Theis verrät zudem, warum er sich bei den Houston Rockets nicht wohlfühlte, wie es war, für seinen Kumpel Dennis Schröder getradet zu werden, und vergleicht Ime Udoka mit Coaches in Europa.
Herr Theis, erstmal herzlichen Glückwunsch zu Platz zwei! Noch vor wenigen Monaten galt Boston als Enttäuschung, über die vergangenen Monate war nun kein Team im Osten besser. Woran liegt es, dass es mittlerweile so gut funktioniert?
Daniel Theis: Danke. Das Team war ja schon sehr gut, als ich per Trade hierherkam, der Lauf hatte schon begonnen. Es wurden Automatismen gefunden und aufgebaut und es haben alle verstanden, dass man nicht in alte Gewohnheiten zurückfallen sollte. Es hat einfach Klick gemacht nach dem durchwachsenen Saisonstart. Wenn man erstmal so erfolgreich spielt und reihenweise Spiele gewinnt, dann will man auch nicht aufhören.
Für Sie war es erst recht nicht absehbar, auf einmal ganz oben mitzuspielen. Ihre Saison begann in Houston, wo es von Anfang an nicht um Siege ging. Wissen Sie diese Situation in Boston nun umso mehr zu schätzen?
Theis: Auf jeden Fall. Ich habe mich hier in Boston schon immer wohlgefühlt, aber man bekommt eine andere Perspektive, wenn man zwischendurch in einer Situation war, in der das nicht der Fall ist. Ich wusste bei meiner Unterschrift in Houston, dass es dort um einen Neuaufbau ging, es war dennoch nicht schön, wie es dort lief.
Was hat Sie bei den Rockets gestört?
Theis: Wir haben zu Saisonbeginn mal 16 Spiele in Folge verloren. Dafür wurde ich zum Sündenbock gemacht. Ich habe meinen Platz als Starter verloren und wurde nur noch gelegentlich eingesetzt, als wäre ich der Hauptschuldige. Ich habe versucht, professionell zu bleiben und den jüngeren Spielern zu helfen, das sollte sowieso Teil meiner Rolle sein, aber ich hatte mir das schon anders vorgestellt. Ich hatte ja nicht aus Zufall für vier Jahre unterschrieben.
Hat sich dadurch schon früh für Sie abgezeichnet, dass Sie nicht einmal diese Saison in Houston beenden würden?
Theis: Ich habe nie einen Trade gefordert. Aber es gab schon recht früh den Gedanken, dass es nicht passt, dass beide Seiten eigentlich andere Vorstellungen hatten. Wir haben uns mit dem Front Office ausgetauscht über meinen Agenten, ich habe auch signalisiert, dass ich im Fall der Fälle gerne wieder nach Boston gehen würde. Aber ich wusste, dass da viel zusammenkommen muss. Es hat tatsächlich bis 15 Minuten vor der Deadline gedauert, dann passte es auf einmal. Ich wäre sonst aber auch in Houston professionell geblieben. Man will nie getradet werden, wenn nicht irgendetwas Heftiges vorgefallen ist. Es betrifft ja die ganze Familie, die Kinder.
Daniel Theis: "Ich habe Schröder mein Haus angeboten"
Wie muss man sich den Tag des Trades vorstellen? Werden Sie von Ihrem Agenten informiert oder aktualisieren Sie auch permanent Twitter wie die Fans und Journalisten?
Theis: Es ist eine Mischung. Man hört vorher schon mal etwas. Ich wusste an dem Tag, dass es die Möglichkeit mit Boston gibt, aber dass dafür erst noch etwas anderes passieren musste und dass es überhaupt nicht garantiert war. Ich war also selbst gespannt, wobei ich hier weniger Twitter nutze, es gibt ja SportsCenter im Fernsehen, wo man die ganzen Transaktionen mitbekommt. Der Tag an sich war eigentlich ein Spieltag, ich habe meine normale Routine durchgeführt, um mich vorzubereiten. Und dann ist es eben passiert.
