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NBA-Kolumne Above the Break: Das Make-or-Break-Team 22/23 - Für diese jungen Spieler wird es ernst

Josh Green könnte in Dallas seinen Durchbruch feiern.
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Patrick Williams (Forward, Chicago Bulls)

Seit einer ganzen Weile wurde zumeist Patrick Williams genannt, wenn es darum ging, welche Fortschritte die Bulls intern machen könnten und welche Spieler am ehesten die Brücke von den älteren Stars zu der jüngeren Generation schlagen könnten. Der Nr.4-Pick von 2020 galt als das Juwel im Kader, trotz einer von Corona und Verletzungen geprägten Sophomore-Saison.

Vor wenigen Tagen machte ihn Bulls-Coach Billy Donovan dann zum Bankspieler und setzte ihm Journeyman Javonte Green vor die Nase. Dramatisch ist das nicht, in der Preseason kann ruhig experimentiert werden, es geht weniger um Namen als darum, den perfekten Fit zu finden. Die Zitate rund um diese Entscheidung ließen jedoch schon eher aufhorchen.

"Wenn man Javonte einsetzt, weiß man, was man bekommt", sagte Donovan und erklärte auch, warum dies bei Williams derzeit noch nicht der Fall sei. "Ich glaube, Patrick denkt manchmal zu viel nach. Er überanalysiert. Und wenn er an diesen Punkt kommt, dann sieht er passiv aus. Und das ist etwas, worin er weiter wachsen und besser werden muss."

Es ist kein neuer Vorwurf an Williams, neu ist allerdings, dass vom Coach Konkurrenten hervorgehoben werden, die dieses Problem nicht haben - neben Green lobte Donovan auch Rookie Dalen Terry als jemanden, der mit klarem Fokus und Determination auftrete. Williams stimmte der Entscheidung zu und gab an, dass Green der Starting Five gut getan habe.

Wohin geht die Reise für Patrick Williams?
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Wohin geht die Reise für Patrick Williams?

Im Prinzip stimmt das alles - Green ist ein Energiebündel, ein guter Rebounder, ein starker Athlet. Und trotzdem ist Williams ganz klar der talentiertere Spieler, der noch vor einem Jahr (vielleicht etwas überambitioniert) mit Spielern wie Kawhi Leonard verglichen wurde. Nicht zuletzt ist er ein wesentlich besserer Schütze als Green und damit recht wertvoll für ein Team, das vergangene Saison Platz 30 bei der Dreierrate belegte.

Vielleicht will Donovan mit dieser Maßnahme eine gewisse Reaktion aus Williams herauskitzeln. Vielleicht soll der 21-Jährige in der Second Unit dazu gezwungen werden, etwas mehr offensive Verantwortung zu übernehmen. Vielleicht soll er auf diese Weise mehr als Center-Backup in ultra-kleinen Lineups zur Verfügung stehen - vielleicht kehrt Williams auch bei nächster Gelegenheit in die Starting Five zurück (wie gesagt: Preseason).

Klar ist aber, dass Williams eigentlich nach wie vor ein Schlüsselspieler für die Bulls sein muss. Im Trade für Nikola Vucevic gaben sie zwei Picks ab, von denen einer Franz Wagner wurde (ups) und der nächste im Sommer 2023 nach Orlando geschickt wird - nur wenige Tage, bevor Vooch bereits wieder Free Agent ist. Dieser Trade war nicht zuletzt eine Wette darauf, dass das Team von innen heraus auch noch weiter wachsen könne.

Noch während der letzten Spielzeit galt Williams in Gesprächen über mögliche Kader-Upgrades als nahezu untouchable, weil man sich von ihm so viel erwartete. Nun wird sich zeigen, ob das eine weise Entscheidung war. Verliert Williams seinen Platz wirklich langfristig an Green und ist das sportlich sogar gerechtfertigt, dann ist der Outlook der Bulls trotz der guten Vorsaison schlagartig ziemlich düster.

