Sadio Manés verkorkste Saison beim FC Bayern München: Wie konnte es nur so weit kommen?

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Mit der körperlichen Attacke gegen Mitspieler Leroy Sané ist Sadio Mané zehn Monate nach seiner gefeierten Verpflichtung beim FC Bayern München am Tiefpunkt angekommen, der Klub suspendierte ihn dafür für ein Spiel und belegte ihn mit einer Geldstrafe. Wie konnte es nur so weit kommen? Die Geschichte von einem Traumeinstand, Unterwürfigkeiten, Abseitsstellungen, Positionswechseln, einer Verletzung und den Vorboten des Eklats.

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Es waren aus heutiger Sicht fast schon prophetische Worte, die der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, Oliver Kahn, bei der Vorstellungs-Pressekonferenz von Sadio Mané vor zehn Monaten sprach. "Ich habe ja schon gesagt, wir brauchen frisches Blut", verkündete Kahn damals und begründete die Verpflichtung des Superstars vom FC Liverpool auch damit, dass man "neue Reizpunkte innerhalb des Kaders setzen" wolle.

Nun ja, frisches Blut und neue Reizpunkte bekam der FC Bayern mit der Mané-Verpflichtung tatsächlich - aber anders als gedacht. Nach der 0:3-Pleite gegen Manchester City im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League soll Mané seinen Mitspieler Leroy Sané im Zuge eines Disputs über eine vergebene Torchance die Lippe blutig geschlagen haben. Es war der vorläufige Tiefpunkt eines bisher großen Missverständnisses.

Im vergangenen Sommer erschien Manés Verpflichtung noch als womöglich größter Coup der Klubgeschichte. Sportvorstand Hasan Salihamidzic pries ihn zurecht als "Weltstar" an. Erstmals in seiner ruhmreichen Historie verpflichtete der FC Bayern einen Stammspieler von einem europäischen Topklub in der Blüte seiner Schaffenskraft. 32 Millionen Euro Ablöse kostete Mané, der mit einem kolportierten Brutto-Jahresgehalt von 22 Millionen Euro zum Top-Verdiener aufstieg.

Kurz darauf stieg Mané auch noch auf den Zaun des Frankfurter Waldstadions: Vor dem Auswärtsblock feierte er mit Megaphon in der Hand einen perfekten Einstand beim FC Bayern. Wie schon beim Supercup-Triumph gegen RB Leipzig hatte Mané auch beim Bundesliga-Auftakt gegen Eintracht Frankfurt getroffen und gesiegt. Gegen den VfL Bochum ließ er einen Doppelpack folgen. Der FC Bayern und Mané wirkten "schockverliebt", so würde es Thomas Tuchel zumindest ausdrücken. Nach den ersten Küssen wurde es aber schnell kompliziert und nie mehr so wunderbar wie damals.

Sadio Mané: Eine Verletzung verhinderte die WM-Teilnahme

Schon bei den darauffolgenden Spielen baute Mané stark ab, bedingt auch durch einen Systemwechsel von Trainer Julian Nagelsmann. Konnte sich Mané im zunächst praktizierten 4-2-2-2-System mit einer zweiten Sturmspitze an vorderster Front abwechseln, wirkte er als Solospitze im neuen 4-2-3-1 zumeist verloren.

Bald fragte man sich, welche Rolle die Bosse und Trainer Nagelsmann für Mané eigentlich vorgesehen hatten. Sollte er tatsächlich den abgewanderten Torjäger Robert Lewandowski ersetzen? War das der Plan, so galt er schnell als gescheitert. Nach Genesung des zunächst verletzten Stürmers Eric Maxim Choupo-Moting kam Mané im Herbst hauptsächlich auf seiner angestammten Position als Linksaußen zum Einsatz.

Dort sammelte er zwar regelmäßig Scorerpunkte und zeigte zumeist solide bis gute Leistungen, von seiner aus Liverpool gewohnten Galaform war er aber weit entfernt. Den unaufhaltsamen Zug zum Tor, die quirligen Dribblings, die öffnenden Sprints - all das ließ er weitestgehend vermissen. Stattdessen stand Mané gerne im Abseits herum. Im Schnitt sogar öfter als jeder andere Spieler in Europas Top-Ligen, wie findige Statistiker ausrechneten.

Und dann verletzte er sich Anfang November beim vorletzten Hinrundenspiel am sogenannten Wadenbeinköpfchen. Eine Tragödie war das vor allem für Mané persönlich, der dadurch die WM mit der senegalesischen Nationalmannschaft verpasste. Nach über dreimonatiger Verletzungspause feierte er erst Ende Februar sein Comeback, sucht seitdem aber nach seiner Form, nach seiner Position auf dem Platz und in der Mannschaft generell.

