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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 3 in der NFL

SPOX-Redakteur blickt in seiner Kolumne zurück auf Woche 3 in der NFL.
© getty
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Wer muss sich mit dem Rebuild anfreunden?

Noch liegt in dieser Saison natürlich noch viel Football vor uns. Verrückte Dinge können passieren, Teams können heiß laufen, bei manchen Teams kann ein Schalter umgelegt werden oder ein Quarterback für einige Wochen auf Elite-Level spielen.

Und trotzdem ging ich aus dem Woche-3-Sonntag und hatte bei mehreren Teams ein ganz klares Gefühl: Der Umbruch muss her. Und er muss nicht nur jetzt her, er hätte bereits in der vergangenen Offseason her gemusst, als man sich aus verschiedenen Gründen für einen anderen Weg entschied.

Dabei hat man seinen Kader, oder auch nur individuell den eigenen Quarterback falsch eingeschätzt, und muss jetzt dafür sorgen, dass die Kosten für diesen Fehler jetzt nicht zu groß werden.

Atlanta Falcons: Ich verstehe, dass es bei Julio Jones "andere" Beweggründe für den Trade gab. Jones wollte wohl weg und nicht Teil des soften Rebuilds in Atlanta sein, letztlich konnte Atlanta zumindest etwas Munition für den Neustart generieren. Die Chance, mit einer Offense um Jones, Matt Ryan, Kyle Pitts und Calvin Ridley kurzfristig für etwas Furore zu sorgen, war damit aber auch durch und man war scheinbar im Niemandsland angekommen.

Auch wenn gegen die Giants jetzt der erste Saisonsieg gelang, ist die Realität der Situation eher noch negativer: Die Falcons sind nicht im Niemandsland angekommen, die Falcons sind in einer Saison gefangen, in welcher offensichtlich ist, dass das Team einen Rebuild braucht, dass Matt Ryan nachlässt, und in welcher der neue Trainerstab sich bislang wenig mit Ruhm bekleckert, während Pitts bislang kaum eine Rolle spielt.

Und die Spiele müssen gespielt werden, aber schon nach drei Wochen umgibt die Falcons mit Blick auf die weitere Saison eine Aura der Belanglosigkeit - und damit unweigerlich die Frage, ob man den Nummer-4-Pick nicht anderweitig hätte investieren und die ganze Offseason anders hätte planen müssen.

Pittsburgh Steelers: Die Steelers waren über die vergangenen drei Wochen bereits mehrfach ein Thema, hier in den Takeaways, oder auch im Mailbag. Der überraschende - und hochverdiente - Auftaktsieg in Buffalo, dann der schwache Auftritt gegen die Raiders - und jetzt dieses Desaster gegen die Bengals.

Natürlich war die Defense angeschlagen. T.J. Watt fehlte, genau wie Alex Highsmith. Aber ein einziger Pressure gegen Joe Burrow? Hinter dieser Bengals-Line? Die von Next Gen Stats ermittelte Pressure-Rate von 5,6 Prozent war Pittsburghs niedrigster Wert seit dem Beginn der Datenerfassung von Next Gen Stats 2016.

Und das war dann auch der Takeaway für mich: Pittsburgh gehört zum oberen Mittelmaß, wenn die eigene Defense in Bestbesetzung ist - weil sie dann den allermeisten Offenses ernsthafte Probleme bereiten und Low-Scoring-Spiele erzwingen kann. Wenn die Defense das nicht kann, sind die Steelers kein Mittelmaß-Team.

Das liegt in erster Linie an Ben Roethlisberger, und das Spiel gegen die Bengals war im dritten Spiel der dritte Nachweis dieser Aussage. Es war teilweise schockierend, wie wenig mobil Big Ben war, wie wenig sein Arm noch zu bieten hatte. 19 (!) Targets zu Running Back Najee Harris waren ein Nachweis davon, und Roethlisbergers angepeilte Targets generell erzählen schon große Teile der Geschichte. Der Pass zu Harris bei Vierter-und-Zehn kurz vor Ende war der finale Offenbarungseid.

Man kann hier jetzt jede Woche darüber sprechen, aber im Kern ist es simpel: Roethlisbergers Arm sieht noch schwächer aus als letztes Jahr, und Big Ben wirkt noch weniger mobil als letztes Jahr. Die Offense versucht zwar einige Dinge - mehr Play Action, mehr Motion -, aber solange Big Ben eine derartige Statue ist und den Ball permanent schnell und kurz verteilt, kann man der Offense zwar einen etwas anderen Anstrich, aber nicht viel mehr Effizienz geben.

Das Problem für Pittsburgh ist, dass man keinen aufregenden, jungen Quarterback in der Hinterhand hat, mit dem man echte Upside hatte. Aber Stand heute kann ich mir nicht vorstellen, dass Big Ben die Saison als Starter beendet - und dann braucht es einen Neustart in der kommenden Offseason, den es wohl schon in dieser Offseason gebraucht hätte.

Washington Football Team: Die frühe Verletzung von Ryan Fitzpatrick war natürlich bitter, und komplett raus ist er ja noch nicht. Aber bei Fitzpatrick muss man schon dazu sagen, dass er - so großartig die Story letztes Jahr in Miami eine Zeit lang war - immer noch einer der notorisch inkonstantesten Quarterbacks der Liga ist. Die größte Frage bei ihm vor Saisonstart war nicht zufällig, ob das vielleicht das eine Jahr werden könnte, in dem Fitzpatrick in guten Umständen mal eine volle Saison ohne Durchhänger hinlegen könnte.

Taylor Heinicke ist ein Downgrade, aber zumindest stilistisch ist er mit seiner Aggressivität nicht unähnlich. Vor allem aber unterstreicht die Saison bislang, dass die Einschätzungen bezüglich des Teams generell vor Saisonstart zu optimistisch waren.

Die Offense ist bislang schematisch nicht signifikant weiterentwickelt, vor allem aber dominiert die Defense längst nicht so, wie es letztes Jahr der Fall war. Und das liegt in erster Linie daran, dass die Defensive Line bisher ihre Vorjahres-Dominanz nicht aufrechterhalten kann.

Das wiederum ist generell eine Erinnerung daran, wie unfassbar schwierig es in der heutigen NFL ist, primär über eine dominante Defense so etwas wie konstanten, planbaren Erfolg aufzubauen.

Deshalb gehört Washington für mich auch auf diese Liste. Das Team hat Talent, auf beiden Seiten des Balls, auch junges Talent. Aber das sollte man nicht verschwenden, und eine Quarterback-Antwort hat Washington nicht in Aussicht, um als Team den nächsten Schritt zu machen. Damit dann die Defense die Offense mehr ergänzen kann, und nicht mittragen muss.