Die Reaktion blieb aus: Nebendarsteller Niklas Süle hat beim BVB eine maßlos enttäuschende Saison gespielt

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Im Sommer erhielt Niklas Süle bei Borussia Dortmund ein großes Lob, seitdem jedoch viel Tadel. Der Innenverteidiger hat eine schlechte Saison absolviert und ist beim BVB zu einem Nebendarsteller verkommen.

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Es besteht kein Zweifel, für eine der spektakulärsten Szenen des Spieljahres von Borussia Dortmund sorgte Niklas Süle. Seine Grätsche auf der Linie gegen Kylian Mbappés Schuss im Heimspiel der Champions-League-Gruppenphase, die ein eigentlich sicheres Gegentor verhinderte, hat sich einen festen Platz in den Highlight-Clips zur Saison in der Königsklasse redlich verdient.

Wobei: Ein Spiel steht in diesem Wettbewerb ja noch aus, die theoretische Chance auf eine noch mehr Aufsehen erregende Aktion ist für Süle also gegeben. Denn er nimmt mit dem BVB am 1. Juni am Finale teil. Einen Anteil jedoch hatte der Innenverteidiger am unglaublichen Lauf der Schwarz-Gelben bis nach Wembley fast nicht.

Was sich im Saisonverlauf schon früh ankündigte und mit jedem Monat stärkere Konturen annahm, ist jetzt Gewissheit: Süle hat eine maßlos enttäuschende Spielzeit absolviert. Dortmunds dritter Kapitän genießt innerhalb der Mannschaft zwar eine große Wertschätzung. Marius Wolf bezeichnet Süle als seinen "besten Freund", Niclas Füllkrug schwärmte von dessen Bewegungstalent beim Tanzen.

Allerdings ist Süles Stellenwert für das Team deutlich gesunken. Zentral in der Viererkette hat sich das Pärchen Nico Schlotterbeck und Mats Hummels durchgesetzt, in den wichtigen Partien der Saison saß Süle draußen.

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BVB: Niklas Süle auf Trainingsbildern mit Bäuchlein

Seine Statistiken sprechen Bände: Obwohl Süle keine langwierige Verletzung erlitt und nur fünf Pflichtspiele krankheitsbedingt nicht zur Verfügung stand, haben ganze 13 Spieler mehr Partien absolviert als er. In neun Bundesligabegegnungen saß er 90 Minuten auf der Bank, darunter die wichtigen Rückrundenspiele gegen Frankfurt, Bayern, Stuttgart und Leipzig. In der CL wechselte Trainer Edin Terzic den 28-Jährigen viermal nicht ein. Im Viertelfinale gegen Atlético und beim Hinspiel gegen Paris bekam Süle keine einzige Minute.

Ob daran vor allem sein Fitnesszustand schuld ist, lässt sich nicht bis zum Letzten ergründen. In der vergangenen Woche wurden Bilder von Süle beim Training geschossen, die ihn mit gespanntem Langarmshirt und einem kleinen Bäuchlein zeigten. Sie machten nicht den Eindruck, als sei Süle darauf nur unvorteilhaft getroffen worden.

"Natürlich belastet ihn das, aber ich merke auch, dass er gewillt ist, daran zu arbeiten", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl im Januar über dieses Dauer-Thema bei Süle. Kurz zuvor hatte der Abwehrmann einen weiteren Denkzettel erhalten, als ihn Terzic beim Jahresauftakt in Darmstadt 88 Minuten lang auf der Bank ließ, obwohl Hummels kurzfristig erkrankt ausfiel. Für Süle verteidigte Mittelfeldspieler Emre Can.

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Niklas Süle: Im Sommer Lob, im Winter Tadel vom BVB

Ein paar Monate zuvor, kurz nach dem Start in die Saisonvorbereitung, hatte sich Kehl noch lobend über Süles Moral im Sommerurlaub geäußert. Er habe "deutlich mehr gemacht als alle anderen", sagte Kehl - doch als die Saison losging, erteilte ihm Terzic dennoch nur viermal bis zum Winter das Mandat für die Startelf.

