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NFL - Denver Broncos: Sean Paytons ambitionierter Start mit Hindernissen

Von Marcus Blumberg
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Es herrscht Aufbruchstimmung bei den Denver Broncos: Mit dem neuen Head Coach Sean Payton kommt frischer Wind in die Mile High City. Doch schon früh im Training Camp taten sich erste Unwägbarkeiten auf - teils sogar selbstverschuldet.

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Noch bevor das Training Camp der Denver Broncos Fahrt aufnahm, sorgte der neue Head Coach Sean Payton mit einem Interview bei USA Today für ligaweites Aufsehen: Darin überfuhr er förmlich seinen Vorgänger Nathaniel Hackett und nannte dessen Arbeit einen "der schlechtesten Coaching-Jobs in der Geschichte der NFL".

Das hatte gesessen, zumal er auch den immer noch amtierenden General Manager George Paton aus seiner Generalkritik nicht herausnahm: "Es war die Schuld der Eltern, die das erlaubt haben. Das ist kein Angriff gegen ihn, sondern gegen den Head Coach, den General Manager, den Teampräsidenten und alle anderen, die es hingenommen haben."

Zum einen nahm Payton damit die Schuld vom Team und lenkte sie zielgerichtet auf Entscheidungsträger, die teilweise gar nicht mehr da sind. Zum anderen aber stellte er damit auch klar, dass er von nun an die Richtung vorgibt - und dementsprechend alles in seiner Verantwortung liegt. Was auch logisch ist, schließlich soll Payton pro Jahr fast rund 18 Millionen Dollar verdienen. Seine Verpflichtung war den Broncos obendrein mehrere Draft Picks wert, die im Gegenzug zu den New Orleans Saints wanderten.

Dass er mit den Aussagen gegen den "Code" verstoßen hat, wonach Coaches nicht gegen ihre Vorgänger nachtreten: geschenkt. Da konnten sich Hackett, mittlerweile Offensive Coordinator der Jets, und sein Schützling Aaron Rodgers noch so sehr über Paytons Aussagen echauffieren - Payton juckt das wenig. Immerhin: Gegenüber Reportern erklärte er wenig später, dass er wohl noch seinen FOX-Hut aufgehabt hatte - er arbeitete im vergangenen Jahr im "Ruhestand" als TV-Experte und nahm dort natürlich kein Blatt vor den Mund.

Der Aufbruchstimmung im Broncos-Camp tat dies alles jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil, Payton arbeitet dieser Tage akribisch daran, nicht nur sein Offensiv-Scheme zu installieren, sondern auch seinen Spielstil zu vermitteln. Ein Problem, das er ausgemacht hat: Trägheit und die fehlende Disziplin, vor allem in der Offense. "Was Penalties vor dem Snap anging, lagen sie auf Rang 29", betonte Payton in besagtem Interview.

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NFL: Payton setzt bei Denver Broncos auf "Tempo, Aufstellen, Vertrauen"

Ein Weg, um dieses Problem zu lösen? Strenges Training! Schon beim Aufstellen vor dem Snap hat Payton in den ersten Tagen des Camps häufig Spielzüge abgebrochen, weil sich die Spieler nicht schnell genug an die Line begaben. "Alles ist wichtig. Tempo vor dem Snap, das Aufstellen. Vertrauen ist zudem ein großer Part unserer Offense und wie sie gespielt wird", berichtete Tight End Adam Trautman, der Payton schon aus New Orleans kennt.

Ein Schlüssel wird es sein, das generelle Tempo dieser Offense zu erhöhen, was zu einer echten Herausforderung werden dürfte. Payton gab zu verstehen, dass er Quarterback Russell Wilson immer noch zutraue, in der NFL auf höchstem Niveau zu spielen. Doch wird es Payton auch gelingen, Wilson seine schlechten Gewohnheiten auszutreiben?