Der Trade war dadurch etwas speziell, weil Sie unter anderem für Ihren Freund Dennis Schröder getauscht wurden. Haben Sie mit ihm mal darüber gesprochen? Er hatte sich die Saison ja vermutlich auch anders vorgestellt.
Theis: Wir hatten damals kurz gesprochen, aber nicht wirklich ausführlich. Man hat sehr schnell sehr viel zu organisieren, das Leben ändert sich komplett auf einen Schlag, deswegen blieb nicht viel Zeit.
Als Josh Hart und Larry Nance füreinander getradet wurden, ebenfalls gute Freunde, haben diese kurzerhand die Häuser getauscht.
Theis: Ich habe ihm mein Haus in Houston tatsächlich angeboten. (lacht) Es war aber nicht die richtige Situation dafür, er ist ja Free Agent im Sommer. Vielleicht sprechen wir noch einmal drüber, wenn er einen neuen Deal unterschreibt.
Wie lief der Umzug bei Ihnen?
Theis: Ich habe seither im Hotel gelebt. Meine Familie ist jetzt erst nachgekommen und wir hatten das Glück, ein Haus zu finden. Ich bin gerade noch am Auspacken, das ist mein trainingsfreier Tag. (lacht) Das tut sehr gut, dass sie jetzt endlich da sind. Es hilft uns auch, dass wir hier die Stadt und sehr viele Leute kennen, da braucht es nicht lange, um sich wieder einzugewöhnen.
Celtics-Big Daniel Theis: "Das sind doch Streicheleinheiten"
Das gilt vermutlich auch für das Team, oder? Neu ist eigentlich nur der Head Coach.
Theis: So lange war ich ja wirklich nicht weg. Ich habe hier mit jedem schon vorher zusammen gespielt außer mit Derrick White, der zeitgleich mit mir zum Team kam. Das hilft massiv, auch wenn wir nicht mehr exakt so spielen wie vorher. Manche Automatismen sind noch da, ich musste in erster Linie nur den Coach kennenlernen und er mich.
Wie ist Ihr Eindruck von Ime Udoka?
Theis: Er weiß auf jeden Fall, was er tut, er hat seine Ideen offensiv und defensiv und diese ergeben alle Sinn. Was auch sehr wichtig ist: Er zieht jeden zur Rechenschaft und spricht Fehler an, egal ob ich die mache, Grant Williams oder Jayson Tatum. Jeder wird exakt gleich behandelt. Das ist nicht so selbstverständlich, wie es sich anhört.
Unterscheidet er sich arg von Brad Stevens?
Theis: Stevens hat auch sehr hohe Ansprüche. Aber Coach Udoka ist direkter in seiner Kommunikation. Bei ihm hörst du schon mal ein: "Was zum Teufel machst du da?" oder "Der Scheiß geht so nicht". Stevens war netter, er hat seine Kritik zumindest netter ausgedrückt. Aber ich finde das sehr gut so. Ich meine, ich komme aus Europa. (lacht) Wenn hier Leute etwas für sehr direkt halten, denke ich oft immer noch, das sind doch Streicheleinheiten. Da bekommst du von europäischen Coaches ganz andere Ansagen.
Sie hatten schon angesprochen, dass Udoka auch taktisch einiges verändert hat. Was denn im Detail? Hat es für Sie eine Weile gedauert, um sich zurechtzufinden?
Theis: Zum einen ist da die Rolle von Rob [Robert Williams, d. Red.]. Er wurde während der Saison vom gegnerischen Big Man weggezogen und beim schlechtesten Werfer des Gegners geparkt, damit er ständig aushelfen kann als Shotblocker. Das bot sich an, weil Rob diese unglaubliche Athletik hat, er kann aus der Halle springen. Dadurch ist mehr Absicherung da als bei jedem anderen Team, das ist einer der Gründe, weshalb wir über die vergangenen Monate die mit Abstand beste Defense der Liga hatten. Offensiv ... naja, Basketball ist Basketball. Man muss ein paar Systeme lernen, aber im Wesentlichen geht es darum, zusammenzuspielen, den Ball viel zu bewegen und solche Grundprinzipien.