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Third and Long Week 9 - der Mailbag zum Spieltag: Die besten und schlechtesten Waffenarsenale der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen zum Spieltag in der NFL
© imago images/Fred Kfoury III

Die Top-Offenses setzen sich längst vom Liga-Mittelmaß ab - aber welche Offense hat aktuell eigentlich die besten Waffen? Außerdem: Wie könnte der Umbruch bei den Chicago Bears und bei den New England Patriots aussehen? SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet in seiner Kolumne Eure Fragen zum Spieltag - diese Woche geht es zudem um Teams, deren Bilanz täuschen könnte sowie die langfristigen Pläne bei den Colts.

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NFL Mailbag - Week 9 im Recap

Die besten und schlechtesten Receiving Corps in der NFL

Es ist eine omnipräsente Diskussion dieser Saison: Die Qualität der Receiving Corps in der NFL. Die Wide-Receiver-Strategie der Packers, das absurde Nachlegen der Buccaneers, die Probleme der Ravens und auch nahezu jede Debatte rund um die Patriots kommt eher früher als später auf dieses Thema.

Wer in der heutigen NFL kein starkes Receiving Corps hat, wird eher früher als später an seine offensiven Grenzen kommen.

Sicher, ein gutes Scheme oder ein Elite-Quarterback können so manche Schwachstelle überspielen - aber es ist unwahrscheinlich, dass ein klares Defizit in diesem Mannschaftsteil dem betreffenden Team im Laufe der Saison und spätestens im Januar nicht irgendwann um die Ohren fliegt.

Ich hatte im Vorfeld der Saison die 32 Waffenarsenale in der NFL in ein Ranking verpackt, und tatsächlich hat sich an meiner Top 3 nur die Reihenfolge leicht verändert. Im Vergleich zu damals hat sich im Liga-Keller Washington deutlich gesteigert; der Wert eines Nummer-1-Receivers sowie die Leistungen von Antonio Gibson machen es möglich.

Die Patriots dagegen, das ist eine deutliche Erkenntnis zum Start in die zweite Saisonhälfte, waren damals selbst auf Platz 27 noch zu großzügig eingestuft. Wie sieht es aktuell aus? Welche Teams haben die besten - und die schlechtesten - Receiving Corps in der NFL?

Top 3: Die besten Receiving Corps der NFL

Honorable Mentions: Detroit Lions, Buffalo Bills, Seattle Seahawks, Dallas Cowboys, Los Angeles Chargers, Carolina Panthers

3. Kansas City Chiefs

Die Chiefs kombinieren das vertikale Element mit Tyreek Hill und Mecole Hardman exzellent mit dem Kurzpassspiel, primär aufgezogen über Travis Kelce sowie Clyde Edwards-Helaire und inzwischen dann auch Le'Veon Bell aus dem Backfield. Aber natürlich sind die Spieler in ihren Rollen vielseitiger: Hill als Screen-Receiver und Mittel zur Ablenkung, Hardman mit Qualitäten nach dem Catch.

Und darüber, dass in dieser ganzen Gleichung Sammy Watkins nur als Nummer-3- oder Nummer-4-Option im Passspiel fungieren muss, haben wir da noch gar nicht gesprochen. Wenn Defenses es schaffen, gegen Hill, Hardman, Kelce und die Running Backs irgendwie ein haltendes Gerüst aufzubauen, ist es nicht selten eines dieser Spiele, in denen Watkins die Partie gegen den Nummer-3-Corner oder fernab der Aufmerksamkeit der Defense an sich reißt.

2. Tampa Bay Buccaneers

Allein von der individuellen Qualität und den Namen her ist es schwer, die Bucs nicht auf den ersten Platz zu schieben. Die Präsenz eines echten Receiving-Backs fehlt - Tampas Backfield ist eher das genaue Gegenteil davon -, und weder Godwin, noch Mike Evans laufen bislang so wirklich rund. Und wer weiß schon, wie lange Antonio Brown braucht, um in der Offense Fuß zu fassen - falls das überhaupt passiert. Aber die Möglichkeiten allein mit diesem Wide-Receiver-Trio sind natürlich enorm.

