Fast größer als der Verein! Kommentar zum Ende der Ära Christian Streich beim SC Freiburg

Ganz klar - auch im Fall von Christian Streich, der zum Saisonende nach dann 29 Jahren beim SC Freiburg aufhören wird, gilt: Niemand ist größer als der Verein! Doch der 58-Jährige war während seiner Ära aus diversen Gründen sehr nah dran.

Streich durchlebte mit dem Sport-Club mit Ausnahme eines Titelgewinns die gesamte Palette fußballerischer Emotionen: Unter ihm stieg Freiburg ab und auf, man qualifizierte sich für den Europapokal und erreichte das DFB-Pokalfinale. Streichs Amtszeit im Breisgau, zwölf Jahre lang trainierte er die Profis, markierte einen gesunden Gegenpol zu den Entwicklungen des Fußballs der Gegenwart.

Ihm gelang es mit seinen teils jahrelangen Mitstreitern auf Funktionärsebene, mit denen er trotz gelegentlicher Kontroversen eine unter dem Strich fruchtbare Zusammenarbeit pflegte und die eine große Rolle für den gemeinsamen Erfolg spielten, die vermeintlichen Spielregeln des modernen Fußballs auszuhebeln. Gewiss, auch am Standort Freiburg werden längst Millionengehälter gezahlt und große (Ablöse-)Summen bewegt, doch das Geld war nie der Motor für die sportliche Entwicklung, die der SCF unter Streich nahm.

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Christian Streich: Legende in Freiburg auch ohne Titelgewinn

Der Coach und sein Verein schafften es vielmehr, mit gezielter strategischer Arbeit, der dazu nötigen Ruhe, Kontinuität und Geduld, einen immer prominenteren Platz im Konzert der Großen einzunehmen. Dieser Platz kann angesichts des Standortes, aber vor allem aufgrund der von den Verantwortlichen nie zugelassenen Hektik, die im viel zitierten Tagesgeschäft normal scheint, als eine Nische innerhalb des Konstrukts Profifußball beschrieben werden. In ganz vielen Vereinen in Deutschland ist der SCF zum Vorbild geworden.

Freiburg legte unter Streich keineswegs ein rasantes, aber ein organisches Wachstum hin, das auf mehreren Säulen fußte. Streich schaffte es stets, Talente zu entwickeln und den eigenen Nachwuchs zu fördern. Er ebnete dutzenden Spielern den schweren Übergang vom Junioren- in den Seniorenbereich - auch, weil die Wege zwischen diesen beiden "Welten" beim SCF stets kurz geblieben sind. Dazu fanden sich die meisten der externen Zukäufe oft schnell in Streichs Kosmos zurecht, da Scouting, sportliche Führung und Cheftrainer bei der Akquise in eine Richtung arbeiteten.

Mit dieser Herangehensweise hat Streich bewiesen, dass auch heute noch mit bodenständiger, konzeptioneller Arbeit Erfolg gedeihen kann, ohne sich als Verein dabei finanziell verausgaben zu müssen. Allein dadurch ist er in Freiburg, teils auch weit darüber hinaus, zu einer Legende geworden - obwohl er eben keinen Titel mit dem Klub gewann.

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Christian Streich ist der Prototyp des "The Normal One"

Dies ist eng verbunden mit Streichs glaubhaftem Charakter. Nie duckte er sich vor von anderen womöglich als unangenehm empfundenen gesellschaftspolitischen Themen weg. Dabei wählte er markige, aber stets unmissverständliche Worte, aus denen Botschaften wurden, die in der ganzen Republik gehört wurden. Dieser Mann hat einen klaren Wertekompass und vermittelt ihn eben nicht nur seinen Spielern. Das weckte Sympathien, war und ist aber auch ungemein wichtig.

Streich blieb als Typ stets am Boden, seine Menschlichkeit machte ihn in der Fußballwelt zum Prototyp des von Jürgen Klopp einst geprägten Ausdrucks "The Normal One". Dies ist umso erstaunlicher, da er am Spielfeldrand oftmals wie ein Besessener auftrat.

Streich hat nun auch sein häufiger schon formuliertes Ziel erreicht: Den selbstbestimmten Abgang aus einem schnelllebigen und bisweilen harten Geschäft zu schaffen. Auch dies ist eine Leistung, die höchste Anerkennung verdient - da sie mittlerweile ebenso selten ist wie die Ära, die er in Freiburg prägte.

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