FC Bayern München - Kapitänin Lina Magull im Interview: "Wäre schön, wenn die Verantwortlichen uns regelmäßiger besuchen würden"

Von Justin Kraft
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Muss sich der DFB ankreiden lassen, dass er in den letzten Jahren zu wenig gemacht hat, um die Lücke zu anderen Nationen zu verkleinern?

Magull: Da der DFB für die Frauen-Bundesliga verantwortlich ist, sind sie natürlich in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass das alles einen positiveren Verlauf nimmt. Ich weiß aber auch, dass die Bemühungen beim Verband groß sind. Letztlich zählen dann jedoch die Fakten. Und die Fakten sind leider nicht so positiv, wie wir uns das alle vorgestellt haben. Es ist eben ein schwieriges Business und dann braucht man die Verantwortlichen, die die großen Schritte einleiten. Da bringt es wenig, Dinge öffentlich anzusprechen, aber intern bestimmte Prozesse nicht anzustoßen. Zumal der Fokus immer noch auf dem Männerbereich liegt und wir da nicht gleichwertig behandelt werden. Corona hat uns ebenfalls nicht so in die Karten gespielt, dass der DFB jetzt Vollgas geben könnte.

Aber wäre es nicht gerade jetzt, wo sich in anderen Ländern so viel getan hat, eine gute Chance für den DFB gewesen, mutiger zu sein?

Magull: Das wäre natürlich wünschenswert gewesen, aber ich weiß nicht, woran es genau liegt. Wir kriegen auch nur mit, dass es in anderen Ländern gut funktioniert, weil man investiert, weil man Bock auf den Frauenfußball hat und weil man sieht, dass es sich lohnt. Ich weiß nicht, warum das in Deutschland immer noch so ein Problem ist. Wir Spielerinnen geben uns die größte Mühe, wir entwickeln uns immer weiter und deswegen verstehe ich nicht, warum man da nicht komplett hinter uns steht, das Thema richtig angeht und nicht nur darüber redet.

Bianca Rech sagte im Februar, dass fast alle Spielerinnen mal in England spielen wollen. Ist dieser Gedanke bei Ihnen auch im Hinterkopf?

Magull: Natürlich ist das ein Gedanke, mal eine internationale Erfahrung zu sammeln. Das ist für einen persönlich bestimmt eine schöne Lebenserfahrung. Es wäre auch interessant zu sehen, wie es im Ausland so läuft und ob wirklich alles so toll ist, wie es nach außen hin dargestellt wird. Ich bin mir schon bewusst, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. In Deutschland bin ich zudem auch unabhängig vom Fußball sehr glücklich. Ich sehe das Land und gerade die Stadt München als lebenswert an und ich bin in einem Top-Verein, der noch viele Potentiale hat. Wir haben hier internationale Spielerinnen, was für uns spricht, weil wir über Deutschland hinaus interessant sind. Aber trotzdem habe ich mir immer mal wieder meine Gedanken gemacht, ins Ausland zu gehen. England war da im Gespräch, aber das Land als solches reizt mich nicht so sehr wie beispielsweise ein südländisches Land. Ich versuche, zu schauen, was für mein Leben insgesamt am besten ist. Mir ist es aber wichtig zu betonen, dass ich es in Deutschland sehr mag und ich hoffe, dass sich der Frauenfußball hier steigern wird.

Mit den Bayern-Frauen feierte Lina Magull 2021 die Deutsche Meisterschaft.
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Mit den Bayern-Frauen feierte Lina Magull 2021 die Deutsche Meisterschaft.

Am 12. März spielen die Bayern in Hoffenheim - sowohl die Frauen als auch die Männer. Die Frauen um 13.00 Uhr, die Herren um 15.30 Uhr. Zweieinhalb Stunden sind in der Regel zu wenig, um als Fan entspannt die Stadien zu wechseln. Wie nehmen Sie die Debatte um Anstoßzeiten wahr?

Magull: Das ist auch ein Thema, das wir mit dem DFB regelmäßig heiß diskutieren. Unser Trainerteam ist ebenfalls mit den aktuellen Anstoßzeiten nicht zufrieden. Ich weiß nicht genau, woran das liegt, wahrscheinlich aber an den öffentlich-rechtlichen Sendern, die uns wegen der Einschaltquoten keine besseren Anstoßzeiten ermöglichen wollen. Aber genau das ist ja das Problem. Man muss einfach mal ein wenig mutiger sein, damit sich das mehr Leute anschauen oder ins Stadion kommen können. Fans, die sich für Männer- und Frauenfußball interessieren, wird es oft nicht leicht gemacht, sich beide Spiele vor Ort anzuschauen.

Einfluss hätte da sicher auch der DFB. Am 11. März wird der neue Präsident gewählt. Die Kandidaten Peter Peters und Bernd Neuendorf haben bisher wenig Inhalte zum Frauenfußball durchblicken lassen. Blicken Sie besorgt in die Zukunft?

Magull: In dem Thema bin ich jetzt nicht ganz so drin, weil ich mich mit den beiden noch nicht persönlich unterhalten und öffentlich noch nichts von ihnen zum Frauenfußball gehört habe. Meine Hoffnung lag da eigentlich auf dem damaligen Präsidenten Fritz Keller, weil ich ihn aus Freiburg noch ganz gut kannte. Er hat sich immer sehr positiv zum Frauenfußball geäußert. Ich hoffe aber trotzdem, dass, egal wer es jetzt wird, insgesamt nochmal mehr darauf hingewiesen wird, wie wichtig der Frauenfußball ist. Es wäre gut, wenn derjenige die Wahl gewinnt, der alles im Blick hat und nicht nur den Männerfußball. Da geht es dann auch um die Jugendnationalmannschaften. Aber da kann ich nicht beurteilen, wer die bessere Wahl wäre.