Ziemlich beste Feinde

Nico Rosberg (r.) und Lewis Hamilton beim gemeinsamen Feiern
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Belgien-GP:

Rosberg kommt mit mächtiger Wut aus der Sommerpause. In Ungarn hatte das Team Hamilton angewiesen, er solle den eigenen Teamkollegen vorbeilassen. Während Rosberg geduldig wartete, dachte sein WM-Konkurrent nicht im geringsten daran, Platz zu machen. Er wusste, dass dem Deutschen noch ein Stopp fehlt. Er wusste, dass er mit ihm um Platz drei kämpft.

Was in Spa folgte, ist die logische Konsequenz. Das Fass ist mittlerweile zum Bersten gefüllt. Die harten Manöver von Hamilton in Bahrain, die Ausnutzung von besseren und gleichzeitig fordernden Motorprogrammen durch beide Piloten, das Parkmanöver von Monaco, die verweigerte Teamorder in Budapest. Es brodelt.

Rosberg ist wild entschlossen, nicht mehr klein beizugeben. Und er setzt es in die Tat um. Als Hamilton Les Combes von innen anbremst, setzt er sich außen daneben. Doch es ist nicht weit genug. Während Hamilton ihn im toten Winkel nicht sehen kann und auf der Ideallinie bleibt, schlitzt ihm Rosberg mit dem Frontflügel den linken Hinterreifen auf.

Der unvermeidbare Eklat

Der Eklat ist da. Statt eines Doppelsiegs für Mercedes steht neben Hamiltons Ausfall nur ein Zweiter Platz zu Buche. Das teaminterne Klima schlägt komplett um. Niki Lauda hatte eine "Harakiri-Aktion" gesehen, "inakzeptabel" ist das am häufigsten ausgesprochene Wort der Mercedes-Führung.

Einen Fehler zugeben will niemand. "Die Sportkommissare sahen das als normalen Rennunfall. So sehe ich es auch", verteidigt sich Rosberg: "Ich akzeptiere, dass man über den Unfall unterschiedlicher Meinung sein kann. Solange sie nicht polemisch eingefärbt ist." Rumms.

"Er hat im Grunde gesagt, er hat es mit Absicht gemacht hat. Er sagte, er hätte es vermeiden können. Er sagte: 'Ich habe es gemacht, um etwas zu beweisen'. Ich war baff, als ich im Meeting zugehört habe. Er kam einfach da rein und sagte, dass das alles mein Fehler wäre", plaudert Hamilton im Anschluss Interna aus der teaminternen Aufarbeitung aus. Doppel-Rumms.

Rosberg hatte seine Ankündigung wahr gemacht. Viele hatten ihm vorgeworfen, er ziehe in den entscheidenden Momenten immer zurück, er sei kein echter Racer, der um jeden Preis gewinnen wolle. Mehr Egoismus forderte selbst sein Renningenieur aus Formel-BMW-Zeiten, Peter Sieber beim "Motorsport Magazin".

Das Rennen in der SPOX-Analyse

Mit Ecken und Kanten

Doch die erreichte Weiterentwicklung kommt nicht gut an. Das Upgrade des netten, fairen Sportsmanns erzeugt Reibung. Die Fans pfeifen bei der Siegerehrung, Motorsportchef Wolff droht mit Konsequenzen. Auch bei der Teamführung glühen die Drähte unter Vollast. Von Montreal bis Monza gab es binnen sechs Rennwochenenden drei Krisensitzungen, auch Aussprachen genannt.

Es ist Zeit, die Reißleine zu ziehen. "Sollte es zu einer Situation kommen, bei der man ganz klar sagen kann, dass einer beiden Fahrer einen Unfall produziert hat, würde das heißen, dass unser System gescheitert wäre, beide frei fahren zu lassen. Dann würden wir intervenieren und die Sache langweiliger machen", hatte Wolff schon in Monaco angekündigt. Nach Spa ist es soweit.

Rosberg entschuldigt sich in der Folgewoche öffentlich per Pressemitteilung für seinen Überholversuch, mit dem er bei Hamilton etwas ausgelöst hat. Der Engländer zieht das Momentum binnen kürzester Zeit auf seine Seite, fährt allen um die Ohren.

Seite 1: Ein erstes Ausrufezeichen in Bahrain

Seite 2: In Monaco brennt der Baum

Seite 3: Hamilton und der Heimsieg

Seite 4: Rosbergs Versuch in Belgien etwas zu beweisen

Seite 5: Monza und die endgültige Wende

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