BVB: Das ist Abwehrtalent Nnamdi Collins aus der U17 von Borussia Dortmund

Abwehrtalent Nnamdi Collins hat seinen Vertrag beim BVB bis 2023 verlängert.
© imago images

Er lehnte für den BVB angeblich ein Millionen-Handgeld aus England ab und soll nur eine Zehntelsekunde langsamer sein als Pierre-Emerick Aubameyang: Borussia Dortmund hat vergangene Woche den Vertrag mit Nnamdi Collins aus der U17 verlängert. Wer ist dieser talentierte Innenverteidiger?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vielleicht hatte es mit der im Vergleich zu gewöhnlichen Zeiten überschaubaren Nachrichtenlage zu tun, die derzeit rund um einen Verein wie Borussia Dortmund herrscht. Ungewöhnlich war es in jedem Fall, dass der BVB am vergangenen Freitag per Pressemitteilung die Vertragsverlängerung eines im Januar 16 Jahre alt gewordenen Nachwuchsspielers publik machte. Gerade wenn man bedenkt, dass in der Vergangenheit schon so manche Verletzung eines Dortmunder Profis beinahe beiläufig und ohne genaue Diagnose mitgeteilt wurde.

In diesem Fall lag es natürlich auch am positiven Charakter der Verkündung. Nnamdi Collins wurde da als eines "der Toptalente Deutschlands" bezeichnet. Nachwuchskoordinator Lars Ricken war "sehr glücklich" und jubilierte, dass ein "herausragendes Talent des deutschen Nachwuchsfußballs" seine Unterschrift unter einen bis 2023 gültigen Vertrag gesetzt habe.

Die nackten Fakten spucken zu Collins, ein Innenverteidiger mit deutsch-nigerianischen Wurzeln, folgendes aus: Im Sommer 2016 wechselte der damals 12-Jährige aus der Düsseldorfer in die Dortmunder Jugend und wurde dort vom offensiven Mittelfeldspieler und Stürmer zum Abwehrmann umgeschult. Mit 1,89 Metern bringt er dafür ein für sein Alter erstaunliches Gardemaß mit.

Nnamdi Collins vom BVB: Ab 2021 bei den Profis?

"Wir hatten in der U15 das vorentscheidende Meisterschaftsspiel gegen Schalke", erinnert sich Trainer Marco Lehmann, unter dem Collins zwei Jahre lang Stammspieler in der U14 und U15 war, im Gespräch mit SPOX und Goal. "Nnamdi lieferte sich ein intensives Duell mit Schalkes Semin Kojic, es krachte auf beiden Seiten. Als wir nach einem tollen Sieg in die Kabine kamen, sagte ich zu ihm: 'Nnamdi, was für ein Duell.' Da grinste er und meinte: 'Ich liebe es, gegen die Besten zu spielen. Das hat endlich wieder richtig Spaß gemacht.' Spätestens da wussten alle im Verein, dass er die U16 überspringen muss."

Das geschah im vergangenen Sommer. Für Dortmunds derzeit zweitplatzierte U17 stand Collins, der mit 15 bereits zum Kapitän der deutschen U16-Nationalmannschaft ernannt wurde, in allen 21 Bundesligaspielen auf dem Platz. Vier Tore sowie eine Vorlage bezeugen, dass diese Leistungsstufe für ihn die richtige darstellt.

In der nächsten Saison, wann immer sie beginnen möge, wird Collins in der dann von Mike Tullberg geleiteten U19 auflaufen. Anfang März trainierte der Abwehrspieler erstmals unter Lucien Favre mit, nach Informationen der Bild wird er ab Sommer 2021 - zu diesem Zeitpunkt geht der neue Vertrag in einen Profikontrakt über - sogar fest zu den Profis stoßen.

Collins wurde auch von Chelsea und ManCity umworben

"Mein Ziel ist es, beim BVB Profi zu werden und irgendwann vor der 'Süd' spielen zu können", zitierte ihn der BVB. Sportdirektor Michael Zorc ergänzte: "Wir wollen Nnamdi Schritt für Schritt an den Profibereich heranführen und ihm Zeit geben, sich zu entwickeln."

Dass Collins, dessen Vorname aus dem Nigerianischen kommt und so viel wie "mein Gott ist anwesend" oder auch "König" heißen soll, in den bisherigen vier Jahren in Dortmund eine herausragende Entwicklung nahm und mit beständig guten Leistungen besticht, ist auch ausländischen Scouts nicht verborgen geblieben. Der FC Chelsea, Manchester City und Juventus Turin waren angeblich an ihm interessiert. City soll mit zwei Millionen Euro Handgeld gelockt haben, die Blues boten die Hälfte.

Der hartnäckigste Bewerber scheint Chelsea gewesen zu sein, die Londoner beobachteten Collins drei Jahre lang. "Er ist sehr erwachsen mit der Situation umgegangen", sagt sein aktueller Cheftrainer Sebastian Geppert zu SPOX und Goal. "Wir haben viel miteinander gesprochen und uns ausgetauscht. Letztlich war es seine Entscheidung. Wir freuen uns sehr, dass er sich für uns und eine gemeinsame Zukunft entschieden hat."

Nnamdi Collins und sein beachtliches Tempo

Collins Ex-Coach Lehmann vermag nicht einzuschätzen, wie vorstellbar ein Wechsel ins Ausland für Collins gewesen ist. "Seine Mama und Nnamdi sagten mir vor ein paar Tagen, dass Dortmund sein Verein und es sein Traum ist, es bei uns zu den Profis zu schaffen. So habe ich es auch immer wahrgenommen."

