Kennen Sie Mando Diao? Bestimmt. Die Rockband aus Schweden schwimmt schließlich auf einer Erfolgswelle und füllt bei ihren Konzerten große Hallen wie zum Beispiel aktuell die Arena in Oberhausen.
Normalerweise. Denn am Samstagabend im Olympiastadion füllte Mando Diao gerade mal ein paar Quadratmeter direkt vor der Bühne. Ein Häufchen von wenigen tausend Fans in einem 60.000 Zuschauer fassenden Stadion. "A nice little gathering" (eine nette kleine Zusammenkunft) nannte Sänger Björn Dixgard das Konzert. Weniger gut gelaunte Menschen würden es als jämmerlich bezeichnen.
Nach fünf Songs und ohne Zugabe beendete Mando Diao den ersten Tag der großen DTM-Show in München. Bei bestem Wetter und tollem Rennsport waren die Zuschauerränge ziemlich leer, die Stimmung ließ doch arg zu wünschen übrig.
"Das Münchner Publikum ist sehr anspruchsvoll"
"Es verläuft sich ein bisschen im Olympiapark, deshalb sitzen viele nicht auf den Rängen", versuchte sich Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug an einer Erklärung, attestierte dem Event aber trotzdem "großes Potenzial".
Bereits im Vorfeld hatten die Organisatoren bei den Prognosen für die Resonanz auf die DTM im Stadion bewusst tief gestapelt. "Das Münchner Publikum ist sehr anspruchsvoll und hat viele Alternativen", sagte Ralph Huber, der Chef der Olympiapark GmbH. Allgemeiner Tenor: Man sehe das erste Jahr der für drei Jahre geplanten Veranstaltung als Etablierungsphase.
Unkenrufe: "Kaum Verständnis für so eine Veranstaltung"
Angesichts der Erfahrungen vom Samstag gab es sogar unverhohlene Unkenrufe. Im Rahmen einer Presserunde mit Norbert Haug warnte ein erfahrener Motorsport-Journalist: "Das wird am Montag einen Sturm geben. Von den Leuten im Olympiapark hat kaum jemand Verständnis für so eine Veranstaltung."
Eine Bemerkung, die Haug natürlich so nicht stehen lassen konnte. Er konterte: "Wenn hier die Mehrheit gegen diese Veranstaltung ist, dann fresse ich einen Besen. Meckerer gibt es immer."
54.000 Fans - Veranstalter zufrieden
Vielleicht gibt es die tatsächlich, aber sie werden am Montag in den Medien kein lautes Echo erzeugen. Denn auf den mageren Samstag folgte der Sonntag - die Rettung.
Bei erneut und wider Erwarten perfektem Sommerwetter waren die am Samstag noch gähnend leeren Zuschauerränge im Olympiastadion sehr gut gefüllt. Haug sprach von mehr als 40.000 Fans. Die offizielle Zuschauerzahl für das gesamte Wochenende wurde mit 54.000 angegeben.
"Diese Zahl ist ausbaufähig, aber wir haben damit das erreicht, was wir uns insgeheim ausgerechnet hatten", fasste Huber zusammen. Hans-Werner Aufrecht, Chef des DTM-Veranstalters ITR, fiel ein großer Stein vom Herzen: "Ich hatte Bauchkribbeln, ob der Event so wird, wie wir es dem Organisator versprochen haben. Die Latte lag hoch, aber wir haben sie liegen lassen."
Haug: "Das übertrifft alle Erwartungen"
Die Vertreter der Teams waren mit dem Spektakel am Sonntag hoch zufrieden. "Mir hat vor allem gefallen, dass ich viele strahlende Gesichter im Publikum gesehen habe", spielte Haug darauf an, dass sich viele Familien mit Kindern und Leute ins Stadion gewagt hatten, die nicht an eine Rennstrecke fahren würden.
Sein Fazit nach dem zweiten Tag fiel wesentlich erfreuter aus als das in der Presserunde am Samstag: "Das übertrifft alle Erwartungen und wird ein weltweites Medienecho erzeugen. Ich will nicht zu euphorisch sein, aber dieser Event markiert einen neuen Abschnitt im Motorsport." Haug scheute das Wort Meilenstein, stellte aber fest: "Das war ein Ja-Wort zum Auto."
DTM im Stadion funktioniert
Insgesamt hat das Wochenende im Olympiapark gezeigt, dass es funktioniert, Motorsport in ein Stadion und in eine Großstadt zu bringen - und zwar nicht nur einmal im Jahr beim bereits etablierten Race of Champions, bei dem die Zugpferde Sebastian Vettel und Michael Schumacher heißen.
Haugs Audi-Kollege Dr. Wolfgang Ullrich betrachtete das Experiment Olympiastadion ebenfalls als gelungen: "Zweifel gibt es immer, aber Zweifel bringen uns nicht weiter. Ein Event wie dieser hat auch in Zukunft Platz in einem DTM-Jahr."
Die Fahrer haben es sicher gerne gehört. "Ich habe es hier geliebt. Es war ein toller Event", sagte Bruno Spengler nach seinem Sieg vor fast vollem Haus am Sonntag stellvertretend für alle anderen. "Ich hoffe, wir kommen wieder und sehen dann noch mehr Fans!"
BMW-Rückkehr passend, aber nicht geplant
Sehr passend, aber keinesfalls von Anfang an geplant war, dass BMW die heimische Bühne nutzen konnte, um Werbung für die eigene DTM-Rückkehr im kommenden Jahr inklusive Präsentation von Auto und den ersten beiden Fahrern Andy Priaulx und Augusto Farfus zu machen.Denn als die Idee eines DTM-Events in München vor mehr als vier Jahren geboren wurde, hatte BMW noch Ambitionen, Formel-1-Weltmeister zu werden.
Teams zeigen neue Autos für 2012
Die Ziele haben sich geändert, aber nicht der Anspruch an die eigene Leistung im Motorsport. "Mercedes und Audi haben sicher einen Erfahrungsvorsprung, aber der Zeitpunkt für unseren Einstieg mit dem komplett neuen Reglement ist optimal", sagte der neue BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt im Gespräch mit SPOX. "Es ist unser Ziel, von Anfang an konkurrenzfähig zu sein. Dass wir das können, haben wir in all unseren anderen Motorsport-Projekten bewiesen."
Zumindest optisch macht der BMW M3 DTM, der in München offiziell vorgestellt wurde, auf jeden Fall schon mal eine Menge her. Ebenso wie der neue Audi A5 DTM, auf den die Journalisten ebenfalls einen kurzen Blick werfen durften. Und der neue Mercedes? Haug verspricht: "Wir werden ein sehr, sehr schönes Auto haben."
DTM 2012 wieder in München, aber ohne Punkte
Wer nicht aus München heraus an eine Rennstrecke will, wird die drei neuen Autos in einem Jahr wieder im Olympiastadion bewundern können. Allerdings wohl wieder nur im Rahmen eines Show-Events. Meisterschafts-Punkte wird es aller Voraussicht nach für die Hatz durch das Mauer-Labyrinth auch in Zukunft nicht geben."Ich glaube nicht, dass das geht. Das muss auch nicht das Ziel sein", sagte Haug im Gespräch mit SPOX. "Aber man findet vielleicht einen Sponsor, der einen besonderen Pokal zur Verfügung stellt, und kürt dann den Stadionkönig."
Wie wäre es mit einem Konzertveranstalter als Sponsor? Der könnte gleichzeitig dafür sorgen, dass Mando Diao nicht noch einmal in einem nahezu leeren Olympiastadion spielen muss.
DTM: Rennkalender und Ergebnisse