BVB und FC Bayern: Wie realistisch ist der Ruf nach einem Local Player für die Profis noch?

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Internationaler Marktwertvergleich: "Zu große Diskrepanz"

"Wenn man sich im europäischen Kontext mit zahlreichen deutlich finanzstärkeren Klubs bewegt, braucht es Strategien, um konkurrenzfähig zu bleiben", erklärt Ricken. "Eine davon ist, punktuell diese top-talentierten und auch ausländischen Nachwuchsspieler für den BVB zu begeistern. Dabei ist uns aber ganz wichtig, keinen riesigen Pool davon anzuhäufen. Wenn wir einen Spieler aus dem Ausland nach Dortmund holen, dann hat er ein außergewöhnliches Talent und das absolute Potential, sich hier durchzusetzen - siehe Pulisic, Bruun Larsen oder Reyna."

Wolf trainierte in Dortmund unter anderem den Jahrgang 1998. Dazu gehören beispielsweise Pulisic und Bruun Larsen, aber auch aktuelle Profis wie Felix Passlack, Orel Mangala (Stuttgart), Dzenis Burnic (Heidenheim), Amos Pieper (Bielefeld) oder Janni Serra (Kiel). Heute spielen sie Champions League, Bundesliga oder in der 2. Liga, die Bandbreite ist also groß. Eine echte Verstärkung für die eigenen Profis und durch seinen 64-Millionen-Transfer zum FC Chelsea auch ein finanzieller Erfolg war jedoch nur Pulisic, den man 2015 aus den USA in die U17 holte.

"Insgesamt können und müssen wir mit Blick auf die vergangenen Jahre im deutschen Nachwuchs zulegen, damit die Spieler auf einem noch höheren Level herauskommen und noch einen Tick stärker werden", sagt Wolf zum internationalen Wettstreit, dem sich deutsche Talente ausgesetzt sehen. "Wenn man die Marktwerte von deutschen U21-Spielern mit denen von französischen oder spanischen vergleicht, dann ist dort eine zu große Diskrepanz."

Sowohl Ricken als auch Sauer betonen in dieser Hinsicht die generelle Durchlässigkeit in ihren Nachwuchsteams, die natürlich weiterhin zu Großteilen aus deutschen Spielern bestehen. Mehr als 85 Prozent der Spieler einer Jugendmannschaft rücken nach Sauers Angaben in die nächste hoch. "Das stellt sicher, dass wir viele selbst ausgebildete Spieler in unseren Teams weiterentwickeln."

Regelmäßige Spielzeit bei BVB und FCB ein seltenes Gut

Die erbitterte Konkurrenzsituation innerhalb der beiden ersten Mannschaften verhindert aber in Fällen, die keine Ausnahmeerscheinungen wie aktuell Youssoufa Moukoko oder Musiala darstellen, ein Exempel wie jenes des vergleichsweise geringer talentierten Schmelzer vor knapp 13 Jahren.

"Deswegen ist es bei einem Verein wie dem FC Bayern schon schwieriger, sich als Talent zu etablieren und regelmäßig Spielzeit zu bekommen", sagt Sauer. Ricken pflichtet bei: "Qualität und Erwartungshaltung sind im Profibereich beim BVB extrem hoch. Wir haben große Ziele und entsprechende Qualität in unserem Kader. Umso besser müssen wir im Jugendbereich ausbilden, damit Spieler von dort ganz oben eine Chance haben können, um regelmäßig zu spielen."

Gewiss ein nobles Ziel, schließlich ist der Übergangsbereich vom Junioren- in den Seniorenfußball seit jeher besonders sensibel. "Der Übergang an sich ist so schwer, weil beispielsweise die defensive Qualität im Profi- überhaupt nicht mit der im Nachwuchsbereich zu vergleichen ist", sagt Wolf. "Das heißt, die Spieler haben große Probleme, mit ihren Lösungen noch durchzukommen, da dort viel mehr wegverteidigt werden kann. Das sind echte Hürden, die man überwinden muss."

Darum ist der Übergang zu den Profis so schwer

Auch die Faktoren Glück und Timing spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Nicht nur, aber besonders Müller profitierte beim FCB im richtigen Moment von einem Trainer wie Louis van Gaal, der ein Faible für junge Talente hatte und sich nicht scheute, sie frühzeitig einzusetzen. Müller war zu diesem Zeitpunkt gesund, sein Talent deckte viele der bei den Profis benötigten Facetten ab und er konnte sofort liefern - zum damaligen Zeitpunkt allesamt wichtige Knackpunkte für seine weitere Förderung.

Verlässt man einmal den Local-Player-Gedanken, ist die Quote an Spielern, die in München wie in Dortmund (siehe die genannten Beispiele oben) in den Profibereich gebracht werden, durchaus beträchtlich - beim BVB über die vergangenen Jahre gesehen sogar noch etwas bemerkenswerter als bei Bayern. "Vielleicht ist der normalere Weg eben der, über die U19 zu gehen, womöglich noch ein, zwei Jahre in der U23 zu spielen und dann erst in den Profibereich zu kommen. Doch wie immer ist auch in diesen Fällen von allen Seiten ein Stück Geduld gefragt", sagt Ricken.

Zwar bleibe es an beiden Standorten das Hauptaugenmerk, Spieler in jedem Jahr für die eigene Profimannschaft zu entwickeln. Gelingt das nicht im ersten Schritt oder überhaupt nicht, bleibe es laut Sauer die "klare Zielsetzung", dass ein "hoher Anteil unserer Spieler im Leistungsbereich am Ende des Tages mit Fußball den Lebensunterhalt verdienen" können soll.

Ein Blick auf das gesamte BVB-Trainingszentrum in Dortmunder Stadtteil Brackel.
© IMAGO / Hans Blossey
Ein Blick auf das gesamte BVB-Trainingszentrum in Dortmunder Stadtteil Brackel.

Quintessenz: "Am Ende entscheidet nur die Qualität"

In den Jahrgängen 1996 bis 2003 sind das beim FCB "etwa sieben Spieler und 25 Prozent pro Jahrgang", sagt Sauer, der durch den Aufstieg der U23 in die 3. Liga mit einem Anstieg dieser Zahlen rechnet. Auch gehe seit der Eröffnung des FC Bayern Campus der Trend in der zweiten Mannschaft mehr Richtung Heimatspieler, was nicht unbedingt absehbar war, da man sich zuvor doch immer mal wieder bei anderen Bundesligisten bediente.

Wie realistisch ist unter Berücksichtigung dieser zweifelsfrei komplexen Gemengelage nun also der Ruf nach einem leistungsstarken Local Player in der Profimannschaft von Bayern und Dortmund? Die Einschätzungen der drei Verantwortlichen gehen in ein und dieselbe Richtung.

Sauers eingangs erwähnte Auswertung zeige, "dass es heute nicht unrealistischer ist wie vor zum Beispiel 20 Jahren". Auch Ricken beziffert die Chance für den einzelnen Spieler "als schon sehr hoch". Die Quintessenz, gleichermaßen eine Banalität, liefert Wolf: "Es kommt immer darauf an, wie gut er ist. Am Ende entscheidet nur die Qualität."

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