrachtet spielt keineswegs bedeutend besser.

Was ist also das wahrscheinlichste Szenario? Zunächst einmal ist es gut, dass die Browns Mayfields Entwicklung über die nächsten Monate noch weiter beobachten können und wer weiß - womöglich macht er doch irgendwann den großen Fortschritt in Stefanskis Offense. Aber rein von der Prognose ist es deutlich wahrscheinlicher, dass die Browns bald folgende Frage für sich beantworten müssen: Wären sie gewillt, für mehrere Jahre den Weg zu beschreiten, den die Bengals über Jahre mit Andy Dalton gegangen sind? Oder will Stefanski dann lieber seinen eigenen Quarterback auswählen und entwickeln?

Ersteres ist dabei keineswegs abwertend gemeint. Dalton und die Bengals hatten einige sehr gute Jahre, zumindest was die Regular Season angeht. Insbesondere 2015 war die Offense eine der ligaweit besten Units - bis Dalton verletzt ausfiel. Doch die Offense war eben dann gut, wenn Dalton mit die besten Umstände um sich herum hatte. 2015 fingen ein dominanter A.J. Green, Marvin Jones, Mohamed Sanu und Tyler Eifert seine Pässe, während er hinter einer - den Right Tackle mal ausgenommen - exzellenten Offensive Line viel Zeit bekam.

Die Browns sind aktuell nahe dran an vergleichbaren Umständen. Doch wie lange kann man die aufrecht erhalten? Und überhaupt: Sollte das die Formel sein? Oder ist es zu riskant, ein Upgrade für einen durchschnittlichen Quarterback zu suchen, auf die Gefahr hin, dass man die guten Umstände komplett verschwendet, weil man sich auf der wichtigsten Position im Umbruch befindet?

Noch muss Cleveland diese Frage nicht final beantworten. Doch falls sich Mayfields Entwicklung so fortsetzt, sollten die Browns zumindest mal die Day-2-Quarterback-Prospects für den kommenden Draft genauer unter die Lupe nehmen. Die 2018er Draft-Klasse, aus der auch Mayfield kommt, ist die erste Klasse, für die die 5th-Year-Option nicht nur für den Verletzungsfall komplett garantiert ist - sie ist generell vollständig garantiert. Das wird so manche Entscheidung in dieser Hinsicht signifikant verändern.

Football_andtheotherfootball: Warum ist Washington nicht für Tua mit dem Nummer-2-Pick im Draft gegangen, wenn Haskins keine wirkliche Chance bekommt?

Ich erinnere mich noch sehr lebhaft an die Debatten damals, und der Tenor war meist ja recht eindeutig: Washington wäre verrückt, Haskins nach einem Jahr aufzugeben. Und grundsätzlich kann ich diese Position sehr gut verstehen, entscheidend ist die Frage, was der Standpunkt von Ron Rivera und dem neuen Trainerstab bei Haskins im Frühjahr war. Dazu gleich noch einige Gedanken.

Aber generell wirft es eine interessante allgemeine Frage auf: Der Quarterback ist mit Abstand die wichtigste Position auf dem Feld, da dürfte kaum jemand widersprechen - und abgesehen von sehr wenigen Ausnahmen sind Teams nur relativ selten im Draft in der Position, eines der Top-Quarterback-Prospects zu bekommen. Arizona hat hier eine Art Barriere durchbrochen: Die Cardinals waren sich sicher, dass Murray das größere Talent ist, und gaben Top-10-Pick Josh Rosen nach nur einem Jahr auf.

Rückblickend die eindeutig richtige Wahl, natürlich hätte es aber auch schiefgehen können. Doch interessanter ist ja die Frage nach dem Prozess dahinter: sollten Teams nicht generell noch mehr gewillt sein, einen Quarterback auch nach einem Jahr schon aufzugeben, beziehungsweise zumindest ernsthafte Konkurrenz zu holen, sofern man die Möglichkeit dazu hat? Die Situation in Washington mit dem Wissen aus dieser Saison kombiniert mit dem Pre-Draft-Eindruck von Haskins gegen den Pre-Draft-Eindruck von Tua könnte andere Teams vielleicht dazu verleiten, früher auch (oder gerade?) auf der Quarterback-Position die Reißleine zu ziehen.