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Sadio Mané befindet sich seit seiner Genesung im Formtief

Zuletzt pendelte Mané zwischen Bank und Startelf, bei neun Einsätzen in diesem Jahr gelang ihm nur ein Assist. In Nagelsmanns neuem Dreierketten-System kam er wieder vorwiegend als Mittelstürmer zum Einsatz, wahlweise alleine oder mit einem Nebenmann - obwohl der Trainer unumwunden zugab, dass sich Mane "auf dem linken Flügel ein bisschen wohler fühlt, zentral nicht so". Bei Nagelsmanns letztem Spiel gegen Bayer Leverkusen wechselte ihn der Trainer bereits zur Halbzeit nach lediglich acht Ballkontakten aus.

Nachfolger Tuchel stellte sich direkt vor seinen "sensiblen" Schützling: "Es gibt keinerlei Zweifel an seiner Qualität. Es geht um Vertrauen und Geduld, damit er zurück in den Flow kommen kann." Kahn mutmaßte unterdessen etwas überraschend, dass Mané Schwierigkeiten mit der "Qualität" des Konkurrenzkampfes in München habe: "Das kennt er so nicht. Das war er auch bei Liverpool nicht gewöhnt."

In den bisherigen vier Pflichtspielen unter Tuchel stand Mané nur einmal in der Startelf, ebenfalls als Solospitze. Beim Aus im DFB-Pokal gegen den SC Freiburg kam er von der Bank und verschuldete den Freistoß, der letztlich zum spielentscheidenden Elfmeter führte. Wann er denn endlich seine Form finde, wurde Mané anschließend gefragt. "Bald, ich verspreche es euch", antwortete er.

Sadio Mané trat zunächst "einen Tick zu unterwürfig" auf

Womöglich noch bedenklicher als seine sportliche Formkrise ist seine Entwicklung abseits des Scheinwerferlichts. Als Weltstar verpflichtet, wurde Mané intern eigentlich eine Führungsrolle zugedacht. Vergangenen Sommer galt er sogar als Kandidat für den Mannschaftsrat, die Nachfolge des abgewanderten Lewandowski übernahm in diesem Gremium aber letztlich Leon Goretzka.

Trotz seiner unbestrittenen Qualitäten und seiner Titel-reichen Karriere, trotz seiner damals bereits 30 Jahre präsentierte sich Mané beim FC Bayern zunächst überraschend zurückhaltend. "Er kann mehr Vertrauen in seine Führungsfähigkeiten haben. Er darf gerne noch selbstbewusster und positiv arroganter auftreten", sagte Nagelsmann im Herbst und bescheinigte Mané, "einen Tick zu unterwürfig" zu sein.

In den vergangenen Wochen verschwand diese Unterwürfigkeit - aber nicht so wie erhofft. Zuletzt mehrten sich Berichte, wonach Mané als Einzelgänger auftrete und nicht so richtig in die Mannschaft integriert sei. Außerdem herrsche Verwunderung über seine Trainingsleistungen und seinen Fitnesszustand.

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Sadio Mané: Auseinandersetzungen mit Nagelsmann und Sané

Die SportBild vermeldete, dass es nach dem Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Paris Saint-Germain (2:0) zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Mané und Nagelsmann gekommen sei. Demnach beschwerte sich Mané über zu geringe Spielzeiten und seine vermeintlich zu späte Einwechslung. Eine waschechte Eskalation sei gerade noch so verhindert worden.

Die folgte dann aber nach der darauffolgenden Champions-League-Partie gegen Manchester City am Dienstag, als Mané erneut spät eingewechselt wurde. Seine Wut entlud sich diesmal nicht am Trainer, sondern an Mitspieler Leroy Sané. Der Klub suspendierte ihn dafür für das anstehende Bundesligaspiel gegen die TSG Hoffenheim und belegte ihn mit einer in der Höhe nicht genannten Geldstrafe.

Es war nicht der erste krasse Fehltritt in seiner Vita. Im Sommer 2014 blieb Mané im Vorfeld des wichtigen Champions-League-Qualifiktionssspiel seines damaligen Klubs RB Salzburg gegen Malmö FF unentschuldigt dem Training fern, mutmaßlich um einen Wechsel zu erzwingen. Trainer Adi Hütter suspendierte Mané, Salzburg scheiterte - und Mané wechselte letztlich zum FC Southampton.

FC Bayern München vs. BVB: Das Restprogramm in der Bundesliga

SpieltagBVBFC Bayern
28VfB Stuttgart (A)TSG Hoffenheim (H)
29Eintracht Frankfurt (H)Mainz 05 (A)
30VfL Bochum (A)Hertha BSC (H)
31VfL Wolfsburg (H)Werder Bremen (A)
32Borussia M'Gladbach (H)Schalke 04 (H)
33FC Augsburg (A)RB Leipzig (H)
34Mainz 05 (H)1. FC Köln (A)
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