"Ich bin viel zu abergläubisch"

Michael Kohlmann ist seit 2015 Davis-Cup-Teamchef. An seiner Seite: Niki Pilic (l.) und Dirk Dier
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Seit Februar ist Michael Kohlmann Teamchef des deutschen Davis-Cup-Teams. Seine nächste große Aufgabe: Deutschland im September vor dem Abstieg aus der Weltgruppe bewahren. Im SPOX-Interview spricht der 41-Jährige über Dustin Brown, Toptalent Alex Zverev, seinen Co-Trainer Niki Pilic und Comebacker Tommy Haas.

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SPOX: Herr Kohlmann, wer Sie in den letzten Wochen in Wimbledon vermutete, lag falsch. Was sah Ihr Terminplan stattdessen vor?

Michael Kohlmann: Ich war mit dem B-Kader bei den Challenger-Turnieren in Marburg und Braunschweig am Start.

SPOX: Dann haben Sie den grandiosen Auftritt von Dustin Brown gegen Rafael Nadal verpasst.

Kohlmann: Ich habe Wimbledon vor dem Fernseher verfolgt. Natürlich haben wir Dustins Match gesehen, das war großes Kino.

SPOX: Dank der ITF-Entscheidung darf Brown im Davis Cup dieses Jahr nun doch für Deutschland antreten. Ist der Rastaman mit seinem ungewöhnlichen Spiel und dem positiv verrücktem Temperament ein Kandidat für Ihr Team?

Kohlmann: Ich bin auf jeden Fall froh, eine weitere Option für die Relegation im September dazubekommen zu haben. Dustin in Topform ist ein Gewinn für jede Mannschaft.

SPOX: Ihnen war es im Zuge Ihrer Ernennung zum Davis-Cup-Teamchef sehr wichtig, die Aufgabe als B-Jugendtrainer zu behalten. Warum?

Kohlmann: So habe ich als Trainer angefangen und mir sind die Jugendlichen extrem wichtig. Der Übergang ins Herrentennis ist ein großer Schritt für sie. Bei mir ist in dieser Phase einiges nicht perfekt gelaufen. Deshalb habe ich das Gefühl, dass ich mit meinem Input helfen kann. Die Arbeit mit den Jungs macht mir sehr großen Spaß. Daher habe ich großen Wert darauf gelegt, dass ich das weitermachen kann.

SPOX: Hat der Verband versucht, Sie davon abzubringen, den Posten als Teamchef zusätzlich zu übernehmen?

Kohlmann: Nein, das war auch im Interesse des Verbandes. Ich glaube, dass der DTB generell vorhat, sich verstärkt für den Nachwuchs einzusetzen. Insofern ist das jetzt eine Situation wie bei den Damen. Barbara Rittner ist ebenfalls zusätzlich für den Nachwuchs zuständig. Ich glaube, dass der DTB diese Variante auch mit mir angestrebt hat. Wenn das so klappt wie bei den Damen, dann können wir alle zufrieden sein.

SPOX: Stimmt, bei den Mädels läuft es ziemlich rund. Ist das Fed-Cup-Team auch in Sachen Kommunikation und Außendarstellung ein Vorbild für Sie?

Kohlmann: Feststeht, die Damen haben verstanden, wie das Geschäft geht, und arbeiten sehr gut. Barbara hat tolle Spielerinnen. Lisicki, Petkovic, Kerber, Görges, Grönefeld, Beck, Witthöft und so weiter und so weiter. Barbara Rittner hat so viele Mädels in ihrem Kader, die in den ersten 100 stehen und bei Turnieren immer wieder um den Titel mitspielen. Mit ihren Fed-Cup-Erfolgen haben sie gezeigt, was möglich ist mit einer Nationalmannschaft. Das ist auf jeden Fall vorbildhaft. Das würden wir natürlich auch gern anstreben.

SPOX: Das derzeit größte DTB-Talent ist alterstechnisch im C-Kader anzusiedeln: Alex Zverev. Wie verfolgen Sie seinen Aufstieg?

Kohlmann: Ich glaube, für ihn kann es nicht schnell genug gehen. Alex hat mit den beiden Erfolgen im letzten Jahr, dem Sieg beim Challenger in Braunschweig und dem anschließenden Halbfinale in Hamburg einen rasanten Aufstieg hingelegt. Das war sein Startschuss.

SPOX: Und nach kurzem Luftholen macht er nun da weiter.

Kohlmann: Ja, nach Hamburg hat er ein Vierteljahr gebraucht, sich in dieser Region zu akklimatisieren. Und in den letzten Wochen hat er wieder starke Ergebnisse gebracht. In München, Stuttgart und Halle je eine Runde gewonnen. Danach das Challenger in Heilbronn gewonnen, zwei Runden in Nottingham und eine in Wimbledon. Er hat in den letzten Monaten etliche Top-100-Leute geschlagen, das ist der Beweis dafür, dass er sich leistungsmäßig in der Region etabliert hat.

SPOX: Es kann also für Zverev schnell Richtung Davis-Cup-Team gehen?

Kohlmann: Ich würde mich da nach ihm richten... (lacht) Wenn er das so schnell hinkriegt, bin ich dabei. Ich bin gespannt, wann sein nächster Schub kommt. Der wird mit Sicherheit kommen, weil er sehr, sehr hart an sich arbeitet. Alex Zverev wird in nächster Zeit sicherlich ein Thema sein für die Nationalmannschaft.

SPOX: Da sind wir mitten in der Diskussion um Ihr Spielermaterial: Die momentan unangefochtene Nummer eins Philipp Kohlschreiber auf der einen, das Toptalent Zverev auf der anderen Seite. Dazwischen Namen wie Peter Gojowczyk, der vor seiner Verletzung gegen Tsonga 2014 diesen Megatag erwischte. Oder Daniel Brands und Tobias Kamke, von denen man weniger hört. Oder Dauerbrenner Benjamin Becker. Wie beurteilen Sie dieses breite "Mittelfeld"?

Kohlmann: Wenn ich mir aussuchen könnte, ob ich drei Top-20-Leute haben könnte wie Barbara Rittner - na klar, würde ich mir wünschen, dass sich drei der Jungs da oben etablieren könnten. Auf der anderen Seite: Bei der Dichte, die wir hinter Philipp haben, kann ich Leistungsentwicklungen berücksichtigen bei der Nominierung für die nächste Partie. Das bedeutet natürlich auch, dass jeder der Jungs immer wieder die Möglichkeit hat, sich in die Mannschaft reinzuspielen. Und das ist für die Spieler eine Topmotivation. Bei den Damen stellt sich die Mannschaft grob gesagt von allein auf. Das ist bei den Herren nicht so. Jeder kann sich mit guten Leistungen empfehlen.

SPOX: Mit den Comebackern Tommy Haas und Florian Mayer bekommen Sie ja womöglich bald wieder die Option auf zwei Ex-Top-20-Spieler im Team.

Kohlmann: Das stimmt, Tommy war total heiß drauf, endlich wieder zurück im Turniertennis zu sein. Und Flos Ergebnisse sind schon wieder richtig gut. Seine Planungen reichen bereits bis weit ins nächste Jahr.

SPOX: Es heißt, Sie seien in Spielerkreisen sehr beliebt. Vor kurzem noch Teamkollege, da lief die Kommunikation sicher immer ganz locker. Ändert sich das, seit Sie der Teamchef sind?

Kohlmann: Da müssten Sie jetzt die Spieler fragen... (lacht) Nee, bisher hat sich da nichts verändert. Die Leute wissen, dass ich mich nicht verstelle. Ich werde immer nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden. Niemand wird bevorzugt.

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