FC Bayern München gewinnt bei Paris Saint-Germain: Das ist auch Nagelsmanns Sieg

Hasan Salihamidzic (v.l.) und Julian Nagelsmann
© imago images

Der 1:0-Erfolg im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Paris Saint-Germain hat dem FC Bayern München eine gute Ausgangslage für das Rückspiel verschafft - und Trainer Julian Nagelsmann etwas Ruhe. Es ist auch sein Sieg.

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Der ausgestreckte Arm reichte von der PSG-Fankurve Auteuil fast über die gesamte Gegengerade bis knapp vor den Auswärtsblock der mitgereisten Münchner Fans. Dort wuchs aus dem Arm eine Faust, die das Logo des FC Bayern München zerschlug. Als wäre all der Trubel der vergangenen Wochen um den verpatzten Rückrundenstart und Manuel Neuer nicht schon genug, richteten die PSG-Fans mit dieser imposanten Choreographie also auch noch eine martialische Drohung an Julian Nagelsmanns Mannschaft.

Auf dem Spielfeld war von einer angeblichen PSG-Faust bis zur wilden Schlussphase aber lange nichts zu sehen. Letztlich setzte sich der FC Bayern dank Kingsley Comans Treffer verdientermaßen mit 1:0 durch und erarbeitete sich somit eine hervorragende Ausgangslage für das Rückspiel in drei Wochen. Es ist nicht nur ein Sieg des FC Bayern, es ist auch ein Sieg Julian Nagelsmanns - den er mit einem Weiterkommen aber selbstverständlich noch veredeln muss.

Für Nagelsmann stellt das Aufeinandertreffen mit der Star-Auswahl von PSG nach über eineinhalb Jahren als Trainer in München das erste richtig große K.o.-Duell dar. Im DFB-Pokal gab es noch kein Finale oder Spiel gegen den wichtigsten nationalen Rivalen Borussia Dortmund, in der Champions League ging es in der vergangenen K.o.-Phase lediglich gegen Red Bull Salzburg und den FC Villarreal.

Dass der FC Bayern aufgrund einer laschen Vorstellung gegen den spanischen Außenseiter sogar scheiterte, hängt Nagelsmann bis heute nach. Nationale Titel reichen beim FC Bayern längst nicht mehr aus, der Klub definiert sich über die Champions League. Er definiert sich über Siege gegen Klubs wie PSG.

FC Bayern: Der Druck auf Nagelsmann war groß

Weil Nagelsmanns Mannschaft zuletzt sogar in der Bundesliga strauchelte und in der Tabelle aktuell nur einen Punkt vor Union Berlin rangiert, bekam das PSG-Spiel eine noch größere Bedeutung. Der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn betonte, "dass der FC Bayern international erfolgreich sein muss". Bisweilen wurde gar spekuliert, dass ein Ausscheiden samt Verlust der Tabellenführung zu Nagelsmanns baldigem Aus beim FC Bayern führen könnte.

Der Druck war gewaltig und Nagelsmann hielt ihm stand. Schon im Vorfeld setzte er die richtigen Zeichen. Statt den mauen 3:0-Sieg gegen den VfL Bochum schönzureden, betonte er: "Wenn wir gegen Paris so spielen, haben wir keine Chance." Offenbar erreichte Nagelsmann mit seinen Worten die Mannschaft, denn in Paris trat sie hinsichtlich ihrer Körpersprache wie ausgewechselt auf. Dominant, mutig, aggressiv, spielfreudig.

Julian Nagelsmann bewies bei der Aufstellung Mut

Mutig zeigte sich auch Nagelsmann selbst - und wurde dafür belohnt. Im bis dato wichtigsten Spiel der Saison verzichtete er auf Identifikationsfigur Thomas Müller und setzte auf die zuvor erst zweimal getestete Dreierkette. Fehlte in der ersten Halbzeit trotz guter Spielanlage noch die nötige Zielstrebigkeit, änderte sich das nach der Pause. Ausgerechnet der von Nagelsmann kurz zuvor eingewechselte Alphonso Davies bereitete Comans Siegtor vor. Somit sorgten die beiden im 3-4-2-1-System so wichtigen Außenbahnspieler für die Entscheidung.

Beachtlich war auch, wie gut der FC Bayern die - zugegebenermaßen erschreckend passiven - Lionel Messi und Neymar über weite Strecken des Spiels unter Kontrolle hielt. Gefährlich wurde es erst nach der Einwechslung von Kylian Mbappé, aber dann waren Yann Sommer und der VAR zur Stelle. Es wäre illusorisch zu erwarten, Stars dieses Kalibers über die volle Spielzeit auszuschalten. Zumal die Münchner ebenfalls gute Chancen auf eine höhere Führung hatten. Die Expected Goals sprachen mit 1,41 zu 0,83 für den FC Bayern.

FC Bayern: Pavards Platzverweis als einziges Ärgernis

"Heute hat man sehr gut gesehen, dass Mannschaft und Trainer harmonieren", lobte Sportvorstand Hasan Salihamidzic. "Die Mannschaft hat genau das umgesetzt, was der Trainer ihr auf den Weg mitgegeben hat." Gleichzeitig beklagte Salihamidzic, dass die Unruhe vor dem Spiel "von außen reingetragen" und Nagelsmann "ständig infrage gestellt" worden sei. Damit dürfte es zumindest vorerst vorbei sein.

Das einzige echte Ärgernis des Spiels: Benjamin Pavards Gelb-Rote Karte kurz vor Schluss, weshalb Nagelsmann seine Startelf im Rückspiel auf jeden Fall umbauen muss. Das hat sich der Trainer gewissermaßen selbst zuzuschreiben. Nagelsmann hätte den Gelb-vorbelasteten Franzosen frühzeitig auswechseln können, erachtete seinen Einfluss auf das Spiel aber als zu wichtig. Ob Pavards sehr stabilem Auftritt war diese Entscheidung sogar durchaus verständlich und wäre beinahe gutgegangen.

Nagelsmann hat nun drei Wochen Zeit, um sich für das Rückspiel einen Alternativplan ohne Pavard zu überlegen. Mbappé gilt es dann zudem wohl von Beginn an zu verteidigen. Der Sieg in Paris beschert Nagelsmann jedenfalls etwas Ruhe, aber die hält beim FC Bayern bekanntlich ohnehin nur bis zur nächsten Niederlage an. Am Samstag gastiert die Mannschaft bei Angstgegner Borussia Mönchengladbach, am Sonntag darauf geht es gegen den schärfsten Verfolger Union.

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