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Top 10: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 9 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke liefert euch an jedem Montagmorgen seine wichtigsten Takeaways zum vergangenen NFL-Sonntag.
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4. Dolphins beeindrucken - Murray MVP-Kandidat?

Der Sieg gegen die Rams in der Vorwoche war in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Big Plays von der Defense, Big Plays im Special Team - Tua Tagovailoa gewann sein erstes Spiel als Starter, hatte daran aber nur minimalen Anteil und über weite Strecken wirkte die Offense signifikant schwächer als in den Spielen mit Ryan Fitzpatrick zuvor.

Gegen Arizona war es dann eine andere Szenerie. Tua musste deutlich mehr liefern - und er lieferte. Miami arbeitete sehr intensiv mit Rollouts, hatte gute Screen-Designs und machte dem Rookie-Quarterback die Reads häufig einfach.

Doch abgesehen von einigen Rookie-Fehlern (die Beinahe-Interception beim Throwaway, die Intentional-Grounding-Strafe) spielte Tagovailoa eine sehr gute Partie. Innerhalb der Struktur der Offense, aber auch, wenn er Plays kreieren musste, wie etwa bei dem Highlight-Scramble und einigen sehr guten Plays in der Pocket.

Die Cardinals waren defensiv signifikant angeschlagen, spielten ohne die Cornerbacks 2, 3 und 4. Aber Tua zeigte merkliche Fortschritte auch in der Art und Weise, wie schnell er das Spiel verarbeitete, im Vergleich zur Vorwoche.

Cardinals: Kingsburys Lehrgeld - Murray MVP-Kandidat?

Und die Cardinals? Kyler Murray lieferte gegen eine starke Defense eine absolut spektakuläre Partie ab, wenngleich er beim Touchdown-Pass zu Darrell Daniels auch eine gehörige Portion Glück hatte. Als Runner ist er aktuell einer der gefährlichsten Spieler in der NFL, ob im designten Run Game oder als Scrambler. Murray hatte fünf Incompletions, bei vier Total Touchdowns und wenn er so weiter spielt, muss er irgendwann im MVP-Rennen zumindest ernsthafter genannt werden. Aktuell ist er auf Kurs für 48 Total Touchdowns in dieser Saison und er zeigt, dass er die Offense in seinem zweiten Jahr tragen kann.

Arizona konnte den Ball bewegen, aber kleinere und größere Kleinigkeiten werden die Cardinals am Montagmorgen in der Aufarbeitung der Partie ärgern. Etwa, dass Andy Isabella beim letzten Cardinals-Drive vor der Halbzeitpause bei Third Down eigentlich das First Down hatte - und sich dann wieder zurückbewegte, um Verteidigern auszuweichen. Arizona musste punten, Miami kickte im Gegenzug noch ein schnelles Field Goal.

Strafen waren zum wiederholten Mal ein ernsthaftes Problem für Arizona. doch was am meisten Zähneknirschen noch zum Wochenbeginn hervorrufen dürfte, war ein wiederholter Fehler bei Coach Kliff Kingsbury.

Kingsbury hat sich eigentlich inzwischen als ein aggressiver Fourth-Down-Coach etabliert. Er spielt viele dieser Situationen aus, und das überaus erfolgreich. Doch nachdem es beim vorletzten Drive gegen Miami schiefgegangen war - woraufhin die Dolphins das Field Goal zum 34:31 kickten - entschied sich Kingsbury beim folgenden Drive für die vermeintliche Sicherheit. Ein Big Play, dann konservative Play-Calls und das Field Goal bei Fourth-and-One. Doch Gonzalez verschoss. Game Over.

Nach seinem fast folgenschweren Fehler in der Overtime gegen Seattle, als er bei Second Down das Field Goal wählte, hatte Murray zu Kingsbury gesagt, dass er mit seinen Entscheidungen nicht konservativ werden muss. Er würde ihn nicht hängen lassen. Unabhängig davon, wie ein Fourth-Down-Play-Call ausgegangen wäre, wäre das eine echte Chance für einen schnellen Lerneffekt gewesen: Auf Sieg zu spielen, statt auf die trügerische Sicherheit des Field Goals und dann bestenfalls Overtime.

5. Bradys Meltdown und Brees' Maschine

Die Deutlichkeit der Bucs-Pleite gegen die Saints war absolut ein Schock - aber, und das ist nach diesem Spiel noch deutlich alarmierender: Die Art und Weise, wie Tampa Bay die Partie verloren hat, verdeutlichte einige inzwischen nur zu vertraute Probleme mit diesem Bucs-Team, spezifisch mit der Offense.