Der mittlerweile 34-Jährige hielt den Ball im Vorjahr viel zu lange und brauchte im Schnitt 2,94 Sekunden bis zum Pass. Hinter einer löchrigen Offensive Line versuchte er sich zu oft mit Scrambles zu retten und kassierte schließlich 55 Sacks - die meisten in der NFL und die meisten in seiner Karriere. Zudem kassierte er laut Pro Football Focus bei 27 Prozent der Pressures gegen ihn einen Sack: der höchste Wert der Liga unter Vollzeit-Startern und ebenfalls der schwächste Wert seiner Karriere.

Paytons Idealvorstellung sind schnelle Pässe und Timing-Plays. Also das, was Drew Brees in den letzten Jahren seiner Karriere bei den New Orleans Saints in Perfektion abgeliefert hatte - mit Payton am Ruder. Stand jetzt ist es zumindest fragwürdig, ob Wilson dieses Spiel spielen wird, zumal es komplett gegen seine Tendenzen geht: Über seine gesamte bisherige Karriere hielt er den Ball durchschnittlich mehr als 3 Sekunden bis zum Pass ...

Das ist allerdings nicht das einzige Hindernis für die Broncos dieser Tage. Verletzungsprobleme sind ein weiterer Grund zur Sorge. Mit Tim Patrick hat sich erneut einer der Starting Outside Receiver schwer verletzt - Achillessehnenriss nur rund ein Jahr nach einem Kreuzbandriss. Und bei Slot-Receiver KJ Hamler wurde ein Herzproblem festgestellt, mit dem er vorerst ausfallen wird.

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NFL: Angespannte Situation im Receiving Corps der Denver Broncos

Die Depth Chart des Teams auf Receiver ist damit so weit zusammengeschrumpft, dass nun schon mit Jets-Enttäuschung Denzel Mims als Starter zu rechnen ist. Neben Courtland Sutton und Jerry Jeudy, die man zur Sicherheit in Watte packen sollte.

Immerhin: Die Defense macht schon früh einen guten Eindruck. Was hauptsächlich daran liegt, dass es hier kaum Veränderungen gab. Die meisten Leistungsträger sind zurück, mit Edge Rusher Frank Clark und D-Liner Zach Allen gab es gute Ergänzungen an der Front und das Scheme bleibt unter Defensive Coordinator Vance Joseph das Gleiche wie unter Vorgänger Ejiro Evero. Der ist zu den Panthers abgewandert, nachdem er auf der Suche nach einem neuen Head Coach in Denver übergangen wurde.

Die Offense wird also erneut die große Herausforderung für die Broncos sein, die Defense dürfte erneut eine Herausforderung für die Gegner werden. Insofern kommt es letztlich wohl darauf an, wie schnell sich das Offensivpersonal an Payton und seine Philosophie gewöhnen wird, wenn es darum geht, die eigenen Ziele zu erreichen.

Die da wären? "Ich werde stocksauer sein, wenn dies kein Playoff-Team ist", so Payton. In einer Division mit den Chiefs und den Chargers, die sich nicht verschlechtert respektive nochmal verbessert haben, sind das sportliche Ambitionen. Gerade wenn man bedenkt, dass Denver seit dem Triumph in Super Bowl 50 vor über sieben Jahren nicht mehr an den Playoffs teilgenommen hat.

Denver Broncos: Bilanz seit dem Super-Bowl-Erfolg 2015

SaisonBilanzHead CoachQuarterback
20169-7Gary Kubiak / Joe DeCamillisTrevor Siemian / Paxton Lynch
20175-11Vance JosephTrevor Siemian / Brock Osweiler / Paxton Lynch
20186-10Vance JosephCase Keenum
20197-9Vic FangioJoe Flacco / Drew Lock / Brandon Allen
20205-11Vic FangioDrew Lock / Jeff Driskel / Brett Rypien
20217-10Vic FangioTeddy Bridgewater / Drew Lock
20225-12Nate Hackett / Jerry RosburgRussell Wilson / Brett Rypien

 

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