Nun kann es natürlich schlicht sein, dass Washington keinen der Quarterbacks im diesjährigen Draft mochte. Vielleicht hat ihnen nur Joe Burrow gefallen, auf den sie keine Chance hatten. Das darf man nicht vergessen, aber für wahrscheinlicher halte ich ein anderes Szenario: Eben, dass man die Möglichkeit sah, mit Chase Young als "sicherstem" Prospect dieser Draft-Klasse den Neustart unter neuem Regime mit möglichst wenig Kontroverse zu beginnen. Und Young ist ja auch ein toller Spieler, da gibt es keine zwei Meinungen.

Es ist eher die übergreifende Perspektive, die hier Fragen aufwirft. Hat Rivera Kyle Allen geholt, weil er bereits anhand seiner Evaluierung vor dem Draft und in der vergangenen Saison wusste, dass Haskins nicht seine langfristige Lösung ist? Hat er nur die erste Gelegenheit abgewartet, um Haskins abzusägen? Hatte Haskins in diesem Setup überhaupt eine faire Chance, wenn er nach vier Spielen in einer neuen Offense degradiert wird - oder hat er sich hinter den Kulissen über die vergangenen Wochen so desolat präsentiert, dass er sich selbst ins Aus geschossen hat?

Aus Washingtons Sicht muss man fast hoffen, dass Letzteres der Fall ist. Denn Ersteres würde darauf schließen lassen, dass Rivera mit einer stark vorgefertigten Meinung in der Hauptstadt begonnen hat und sich zudem sehr stark in die Offense einmischt. Was sein gutes Recht als Head Coach ist, für die Entwicklung dieses Teams aber wäre das vermutlich nicht der ideale Weg.

Hottte: Ravens, Saints, Eagles - der Trend geht zu 2-QB-Sets. Natürlich spielen sie selten eine Rolle, aber welche Teams könnten den Trend noch mitgehen?

Ein Thema, bei dem ich weiterhin zwiegespalten bin. Vielleicht ergibt es am ehesten Sinn, zuerst direkt auf die Frage einzugehen: Für Teams, die keinen Top-Quarterback haben, kann das eine Option sein. Anders gesagt: Wenn Drew Brees letztes Jahr in Topform war und dann plötzlich Taysom Hill auf dem Feld steht, hatte ich immer eher das Gefühl, dass das ein Sieg für die Defense und nicht eine zusätzliche Option für die Offense ist.

Denn ja, eine Defense muss sich dann auf diese weitere Möglichkeit einstellen - aber die Offense muss diese Spielzüge ebenfalls einstudieren und dafür Trainingszeit opfern. Insofern sehe ich unter dem Strich den Gewinn für die Offense deutlich geringer, als die einzelnen Highlight-Plays vermuten lassen würden. Zumindest wenn man einen Top-10-Quarterback aufbietet.

Dass es eine Starhilfe für die Offense mit einem nach wie vor wackligen Quarterback sein kann, wie jetzt am Sonntag bei den Eagles, wäre für mich das stärkste Gegenargument. "Starthilfe" kann in dem Fall heißen, dass eine Offense generell auf keinen grünen Zweig kommt, so wie es bei Philadelphia gegen Baltimore bis zum 20-Yard-Run von Jalen Hurts der Fall war. Es kann aber auch etwa heißen, dass man gegen eine exzellente Bend-but-don't-Break-Defense spielt und Richtung Red Zone alternative Möglichkeiten braucht, um im komprimierten Raum den Ball weiter zu bewegen.

Aber reicht das, um daraus einen Trend zu machen oder generell eine Idee, die Teams verfolgen sollten? Anders gefragt: Ist das die Ressourcen wert, die es kostet, einen passenden Quarterback dafür zu finden und dann die entsprechenden Plays auch einzustudieren? Da bleibe ich sehr skeptisch.