Doch die Bucs-Offense geht eben sogar noch darüber hinaus. Rob Gronkowski hat sich zu einer ernsthaften Red-Zone-Waffe entwickelt, Cameron Brate ist ein guter Nummer-2-Tight-End, sodass die Verletzung von O.J. Howard bisher nicht wirklich ins Gewicht fällt. Und selbst hinter den großen Namen gibt es mit Scotty Miller oder auch Rookie Tyler Johnson noch echte Tiefe auf Wide Receiver.

1. New Orleans Saints

Lange mussten die Saints warten, jetzt haben sie endlich ihre gesamte Gruppe zusammen. Alvin Kamara hat zwischenzeitlich einmal mehr gezeigt, warum er der wertvollste Running Back in der NFL ist, die Tight Ends haben eine solide Rolle in der Offense - und mit Emmanuel Sanders und Michael Thomas endlich gemeinsam auf dem Feld haben die Saints das vermutlich gefährlichste Kurzpass- und Intermediate-Receiver-Duo in der NFL.

Vertikale Receiver für einzelne Big Plays gibt es beispielsweise mit Callaway, auch Tre'Quan Smith kann diese Rolle ausfüllen. Die Saints haben ein sehr rundes, sich gut ergänzendes Waffenarsenal und das sollte sich über die zweite Saisonhälfte auch signifikant bemerkbar machen.

Flop 3: Die schlechtesten Receiving Corps der Liga

3. Indianapolis Colts

Hier war ich ehrlicherweise selbst überrascht, aber aktuell würde ich kein Team eher in diese Liste packen als die Colts. Das hängt natürlich maßgeblich damit zusammen, dass T.Y. Hilton eine extrem enttäuschende Saison spielt und sich inzwischen auch einmal mehr mit Verletzungen herumplagt. Vielleicht kann er das Ruder in der zweiten Saisonhälfte auch nochmal herumreißen - vielleicht aber auch nicht. Die Saison bisher gibt zumindest überschaubaren Grund für Optimismus.

Und sonst? Die gefährlichste Matchup-Waffe in Indy ist Running Back Nyheim Hines, und der macht Spaß, ist aber kein Spieler, der eine Offense trägt. Rookie-Back Jonathan Taylor ist als Receiver sehr überschaubar, die Tight Ends sind in Ordnung. Pittman ist aus NFL-Sicht noch ein relativ unbeschriebenes Blatt, Zach Pascal wäre als Nummer 3 besser aufgehoben. Mit Hilton in Topform würde das ganz anders aussehen, so aber macht sich der Trickle-Down-Effekt auf das gesamte Receiving Corps ganz gravierend bemerkbar.

2. New York Jets

Auch im Receiving Corps mangelt es den Jets an vielen Stellen. Chris Herndon kann dem einstigen Hype nicht ansatzweise gerecht werden, das Backfield ist fest in der eisernen Hand von Frank Gore, der im Passspiel eine eher überschaubare Funktion hat, und der beste Receiver bei Gang Green spielt im Slot, was wiederum weniger Value mitbringt als ein dominanter X-Receiver.

Das aber soll die Qualität von Jamison Crowder mitnichten schmälern. Crowder ist ein extrem verlässlicher Slot-Receiver. Breshad Perriman allerdings konnte an seinen Fabel-Saisonendspurt mit Jameis Winston nicht anknüpfen. Und so bleibt vor allem eine Personalie: Denzel Mims. Der Rookie-Receiver verpasste den Großteil der bisherigen Saison verletzt, sah bei seinen ersten NFL-Gehversuchen aber überaus vielversprechend aus.

Er könnte dieser X-Receiver werden, und so haben die Jets in jedem Fall zumindest hier etwas, das die Patriots mit ihrem aktuellen Personal kaum haben dürften: berechtigte Hoffnung.

