Uli Hoeneß torpediert nicht nur den sportlichen Erfolg: Kommentar zum FC Bayern München

Uli Hoeneß, FC Bayern, Manuel Neuer, Marc-Andre ter Stegen
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Uli Hoeneß hat mit seinen überflüssigen Aussagen nicht nur Trainer Thomas Tuchel und der Mannschaft geschadet. Der einstige Macher ist mit derartigen Querschüssen längst zu einem Problem für den FC Bayern München geworden. Ein Kommentar.

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Den "krachmachenden Nachbar um drei Uhr nachts" konnte Thomas Tuchel bei seiner Pressekonferenz am Freitagmittag noch lächelnd abmoderieren. So nannte er eine Frage nach Ralf Rangnick, der bei der zunehmend verzweifelten Trainersuche des FC Bayern aktuell als Favorit auf seine eigene Nachfolge gilt. "Da nehme ich mir die Freiheit, meine Kopfhörer auf noise cancelling zu stellen und das zu ignorieren", sagte der Noch-Trainer. Die volle Konzentration gelte dem anstehenden Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid sowie der Generalprobe gegen Eintracht Frankfurt. Nur keine Störgeräusche.

Wenige Stunden später gab es aber nicht mehr nur Krach vom metaphorischen Nachbarn. Wenige Stunden später schoss Uli Hoeneß eine verbale Rakete in Tuchels Schlafzimmer - da halfen nicht mal Kopfhörer mit noise cancelling. Zusammengefasst unterstellte ihm Hoeneß beim FAZ-Kongress in Frankfurt, kein Interesse an der Entwicklung junger Spieler zu haben und stattdessen nur teure Transfers zu fordern.

Obwohl sich Tuchel in dieser heiklen Saisonphase so sehr nach Ruhe sehnt, blieb ihm nichts anderes übrig, als diese Aussagen verbal zu kontern. Verständlicherweise sah er sich in seiner "Trainer-Ehre verletzt", wie er bei seiner Verteidigungsrede am Samstag vor dem völlig in den Hintergrund geratenen Bundesligaspiel gegen Frankfurt bei Sky betonte. Von Julian Weigl über Ousmane Dembélé bis Christopher Nkunku und Moussa Diaby: Tuchel förderte bei all seinen Stationen zahlreiche spätere Topspieler.

Er war es auch, der in seiner kurzen Zeit in München ausgerechnet den von Hoeneß als Beispiel angeführten Aleksandar Pavlovic an die Bundesliga und sogar Nationalmannschaft heranführte. Wobei sich zumindest darüber diskutieren ließe, wie sich Pavlovic entwickelt hätte, wenn Tuchel vergangenen Sommer die von ihm gewünschte - und mit Blick auf die Kaderplanung auch weiterhin benötigte - hochkarätige Holding Six bekommen hätte. Der problematischste Aspekt an Hoeneß' Auftritt war aber ohnehin der Zeitpunkt.

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FC Bayern: Hoeneß torpediert auch die Trainersuche

Es erscheint völlig schleierhaft, warum Hoeneß ausgerechnet wenige Tage vor den Halbfinals der Champions League gegen Real mit derart polarisierenden Aussagen noch mehr Unruhe in einen durch die Trainersuche - die er übrigens auch ausführlich kommentierte - ohnehin schon unruhigen Klub bringt. Damit schadet er in erster Linie Tuchel und der Mannschaft und somit letztlich dem Erfolg des ganzen Klubs auf der Jagd nach dem Champions-League-Titel.

Gleichzeitig schadet Hoeneß aber auch der von seinen Gnaden installierten neuen Führungsriege um Max Eberl und Christoph Freund. Einerseits müssen sie nun Energien für die interne Moderation dieser Thematik aufbringen. Andererseits dürfte das Verhalten des Klub-Patrons die ohnehin schwierige Trainersuche noch etwas schwieriger gestalten, wirkt es für potenzielle Kandidaten doch hochgradig abschreckend.

Auf derartige Störgeräusche hat kein Trainer Lust, schon gar nicht der aktuell favorisierte Rangnick. Seine größten Erfolge feierte er schließlich als allmächtiger Boss bei glattgebügelten Klubs ohne internen Grabenkämpfen, mit den RB-Niederlassungen oder der TSG Hoffenheim. Hoeneß' Auftritt zeigte Rangnick mitten in seiner Entscheidungsfindung noch einmal in aller Deutlichkeit, dass ein solches Arbeiten beim FC Bayern mit Hoeneß nicht im entferntesten möglich ist.

Völlig unberechenbare Querschüsse sind bei Hoeneß längst die Regel, nicht die Ausnahme. Er hat sein einst ausgezeichnetes Gespür für Momente verloren und sich damit zu einem Problem des von ihm selbst geschaffenen FC Bayern entwickelt. Welche Macht er aber gleichzeitig hat, beweist ein Satz aus Tuchels Verteidigungsrede: "Ich hätte auf diese Aussage überhaupt nicht reagiert, wenn sie nicht von Uli Hoeneß, unserem Boss, gekommen wäre." Die tatsächlichen Titel des Bosses sind übrigens Ehrenpräsident und Aufsichtsrat.