Was Collins als Spieler auszeichnet, ist neben Physis und Zweikampfführung vor allem sein beachtliches Tempo. In 0,89 Sekunden soll er die ersten fünf Meter hinter sich bringen, nach 30 Metern stoppte die Uhr dem Vernehmen nach bei 3,8 Sekunden - damit wäre Collins nur eine Zehntelsekunde langsamer als Dortmunds Ex-Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang.

Patrick Fritsch war früher ebenfalls Innenverteidiger und gehörte vor fünf Jahren noch zu den vielversprechendsten BVB-Talenten. Mit 19 Jahren musste er seine Karriere jedoch verletzungsbedingt beenden. Nun arbeitet er im U17-Trainerteam von Geppert und sagt zu SPOX und Goal: "Nnamdis Schnelligkeit ist seine größte Waffe. In Kombination mit seiner guten Technik verfügt er über eine außergewöhnliche Spielweise. Er ist eigentlich nicht der klassische Innenverteidiger, da er trotz seiner Größe auch ein richtig guter Fußballer ist."

BVB-Talent Collins: "Diese Kombination ist nicht allzu häufig zu finden"

Diesem Eindruck stimmt auch Lehmann zu und veranschaulicht das an einem Beispiel: "Ich glaube, dass Nnamdi bei uns in den zwei Jahren maximal zehn lange Bälle gespielt hat. Er hat für sich den Anspruch, jede Spielsituation spielerisch beziehungsweise über das Andribbeln zu lösen. Durch sein Timing und das Tempo beim Andribbeln löst er ganz viele Situationen mit Leichtigkeit."

Für Geppert bringt Collins neben den fußballerischen Fähigkeiten auch sehr gute Voraussetzungen im athletischen Bereich mit: "Diese Kombination ist sicherlich nicht allzu häufig zu finden."

Lehmann hebt weitere Stärken in Offensive wie Defensive hervor: "Sehr ausgeprägt ist die Lust auf eine intensive Zweikampfführung und direkte Duelle. In der Luft war er ebenfalls aufgrund seiner Größe und seinem Timing kaum zu bezwingen - egal ob Offensiv- oder Defensivkopfballspiel. Ich kann mich noch gut an einige Einheiten am Kopfballpendel erinnern. Die Wucht und wie genau er den Ball getroffen hat, waren für sein Alter speziell in der U15 außergewöhnlich. Eine zusätzliche Stärke war es bei uns dazu, dass er sich immer wieder vorne eingeschaltet hat und auf einmal mit oder ohne Ball im gegnerischen Sechzehner aufgetaucht ist."

Nnamdi Collins ist Kapitän der deutschen U16-Nationalelf.
© getty
Nnamdi Collins ist Kapitän der deutschen U16-Nationalelf.

Für Nnamdi Collins ist nun vor allem Geduld gefragt

Seine Wegbegleiter attestieren dem allein wegen seiner Größe auffälligen Collins eine positive Ausstrahlung, mit Spaß und Freude gehe er seiner Arbeit nach. "Nnamdi hat immer ein Grinsen im Gesicht und ist definitiv total auf dem Boden geblieben. Darauf legt auch sein Elternhaus höchsten Wert", sagt Lehmann.

Es dürfte unbestritten sein, dass Collins die notwendigen Anlagen und auch den speziellen Ehrgeiz für das Profigeschäft besitzt. Wie bei vielen Spielern an der Pforte zum Seniorenbereich ist gerade jetzt Geduld gefragt - erst Recht, wenn man als Innenverteidiger oben anklopft. Einen jungen, unbedarften Spieler wirft auf dieser Position kaum ein Trainer so einfach ins kalte Wasser. Dazu veranschaulicht beispielsweise Dan-Axel Zagadou aus dem BVB-Profikader ganz gut, wie schwer es selbst als hochdekorierter Jugendspieler ist, sich zu Beginn ganz oben festzubeißen.

"Er hat sich in der letzten Zeit sehr gut und vor allem schnell entwickelt. Er kann Vorgaben schnell umsetzen und ins Spiel transportieren", sagt Geppert. "Sicherlich sind noch Details mit und gegen den Ball zu optimieren. Ziel wird es sein zu lernen, in verschiedenen Momenten schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen."

Ex-Trainer Lehmann: "Genießt im Klub die allergrößte Wertschätzung"

Die Verantwortlichen der Borussia haben Collins mit den sportlichen Begleiterscheinungen des neuen Vertrags nun glänzende Perspektiven geboten, um den schwierigen Übergang nach oben zu bewältigen. Nur den wenigsten gelingt er auch. Im 17-jährigen Giovanni Reyna kann Collins im eigenen Verein auf das aktuellste der zahlreichen leuchtenden Beispiele blicken.

"Ich denke, dass Nnamdi weiß, dass seine Entwicklung noch lange nicht zu Ende ist. Zudem fühlt er sich bei uns sehr wohl und genießt im Klub die allergrößte Wertschätzung aus allen Bereichen. Mehr geht doch gar nicht", sagt Lehmann. Für den Moment hat er da augenscheinlich vollkommen Recht.

Nnamdi Collins vom BVB im Steckbrief

Geburtsdatum (Alter)10.1.2004 (16)
Geburtsort/NationalitätDüsseldorf
Größe1,89 Meter
PositionInnenverteidiger
Länderspiele/Tore1/0 für Deutschlands U16
Aktueller VereinBorussia Dortmund U17
Ehemalige Vereine (u.a.)Fortuna Düsseldorf
Artikel und Videos zum Thema