Tischtennis - 4:1 gegen Ovtcharov: Achter EM-Titel für "Methusalem" Boll

SID
Timo Boll hat erneut die Tischtennis-EM gewonnen.
© getty

Timo Boll und Co. haben bei der Tischtennis-EM in Warschau durch ein Rekordergebnis weniger als vier Wochen vor Olympia für chinesische Verhältnisse in Europa gesorgt. Nach einer Medaillenflut mit zuvor unerreichten vier Titeln und dreimal Silber reist das Team des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) mit dem nunmehr achtmaligen EM-Champion Boll als Leitwolf geradezu in "Goldgräberstimmung" zu den Sommerspielen nach Tokio.

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"Methusalem" Boll krönte bei den Geisterspielen in der Torwar-Arena seine Formsteigerung durch einen 4:1-Finalsieg gegen seinen Nationalteamkollegen und guten Freund Dimitrij Ovtcharov.

Durch das 4:1 von Petrissa Solja (Langstadt) im Damen-Endspiel gegen Shan Xiaona nach dem gemeinsamen Doppel-Triumph in einem weiteren deutschen Finalduell befinden sich erstmals in der 63-jährigen EM-Historie die beiden wichtigsten Titel des Kontinents in deutscher Hand.

"Ich war vor der EM nicht sicher, ob ich nach meinen Rückenproblemen im Frühjahr schon wieder gut genug sein kann, um so weit vorne mitzuspielen. Für Olympia gibt das aber genau den richtigen Schub", kommentierte der 40 Jahre alte Rekordchampion Boll nach erfolgreicher Titelverteidigung sein insgesamt 20. EM-Gold seit 1998.

In der Weltrangliste winkt dem Düsseldorfer, der vor seinem sechsten Erfolg im siebten Duell mit Ovtcharov seit 2018 im Halbfinale den WM-Zweiten Mattias Falck (Schweden) mit 4:2 ausgeschaltet hatte, die Rückkehr in die Top 10. Für Tokio bedeutet das eine günstige Setzung für Bolls sechsten Griff nach seiner ersten Olympia-Medaille im Einzel.

DTTB als "Chinesen Europas"?

Die leeren Trainer-Boxen in den drei DTTB-Finalduellen erinnerten ebenso an Chinas Dominanz bei internationalen Turnieren wie die Medaillenausbeute des DTTB-Teams bei dieser EM, die Dang Qiu/Nina Mittelham mit Mixed-Gold eingeläutet hatten. Nie zuvor war eine Nation in der bis 1958 zurückreichenden Turniergeschichte mit vier Titeln in den fünf Individual-Konkurrenzen heimgekehrt.

Dennoch wollte DTTB-Sportdirektor Richard Prause sein Team nicht als "Chinesen Europas" tituliert wissen. "Unsere Bilanz nach dieser wirklich tollen EM wirkt vielleicht ein bisschen wie Chinas Überlegenheit, aber es ist in Europa viel enger", sagte der Ex-Nationalspieler dem SID.

Vor allem aber mit Blick auf die Einzelerfolge sprach jedoch auch Prause nach dem ersten bedeutenden Wettbewerb seit Ausbruch der Corona-Pandemie von einer "gelungenen Standortbestimmung". Boll, Ovtcharov und auch die DTTB-Damen "sind da", hielt er zufrieden fest: "Wir haben gemerkt, dass der Motor nach so langer Zeit erst wieder in den Rhythmus kommen muss, aber wir haben schon erfreulich oft in den fünften Gang hochschalten können."

Trotz des imponierenden Goldregens sieht Prause durchaus noch Handlungsbedarf für den Tokio-Feinschliff. Dabei dachte der 53-Jährige auch an die Dämpfer durch die frühen Niederlagen des Olympia-Doppels mit Boll und Patrick Franziska sowie der Tokio-Medaillenkandidaten Franziska/Solja im Mixed: "Wichtiger als die Freude über unser glänzendes EM-Ergebnis ist so kurz vor Olympia sicher die Analyse, in welchen Bereichen vielleicht noch mal verstärkt angesetzt werden muss und womöglich noch einmal Extraschichten einzulegen sind."