Da war wieder das offensive Play-Calling, das Fragen aufwarf. Tampa brauchte bis zu seinem fünften (!) Drive, ehe ein First Down heraussprang, und das lag nicht zuletzt an gleich zwei Runs bei Second-and-Ten zum Start ins Spiel. Ein generelles Problem, das nicht zuletzt beim knappen Sieg über die Giants in der Vorwoche wieder ganz deutlich wurde. Bei der 4-Down-Sequenz direkt vor der Saints-Endzone derweil warf Tampa etwa zwei Fade-Routes zu Evans, die komplett aussichtslos waren.

Da war wieder die Offensive Line, die wie beispielsweise auch gegen Chicago wackelte, wenn die Offense sich mehr auf das Passspiel verlagern musste. Brady stand bei 46 Prozent seiner Dropbacks unter Druck, mit weitem Abstand der Höchstwert für ihn in dieser Saison. Und die Wide Receiver hatten nicht zum ersten Mal in dieser Saison Probleme, ihre individuell hohe Qualität auch wirklich komplett auf den Rasen zu bringen. So viel enge Coverage gegen eine bislang wirklich wackelnde Saints-Secondary kam definitiv überraschend.

All das wurde umso schmerzhaft deutlicher, weil Brady selbst sein ganz klar schlechtestes Saisonspiel ablieferte. Die Bälle kamen häufig spät, der Druck bereitete ihm schon früh Probleme, teilweise wollte er auch zu früh zu viel und dann wiederum verfehlte er mehrere tiefe Pässe. Die zweite Interception war eine klare Fehlkommunikation mit Antonio Brown - der in seinem Bucs-Debüt relativ blass blieb - und die vielen (langen) Third Downs konnte Brady dieses Mal nicht retten.

Und das war ein Grundtenor dieser Bucs-Saison bisher: Brady spielte so gut, dass er viele Defizite anderswo in der Offense ausbügelte. Was passiert, wenn er das nicht macht, war am Sonntagabend zu sehen. Es war die höchste Niederlage in Bradys Karriere und löst damit eine 0:31-Klatsche gegen die Bills beim Saisonauftakt 2003 ab.

Werden die Saints am Ende ihrer Rolle doch gerecht?

Aber ehrlicherweise bin ich aus diesem Spiel gegangen mit dem Gefühl, mehr über die Saints als über die Bucs erfahren zu haben. Dass die Saints-Defense eben vielleicht doch mehr sein kann als sie bisher in einer - auf dieser Seite des Balls - enttäuschenden Saison gezeigt hat. Dass die Taysom-Hill-Pakete eine gute Defense auf dem falschen Fuß erwischen können. Dass New Orleans komplette Spiele abliefern kann.

Und offensiv sind sie mehr und mehr die gut getimte Maschine, die Saints-Fans sich im Vorfeld der Saison erhofft hatten. Brees, nach einem teilweise wirklich alarmierenden Saisonstart, ging zuletzt auch vermehrt tief - vor allem aber ist er nahezu perfekt in der Mid-Range, und so können die Saints die Box immer wieder mal entlasten.

Dann ist es eben eine Ball-Verteiler-Maschine. Die Saints sind das dritte Team über die letzten 30 Jahre, bei dem in einem Spiel zwölf (!) verschiedene Spieler einen Pass fangen. Brees hatte alleine in den ersten 19 Spielminuten Completions zu elf verschiedenen Receivern. Nur drei seiner 32 Pässe flogen 15 Yards oder tiefer, die aber kamen alle an.

Ansonsten ist der Ball schnell raus, die Saints sind unheimlich gut darin, mit unerwarteten Formationen spezifische Matchups auszunutzen - wie etwa beim Touchdown zum Ende des ersten Viertels - und dann ist diese Offense wirklich schwer zu stoppen. Auch das Run Game funktioniete gegen eine eigentlich gute Bucs-Run-Defense, in der sich der Verlust von Vita Vea immer stärker bemerkbar macht.

New Orleans, dieser Eindruck bleibt nach einem unfassbar dominanten Auftritt am Sonntagabend hängen, ist vielleicht doch der NFC-Top-Titelanwärter, den viele in den Saints vor Saisonstart gesehen haben.