"Ich war komplett überfordert"

Nihad Djedovic traf Kobe Bryant im Audi Dome
© Instagram: Nihad Djedovic
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SPOX: Kurios: Ihr kleiner Bruder Nedim, der von einigen Experten sogar als talentierter eingestuft wird, wechselte vor einem halben Jahr zum FC Barcelona. Haben Sie dem heute 18-Jährigen dazu geraten?

Djedovic: Bei ihm ist die Ausgangslage etwas anders: Als ich nach Spanien ging, kam damals die gesamte Familie mit und blieb dort wohnen. Daher wächst Nedim in Spanien auf, seit er zehn Jahre alt ist, und kennt das Land und beherrscht die Sprache. Er hat sich die letzten Jahre Schritt für Schritt verbessert, ist einer der besten Perspektivspieler in Spanien und durfte bei der Preseason von Barcelonas Profikader teilnehmen. In seiner Generation gibt es kaum jemanden, der besser ist. Von daher hoffen wir alle, dass es die richtige Entscheidung war.

SPOX: Was für ein Spielertyp ist Nedim?

Djedovic: Er spielt meine Position, Shooting Guard/Small Forward. Aber er ist ein bisschen größer. Gerade dürfte er so bei 2,02-2,03 Meter sein und er wird bestimmt noch auf 2,05-2,06 Meter wachsen. Vom Spielerischen zeichnet er sich vor allem durch sein Teamplay und seine Vielseitigkeit aus: Es gibt nichts, was er nicht kann. Beim Scoren allerdings hat er nicht den gleichen Killerinstinkt wie ich. Ich will anders als er immer punkten. (lacht)

SPOX: Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic sagte im SPOX-Interview Anfang 2015: "Nihad ist für mich einer der, wenn nicht der athletischste Spieler auf den Außenpositionen. Ich kenne keinen, der mit dem Ball in der Hand schneller und effektiver ist als er." Zugleich kritisierte er die fehlende Konstanz, vor allem in der Verteidigung. Ist Ihre Scoring-Mentalität womöglich zu sehr ausgeprägt?

Djedovic: Grundsätzlich ist es nicht einfach, an beiden Enden des Courts konstant zu sein, wenn offensiv so viel von einem erwartet wird. Man besitzt automatisch weniger Energie in der Verteidigung. Trotzdem ist klar: Ich muss das besser ausbalancieren. Ich glaube nicht, dass das ein größeres Problem sein wird. Es ist vor allem eine Frage der mentalen Einstellung. Und mit Svetislav Pesic habe ich den richtigen Coach an der Seite, der schon viele junge Spieler in dem Punkt weiterentwickelt hat. Ich bin ja erst 25, da muss noch Potenzial nach oben sein.

SPOX: Marko Pesic sagt auch: "Vom Potenzial her ist Nihad einer der besten Verteidiger der Liga." Stimmen Sie ihm zu?

Djedovic: Ja.

SPOX: Dennoch macht es ihnen mehr Spaß zu punkten?

Djedovic: Das ist normal, oder nicht? Jedem Basketballer macht es mehr Spaß, einen Korb zu erzielen, als einen zu verhindern. Es gibt nichts Schöneres als dieses Gefühl, wenn der Ball reingeht. Wobei sich heutzutage kein Spieler durchsetzt, der nur offensivstark ist und sich aufs Scoren verlässt. Um es nach ganz oben zu schaffen, muss man verteidigen, ohne Wenn und Aber.

SPOX: Was bedeutet "nach ganz oben schaffen" für Sie? Die NBA?

Djedovic: Es ist der Traum eines jeden europäischen Spielers, es wenigstens einmal in der NBA zu versuchen. Da geht es mir nicht anders. Natürlich gibt es in dem Moment andere Prioritäten: Ich will mich als Spieler weiterverbessern und mit den Bayern Trophäen gewinnen. Doch wenn mal irgendwann in der Zukunft alles passen sollte und sich Optionen ergeben: Wieso nicht NBA? Am Ende der Karriere würde ich mir ungern vorwerfen lassen, dass ich es nicht einmal versucht habe, wenn es die Gelegenheit dazu gab.

SPOX: Im Sommer 2014 waren Sie zumindest plötzlich nah dran an einer NBA-Legende: Es gibt ein Foto mit Ihnen und Kobe Bryant im Audi Dome. Wie kam es dazu?

Djedovic: Er war wegen einer Behandlung in München und wollte offenbar ein bisschen trainieren, daher kam er wie Kenneth Faried in den Audi Dome. Ich wusste überhaupt nichts davon, ging in die Halle - und plötzlich stand Kobe vor mir! KOBE BRYANT! Für mich ist er die gleiche Kategorie wie Michael Jordan, er ist einer der Besten aller Zeiten. Ihn nur zu treffen, kurz Smalltalk zu führen und ein gemeinsames Foto zu schießen, werde ich in meinem Leben nicht vergessen. Ehrlich gesagt war ich in dem Moment komplett überfordert. Das muss man erst einmal verarbeiten, so ohne Vorwarnung einen Kobe Bryant zu treffen. (lacht)

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