James Wiseman (Forward/Center, Golden State Warriors)

Eigentlich will sich jeder in Golden State Zeit mit James Wiseman lassen, der die vergangene Saison komplett aussetzen musste. Obwohl er schon zwei Jahre bei den Dubs ist, absolviert der Big Man derzeit seine erste richtige Saisonvorbereitung mit dem Team, es waren turbulente erste Jahre, seitdem er 2020 an Position 2 gedraftet wurde.

Nun hat sich die Situation bei den Warriors aufgrund von "The Punch" ein bisschen verändert. Es hat einen gewissen Symbolwert, dass dabei einer der alten Spieler einen der jungen Spieler niederstreckte. Irgendwann wird auch bei den Warriors ein Generationenwechsel vollzogen werden, vielleicht nun sogar schon etwas früher als erwartet.

Kurzum: Die Dubs, die schon jetzt das teuerste Team aller Zeiten haben, werden nicht auf Dauer alle ihre Spieler behalten können. Aktuell geht es vor allem um Jordan Poole, der andernfalls kommenden Sommer Restricted Free Agent wird, und Draymond Green, der gerne noch einen fetten Vertrag unterschreiben will. Aber es geht schon bald auch um Wiseman, um Andrew Wiggins, um Klay Thompson, um die letztjährigen Rookies ... und damit um extrem schwierige Entscheidungen (nur um Steph Curry wird es nie gehen).

Green hat sich in eine verletzliche Position gebracht. Sollte das Vertrauen der anderen weg sein, ist er ein logischer "Streichkandidat", obwohl er sportlich noch immer enorm wichtig ist. Sein Playmaking und seine Defense kann niemand ersetzen, sein blindes Verständnis mit Curry und Thompson auch nicht. Aber ... ganz ohne Alternativen sind die Warriors auch nicht.

Kevon Looney hat seinen Wert in den Playoffs unter Beweis gestellt, dazu gibt es die jungen Lottery-Picks, namentlich Jonathan Kuminga, Moses Moody und eben Wiseman. Gerade Letzterer ist aktuell sehr schwer einzuschätzen, weil seine letzten Einsätze so lange her sind, aber die ersten Eindrücke aus der Preseason waren durchaus positiv.

In seiner Rookie-Saison wirkte Wiseman oft verloren, als wäre das Spiel viel zu schnell für ihn - kein Wunder, da er einerseits quasi ohne Spielpraxis vom College kam und dann im kompliziertesten offensiven Ökosystem der NBA funktionieren sollte. Aber er hatte seither anderthalb Jahre Zeit, um an seinem Verständnis zu arbeiten und Film zu studieren.

Green selbst hob kürzlich hervor, dass Wiseman aktuell viel schneller versteht, was passiert, und defensiv auf einmal sehr viel kommuniziert, was er von Looney gelernt habe. Das ist wichtig für einen defensiven Anker und zeigt, dass er mental einen guten Schritt weitergekommen ist.

Offensiv haben die Warriors über anderthalb Jahre angekündigt, Wisemans Rolle simpler gestalten zu wollen, und zumindest in der Preseason wirkte das bisher wirklich so. Fast all seine Abschlüsse kamen als Roll-Man oder als Slasher, in Aktionen, die seine besten Attribute (die unfassbare Länge und Athletik) bestmöglich in Szene setzten.

Wiseman wird nie ein Basketball-Genie vom Schlage eines Green sein (ups), die Warriors hatten aber ihre Gründe, warum die Dubs ihn vor dem Draft so hoch einschätzten. Er hat einen soften Touch und körperliche Voraussetzungen, die selbst in der NBA eine absolute Rarität sind.

Wenn das Spiel für ihn wirklich langsamer geworden ist, macht er die Situation beim Meister auf Dauer vielleicht sogar noch komplizierter. Oder einfacher, je nachdem ...