1. New England Patriots

Es gibt im Receiving Corps schlicht und ergreifend keinen einzigen Spieler, der individuell einen Unterschied ausmacht, abgesehen von James White. Und White, so gut er in seiner Rolle auch ist, ist letztlich eben doch "nur" ein Receiving-Back, und das ist keineswegs abwertend gemeint. Es gibt eben nur klare Limitierungen dahingehend, wie weit ein solcher Spieler eine Offense tragen kann.

Und sonst? Julian Edelman war vor seiner Verletzungspause mit Abstand der beste Wide Receiver, und auch er hat merklich nachgelassen. N'Keal Harry sieht wie ein gewaltiger Bust aus und sollte bestenfalls die Nummer 3 sein. Aktuell ist er aus der Not heraus die Nummer 1. Damiere Byrd füllt zumindest die Rolle des Speedsters aus, mehr aber auch nicht, und die Tight Ends sind ein kollektiver Totalausfall. Die Pats müssen ihren Kader hier komplett umkrempeln.

B, Steiner: Wie würdest du den Bears-Rebuild angehen?

Ich hatte letzte Woche ja ausführlicher über die Bears und die schwierige Lage, in die sich die Franchise mit schlechten Entscheidungen und Fehleinschätzungen des eigenen Potenzials manövriert hat, geschrieben. Und dementsprechend schwierig ist es auch, einen derart festgefahrenen Kader in neue Fahrwasser zu hieven, ohne dabei einen radikalen Umbruch einzuleiten, den GM Ryan Pace und Head Coach Matt Nagy vermutlich nicht überstehen würden.

Dementsprechend wäre die simple Antwort: So radikal wie möglich, so vorsichtig wie nötig.

Ein paar Gedanken mit Blick auf Chicagos Kader für 2021 dazu:

  • Die Bears brauchen finanziellen Spielraum. Das Team aktuell ist zu teuer, dafür, dass man realistisch betrachtet nicht im Titelfenster ist. Doch gleichzeitig soll nicht alles eingerissen werden. Khalil Mack hat in der kommenden Saison einen Cap Hit von 26,6 Millionen Dollar, ähnlich wie dieses Jahr. Bei sinkendem Cap sollte Chicago hier mit einer Umstrukturierung ansetzen. Rund 12,1 Millionen Dollar neuen Cap Space könnten die Bears so kurzfristig kreieren.
  • Akiem Hicks geht 2021 in sein letztes Vertragsjahr, mit einem Cap Hit in Höhe von zwölf Millionen Dollar. Eine vorzeitige Vertragsverlängerung um einige Jahre könnte die kurzfristige Belastung runterschrauben.
  • Spieler, deren Entlassung Sinn ergeben könnten: Jimmy Graham (Dead Cap: 3 Mio./Cap-Einsparungen: 7 Mio.), Buster Skrine (3,3 Mio./2,8 Mio.), Cody Whitehair (als Post-June 1 Cut für 2021: 3,1 Mio. Dead Cap/6,5 Mio. Einsparung).
  • Spieler, bei denen man den Trade-Markt zumindest sondieren sollte: Anthony Miller, Riley Ridley.
  • Doch selbstredend steht über allem die Quarterback-Frage. Trubisky spielt keine Rolle mehr, Nick Foles kann man als Notfall-Übergangslösung noch ein Jahr halten. Sein Cap Hit beträgt 2021 nur 6,6 Millionen Dollar, damit kann er auch relativ problemlos als Backup-Quarterback fungieren. Oder eben als Platzhalter - bis ein Rookie übernimmt.
  • Chicago hat im kommenden Draft endlich mal wieder Picks in der ersten, zweiten und dritten Runde. In den vergangenen Jahren war Pace äußerst freigiebig, wenn er für einen Spieler nach oben traden wollte. Sollte Chicago die Chance haben, per Uptrade an eines seiner Wunsch-Quarterback-Prospects heranzukommen, dann muss das ein reelles Szenario sein. Andernfalls droht eher früher als später doch der deutliche Umbruch.