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WM 2022 - Die Legionäre des FC Barcelona im Check: Unerwartete Leistungsträger und ein motzender Superstar

Von Stefan Petri
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Mit 17 Profis bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar hat der FC Barcelona einen Rekord aufgestellt. Neben acht Spaniern waren auch neun Barça-Legionäre dabei - und die meisten waren auch in der K.o-Runde vertreten. Wie haben sie sich im bisherigen Turnieverlauf verkauft? Ein Überblick.

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Ousmane Dembélé (Frankreich)

Zu 100 Prozent konnte man sich nicht sicher sein, ob der Außenstürmer bei Didier Deschamps im Turnier gesetzt sein würde: Zu groß ist die Auswahl an Weltklassespielern in Frankreichs Offensive. Nach seiner Knieverletzung bei der EM im vergangenen Jahr hatte Dembélé bis zum WM-Beginn gerade mal elf Minuten für die Équipe Tricolore gespielt.

Im 4-3-3 mit zwei Außenstürmern ist der 25-Jährige nun aber gesetzt. Die Marschroute ist klar: Gegenüber von Kylian Mbappé soll Dembélé für Tempo sorgen, bevor zum Spielende hin frische Kräfte kommen. Dreimal stand er in der Startelf, dreimal nahm ihn Deschamps rund eine Viertelstunde vor Spielende runter. Der Lohn bislang: zwei Torvorlagen gegen Australien und Polen.

Zu kritisieren gibt es bei der langjährigen Skandalnudel bisher fast nichts. "In defensiver Hinsicht hat er große Fortschritte gemacht. Wenn er nach hinten arbeiten muss, tut er das", lobte Deschamps zuletzt. Dembélé stellt sich in den Dienst der Mannschaft, das Scheinwerferlicht überlässt er Mbappé. Eine Forderung hat sein Trainer jedoch: "Er muss nur noch effektiver werden."

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Jules Koundé (Frankreich)

War zu Turnierbeginn noch Ersatz für Bayerns Benjamin Pavard rechts in der Viererkette. Da der sich aber beim 4:1 gegen Australien nicht gerade mit Ruhm bekleckerte, reagierte Deschamps prompt: Pavard habe der Einsatz "mental und körperlich nicht gutgetan", ließ er verlauten und beorderte Koundé ins Team.

Der spielte gegen Dänemark und Polen durch, wurde lediglich wie der Großteil der Startelf gegen Tunesien geschont. Fiel mit seinem Offensivdrang auf der rechten Flanke auf, allerdings wurde es hinten auch mal über seine Seite gefährlich. Außerdem musste er sich von seinem Trainer einen gehörigen Rüffel anhören, weil er gegen die Polen mit zwei Goldkettchen um den Hals aufgelaufen war. "Ich habe ihm eben gesagt: 'Du hast Glück, dass ich dir in der Szene nicht gegenüber gestanden habe, denn ansonsten ...'", kanzelte ihn Deschamps öffentlich ab. Dürfte aber trotzdem gegen England von Beginn an spielen.

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Frenkie de Jong (Niederlande)

Der 25-Jährige ist im 3-4-1-2 von Louis van Gaal gesetzt und darf auf seiner Lieblingsposition im defensiven Mittelfeld ran, wo er sich die Bälle teilweise sehr tief von der Dreierkette abholt und dann verteilt - siehe das erste Tor gegen die USA. Seine Form stimmt: Im ersten Spiel gegen den Senegal bereitete er einen Treffer vor, gegen Katar war er dann per Abpraller selbst erfolgreich.

Gesucht wird bei Oranje lediglich der perfekte Partner neben ihm: Zum Auftakt durfte Steven Berghuis ran, gegen Ecuador Teun Koopmeiners, zuletzt zweimal Marten de Roon von Atalanta Bergamo. Hat van Gaal damit seine erste elf für die entscheidende Turnierphase gefunden? So oder so: Den Takt wird de Jong vorgeben.

Seine guten Leistungen rufen natürlich auch wieder interessierte Klubs auf den Plan, die ihn von Barça loseisen wollen, allen voran Manchester United. Vater John gab gegenüber The Athletic zuletzt obendrein zu Protokoll, dass Frenkie vor dem Wechsel nach Barcelona 2019 auch mit PSG und ManCity gesprochen hatte: "Sie alle wollten ihn." Und das Verhältnis zur Klubführung der Blaugrana ist bekanntlich nicht das Beste ...

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Memphis Depay (Niederlande)

Seit Ende September hatte Depay aufgrund von Oberschenkelproblemen nicht mehr für Barcelona gespielt, wo er ja ohnehin nur noch zweite Wahl ist. Van Gaal baut aber weiterhin auf seinen Star-Stürmer - und diesen im Turnierverlauf behutsam auf: Erst 26 Minuten, dann 45, 66 und gegen die USA schließlich 83 vorn neben Cody Gakpo.

