"Ich bin nicht auf Bestellung fröhlich"

Jörg Schmadtke ist seit Juli 2013 Geschäftsführer Sport beim 1. FC Köln
© imago

Jörg Schmadtke ist seit Sommer 2013 Geschäftsführer Sport beim 1. FC Köln, der kurz vor Saisonende gute Chancen besitzt, in die 1. Bundesliga aufzusteigen. Im Interview spricht Schmadtke über seine Karrierestationen bei Alemannia Aachen und Hannover 96, seinen Charakter und die Besonderheiten des Scouting.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Schmadtke, Sie sind rund drei Jahre nach Ihrem Karriereende als Spieler Sportdirektor bei Alemannia Aachen geworden - und auf diesen Job durch eine Anzeige im "Kicker" aufmerksam geworden. Wie kam's?

Jörg Schmadtke: Ich hatte gerade meinen Fußballlehrer in der Tasche und mich auf Positionen als Verbandssportlehrer beworben. Die Alemannia hatte zwei Stellen ausgeschrieben: Geschäftsführer und Sportdirektor. Ich habe mir das genauer angeschaut und dachte: Sportdirektor könnte vielleicht passen. Und da ich sowieso dabei war, Bewerbungen zu verschicken, habe ich einfach eine mehr geschrieben.

SPOX: Sie haben sich in der kurzen Zeit zwischen Karriereende und dem Start in Aachen auch als Torwart- und Co-Trainer versucht. Wieso dann doch der Weg ins Management?

Schmadtke: Mich haben schon immer alle Facetten interessiert. Klar, als Spieler wollte ich Trainer werden, aber in den Jahren nach der Karriere war ich nie nur auf diesen einen Job fixiert. Als die Möglichkeit bestand, sich als Sportdirektor zu bewerben, dachte ich mir, dass ich daran auch Spaß haben könnte. Was daraus werden würde, war damals ja noch nicht abzusehen.

SPOX: Wenn Sie gewusst hätten, dass Sie seitdem nirgends hochklassig Cheftrainer wurden, hätten Sie dann die Trainerausbildung erst gar nicht gemacht?

Schmadtke: Doch. Die Ausbildung hilft mir schon. Mir ging es darum, allumfassend im Sport ausgebildet zu sein. Es gibt ja keine klassische Manager-Ausbildung.

SPOX: Auf welchen Erfahrungsschatz haben Sie sich anfangs im Management stützen können?

Schmadtke: Das lief vor allem über eigene Beobachtungen und die Erfahrung als Spieler. Man läuft ja auch nicht ganz blind durch die Welt.

SPOX: Das reicht?

Schmadtke: Für den einen wird's reichen, für den anderen nicht (lacht).

SPOX: Und bei Ihnen hat's gereicht?

Schmadtke: Als ich in Aachen anfing, habe ich gesagt, dass es möglich ist, dass ich das Ganze nicht sehr lange mache, weil ich nicht sicher bin, ob es funktioniert. Dann habe ich einen echten Crashkurs als Vereinsfunktionär bekommen. Etwa eine Woche nach meinem Amtsantritt saß ich bereits im Notpräsidium, da das Präsidium zurücktreten musste. Diese Zeit war für mich unglaublich lehrreich, ich habe dort Vereins- und Verbandsstrukturen von der Pike auf kennen gelernt. Das war die beste Schule nach dem Motto: Rein ins Wasser und guck' mal, wie du schwimmst - aber tauche nicht zu lange!

SPOX: Die sieben sehr erfolgreichen Jahre in Aachen gingen etwas unschön zu Ende. Nachdem Sie in einem TV-Interview öffentlich machten, Ihren Vertrag nicht mehr zu verlängern, beurlaubte man Sie noch am selben Abend. Was haben Sie in dieser letzten Phase, die von vielen Unstimmigkeiten mit den Gremien geprägt war, über die Machenschaften auf dieser Ebene eines Vereins gelernt?

Schmadtke: Man lernt immer mal wieder Menschen kennen, die glauben Dinge beurteilen zu können, die sie eigentlich nicht beurteilen können. Es geht dabei teilweise nicht um fachliche oder sachliche Diskussionen, sondern um Eitelkeiten. Insgesamt gesehen war das Ende in Aachen aber auch ein Fehler. Ich hätte mich gar nicht auf neue Vertragsgespräche einlassen dürfen.

SPOX: Inwiefern?

Schmadtke: Es war für beide Seiten schon nach dem ersten Sondierungsgespräch klar, dass der Vertrag nicht verlängert wird.

SPOX: Wieso haben Sie nicht weitergemacht?

Schmadtke: Es hat einfach nicht mehr gepasst, ich will das nach all den Jahren nicht breit treten. Es ist in meinen Augen kein Verbrechen, einen Vertrag auch mal auslaufen zu lassen.

SPOX: Im Nachhinein hieß es unter anderem aus dem Verein, man habe aufgrund der Erfolge mit der Alemannia Ihre Psyche und Eigenarten akzeptiert. Halten Sie es grundsätzlich für möglich, dass sich manche an Ihren Sichtweisen auch stoßen können?

Schmadtke: Warum nicht? Das ist ja relativ normal. Ich habe es dort auch nicht jedem einfach gemacht, das gebe ich zu.

SPOX: Können Sie das bitte konkretisieren?

Schmadtke: Ich habe meine Meinung immer relativ klar vertreten und auch manchen Leuten deutlich gemacht, dass sie sich über andere Dinge auslassen sollen, von denen sie auch etwas verstehen. Was dieses Zitat betrifft: Letztlich muss man die Psyche von anderen immer ertragen, das gilt für alle Seiten. Sonst würde man es sich sehr schwer machen.

SPOX: Sie sind gebürtiger Düsseldorfer. Das Klischee über die Rheinländer definiert diese als Frohnaturen. Bei Ihnen heißt es dagegen häufiger: Komischer Kauz, distanzierter Kerl. Wann sind Sie denn ausgelassen?

Schmadtke: Ich lache gern. Die Karnevalszeit hier in Köln habe ich beispielsweise sehr genossen, weil sie mich an meine frühe Jugendlichkeit erinnert hat. Ich bin aber nicht auf Bestellung fröhlich, sondern wenn ich dazu Lust habe. Wenn eine Party nicht so richtig läuft, dann ruft man mich also besser nicht an, um die Stimmung zu retten (lacht). Ich komme aber gerne vorbei und habe dann meinen Spaß.

SPOX: Auch in Hannover arbeiteten Sie sehr erfolgreich. 2012 haben Sie dann mit dem Verein eine elfwöchige Auszeit vereinbart und diese mit privaten Gründen erklärt. Wie lange haben Sie denn mit sich gerungen, bis die Entscheidung zu dieser Pause gefallen war?

Schmadtke: Das hat schon eine ganze Weile gedauert, so etwas passiert ja nicht in fünf Minuten. Ich brauchte Zeit für andere Dinge, die ich zu regeln hatte.

Seite 1: Schmadtke über das Aus in Aachen und Fröhlichkeit auf Bestellung

Seite 2: Schmadtke über seine Zeit bei 96 und die Besonderheiten des Scouting

Artikel und Videos zum Thema