Bernd Leno hat erneut erklärt, warum er in der vergangenen Länderspielpause Bundestrainer Julian Nagelsmann trotz einer Einladung absagte. Für den Torhüter des FC Fulham sei einzig und allein die Perspektive ausschlaggebend.
"Ich habe Julian Nagelsmann offen und ehrlich gesagt, dass ich mich nicht als Nummer 3 ohne Aussicht auf Spiele sehe. Ich habe großen Respekt vor ihm und finde, dass er ein sehr guter Nationaltrainer ist. Daher ist es mir wichtig, ihm auch ehrlich gegenüberzutreten“, erläuterte Leno im Interview mit der Sport Bild seine Sicht der Dinge.
Er selbst habe allerdings sowohl Nagelsmann als auch Torwarttrainer Andreas Kronenberg versichert, bei Not am Mann zur Stelle zu sein. "Ich glaube, dass meine Entscheidung respektiert wurde, wenn natürlich auch niemand darüber begeistert war. Ich habe aber nicht aus Emotionen heraus gehandelt: Ich hatte mir viele Gedanken gemacht, in welcher Konstellation ich dabei sein will, wie ich mich persönlich sehe."
Die anschließende Reaktion von Julian Nagelsmann, der darüber gesprochen hatte, dass die Tür für Leno durch die Absage "sicher nicht weiter auf" gegangen sein, könne der 32-Jährige ebenfalls nachvollziehen. "Ich bin Julian Nagelsmann dankbar, dass er meine Meinung auf menschlicher Ebene akzeptiert hat. Seine Aussagen fand ich total nachvollziehbar und korrekt. Und ich würde selbst die Tür auch nie zumachen. Wer weiß, was passiert? Ich empfinde es immer noch als große Ehre, für mein Heimatland zu spielen. Aber laut dem Coaching-Team sind die anderen beiden (Alexander Nübel und Oliver Baumann; Anm.d.Red.) eben im Moment vor mir."
Insgesamt sei ihm die ganze Aufruhr um ihn selbst aber "unangenehm" gewesen. So wären auch in England einige Mitspieler und Journalisten auf die Sache aufmerksam geworden und hätten Leno darauf angesprochen. "Das höre ich hier andauernd, dass ich in England die Nummer 1 wäre. Teamkollegen sagen mir das, Leute aus dem Trainerteam, dem ganzen Staff. Ich bin aber stolz, ein deutscher Nationalspieler zu sein."
Nagelsmann über Leno: "Forderungen gestellt, die ich nicht erfüllen konnte"
Leno hatte im Vorfeld der Länderspielpause die Teilnahme an den Nations-League-Partien der Gruppe A3 abgesagt. Der Grund: "Sie haben mir gesagt, dass ich dabei wäre, aber kein Spiel bekomme. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, in London zu trainieren. Julian weiß, dass ich natürlich immer da bin, wenn sie mich brauchen und ich dem Team wirklich weiterhelfen kann. Ich bin mit mittlerweile 32 Jahren kein Newcomer mehr, habe nie Ansprüche hinter Manuel und Marc gestellt, sondern immer abgeliefert und nie Sprüche geklopft", meinte Leno.
Nagelsmann hatte keine andere Wahl, als die Entscheidung zu akzeptieren. "Am Ende lebe ich mit der Erklärung von Bernd. Es ist relativ simpel, er hat Forderungen gestellt in dem Gespräch, die ich nicht erfüllen konnte. Deswegen hat er von mir eine sehr interessante Perspektive aufgezeigt gekriegt, die nicht in der Kurzfristigkeit liegt, sondern in der Mittelfristigkeit."
Joshua Kimmich äußerte im Anschluss Kritik an Lenos Entscheidung, worüber der Fulham-Keeper sich ein wenig verwundert zeigte. "Als ich es gelesen habe, war ich schon kurz überrascht. Im O-Ton klang es aber weniger schlimm. Zudem hat er etwas Witziges gesagt: Er meinte, man solle 'immer stolz sein, für die Nationalmannschaft zu spielen.' Ich habe nie was anderes gesagt und bin mehr als stolz."
Nach Lenos Absage nominierte Nagelsmann neben Nübel und Baumann überraschend Janis Blaswich von RB Salzburg. Leno absolvierte in der laufenden Saison bislang neun Pflichtspiele für Fulham, einmal blieb er dabei ohne Gegentor.
Leno gehört mit seinen 32 Jahren zu den erfahreneren Spielern. Obwohl er bereits 2016 für das DFB-Team debütierte - bei einem Freundschaftsspiel gegen die Slowakei -, steht der 1,90-Meter-Mann nur bei neun Länderspielen für Deutschland. Sein bislang letzter Einsatz liegt drei Jahre zurück (WM-Qualifikationsspiel gegen Liechtenstein).
Leno steht seit 2022 bei Fulham unter Vertrag. Beim Londoner Klub ist er unangefochtener Stammspieler. Am 19. November geht es für ihn in der Liga gegen Aston Villa weiter.