Das gipfelte darin, dass Kehl nach der Jahreswende deutliche Worte an Süle richtete. Er tat dies in der Öffentlichkeit, was in Dortmund eigentlich unüblich ist. Das lässt sich jedoch durchaus als Beleg dafür deuten, wie sehr man beim BVB mit Süles Vorstellungen hadert. "Edin war nicht 100 Prozent zufrieden, auch nicht im Trainingslager. Wir hatten uns in den letzten Monaten mehr erhofft. Niklas kann mehr. Er muss jetzt Gas geben - und das erwarte ich von ihm in den nächsten Monaten", sagte Kehl damals.

Die Reaktion blieb aus. Süle ist nur noch Mitläufer, wenngleich er meist solide Leistungen bringt, sobald er ins Spiel kommt. Wie weit weg er derzeit aber von einem gesunden Spielrhythmus und der nötigen Wettkampfhärte ist, zeigte der pomadige Auftritt zuletzt in Mainz.

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Niklas Süle: Nebendarsteller bei BVB und DFB

Dass Süle einen veritablen Abstieg in dieser Saison hinlegte, zeigt sich auch am Verzicht von Julian Nagelsmann. Noch im Oktober sprach der Bundestrainer von Süle als Spieler, "den wir auf Sicht stark einschätzen". Nagelsmann ging noch weiter: "Wir können auf ihn nicht verzichten, weil er einer der besten Spieler auf der Position in der Bundesliga ist."

Nun ließ Nagelsmann Süle gänzlich aus dem EM-Kader heraus, schon nach seiner Nicht-Nominierung zu den Länderspielen im März war für den Innenverteidiger die Messe praktisch gelesen. "Er muss an seine maximale Leistung herankommen und den Anspruch haben, in Dortmund absoluter Stammspieler zu sein. Ob rechts oder innen, ist zweitrangig. Nicht nur mitzulaufen, sondern eine tragende Rolle zu spielen", forderte Nagelsmann.

So wird Süle nicht nur die Europameisterschaft verpassen, auch im Champions-League-Finale muss er Schlotterbeck und Hummels von der Bank aus zusehen. Zwei Highlights, in denen der als Transfercoup gefeierte und als Führungsspieler verpflichtete Süle allenfalls Nebendarsteller ist. Im Vorjahr stand er noch in 34 von 41 Pflichtspielen in der Anfangsformation, nun kommt er nur noch auf 20 von 31.

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BVB: Wie geht es mit Niklas Süle in Dortmund weiter?

Es wundert also nicht, dass zuletzt Gerüchte auftauchten, wonach der BVB einem seiner Top-Verdiener keine Steine in den Weg legen würde, sollte Süle den Verein wechseln wollen oder für ihn ein gut dotiertes Angebot hereinflattern. Man sei bei der Borussia sehr unzufrieden mit Süles Einstellung und Professionalität. Die Aufnahmen der vergangenen Woche passen dazu ins Bild.

Kehl beschwichtigte bereits: "Wir haben in diese Richtung keine Gespräche geführt, das ist jetzt kein Thema. Wir sind heilfroh, mit Mats Hummels, Nico Schlotterbeck und Niklas Süle drei richtig starke Innenverteidiger zu haben. Niklas hat nicht die Spielzeit bekommen, wie er sich das erhofft und erwünscht, aber es liegt an ihm, Gas zu geben. Immer, wenn er gebraucht war, war er da für uns. So wird er ein wichtiger Bestandteil werden."

Etwas anderes, als dem Spieler den Rücken zu stärken und auf einen nächsten Anlauf zur Besserung zu hoffen, bleibt den BVB-Verantwortlichen wohl auch kaum übrig. Schließlich ist mehr als fraglich, ob Süle überhaupt vermittelbar wäre. Ihm fehlt die Spielpraxis, er hat nur selten wirklich überzeugt, verdient viel Geld und besitzt noch einen Vertrag bis 2026. Das Spektrum an Klubs, die sich an eine solche Personalie heranwagen, dürfte mikroskopisch klein sein.

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Marco Reus: Die Statistiken seiner Karriere beim BVB

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