Depay zahlt das Vertrauen mit ansteigender Form zurück. "Memphis war an beiden Toren beteiligt und hatte zuletzt nicht soviel Spielpraxis. Das sind erfreuliche Aspekte für die K.o.-Runde", lobte ihn sein Trainer nach dem 2:0 über Katar. Er betonte: "Um Weltmeister zu werden, brauchen wir Memphis." Gegen die USA traf der dann auch endlich selbst - und legte sich anschließend mit NBA-Legende Charles Barkley an.

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Marc-André ter Stegen (Deutschland)

Alles wie gehabt: Dem 30-Jährigen blieb hinter Manuel Neuer wie schon beim Turnier 2018 nur der Platz auf der Bank. Seine einzige Chance wären zwei Siege in den ersten beiden Gruppenspielen und ein Einsatz im bedeutungslosen dritten Spiel gewesen - aber von derartigen Szenarien ist die DFB-Elf bekanntlich weit entfernt.

Schlägt 2024 endlich seine Stunde? Selbst Neuer kam dieses Mal nicht ohne Kritik aus dem Turnier heraus, bei einem Umbruch könnten auch im Tor Veränderungen anstehen. Einen Rücktritt von sich aus schloss Neuer allerdings aus, "soweit ich eingeladen werde und meine Leistung zeige".

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Robert Lewandowski (Polen)

Der zweimalige Weltfußballer dürfte mit gemischten Gefühlen aus Katar abreisen: Achtelfinale erreicht, gegen Titelverteidiger Frankreich dann chancenlos - sportlich im Soll, kann man sagen. Auch Lewandowski selbst hatte endlich Grund zum Jubeln: In Russland war er noch ohne Tor geblieben, gegen Mexiko verschoss er dann zum Auftakt einen Elfer, bevor es gegen Saudi-Arabien endlich klappte mit dem ersten WM-Treffer. Was das dem 34-Jährigen bedeutete, konnte man an seinen Tränen im Anschluss ablesen. Gegen Frankreich klappte es dann im zweiten Anlauf auch noch vom Punkt.

Seine Aussagen im Anschluss an das Achtelfinale dürften dann bei vielen Fans Sorge ausgelöst haben. Lewy strotzt ja bekanntlich vor Fitness und sieht das eigene Karriereende noch in weiter Ferne - doch ob er 2026 noch dabei sein will, ließ er offen: "Es gibt verschiedene Dinge, die dazu führen könnten, dass das dies hier die letzte war."

In polnischen Medien heißt es, dass das Verhältnis zu Trainer Czeslaw Michniewicz schlecht sein soll, was auch an dessen defensiver Spielweise liege. "Man muss Spaß am Spiel haben, auch in naher Zukunft. Wenn wir versuchen anzugreifen, ist das anders, wenn wir defensiv spielen, gibt es keine Freude", verlautete Lewy vielsagend - von Barça und zuvor den Bayern ist er schließlich ganz anderen Fußball gewohnt.

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Raphinha (Brasilien)

Der 25-Jährige ist im 4-2-3-1 von Nationaltrainer Tite gesetzt und hat im Vergleich zu Manchester Uniteds Antony und Real Madrids Rodrygo die Nase vorn, auch wenn er in den ersten beiden Partien jeweils ausgewechselt wurde. Seine Kontrahenten haben beim 0:1 gegen Kamerun den Druck allerdings auch nicht wirklich erhöht.

Die insgesamt souveräne Vorrunde ließ zudem Zeit, eine flammende Verteidigungsrede für Neymar anzustimmen. "Die argentinischen Fans behandeln Messi wie einen Gott. Die portugiesischen Fans behandeln Ronaldo wie einen König. Die brasilianischen Fans jubeln, wenn sich Neymar das Bein bricht", postete Raphinha in seiner Insta-Story. So kann man sich die Gunst des Superstars natürlich auch sichern.

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Andreas Christensen (Dänemark)

Für die Dänen, von einigen Experten gar als Geheimfavorit gehandelt, war das Turnier in Katar eine krachende Enttäuschung. Nur ein Punkt aus drei Spielen - und nur ein Tor. Das erzielte Christensen mit einem wuchtigen Kopfball nach einer Ecke gegen Frankreich.

Der Innenverteidiger spielte alle drei Partien durch und zeigte solide Leistungen. Er wird sich in der Rückrunde darauf konzentrieren, einen Stammplatz in Barcelona zu erobern. Dort kam er in der Hinrunde, auch aufgrund von Verletzungen, auf gerade mal zwölf Einsätze.

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Ronald Araújo (Uruguay)

Ein Adduktorenabriss setzte den Innenverteidiger seit Ende September außer Gefecht. Dennoch entschied sich Trainer Diego Alonso dafür, den 23-Jährigen mitzunehmen. Schon bei der Nominierung machten Medienberichte die Runde, wonach Araújo erst in der K.o.-Phase zur Verfügung stehen würde, und so stand er dann auch in keinem der drei Gruppenspiele im Kader. Das dürfte Barça, das laut AS eine verfrühte Rückkehr des Abwehrspielers gefürchtet hatte, ganz recht gewesen sein.