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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 7 in der NFL

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© getty
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3. Wer ist in der NFC überhaupt gut?

Ich habe lange schon aufgehört zu zählen, wie häufig ich diese Frage in den letzten Wochen gehört habe. Die Liga kommt in diesem Jahr insgesamt so ausgeglichen wie schon lange nicht mehr daher, was maßgeblich daran liegt, dass Offenses aktuell deutlich weniger schlagkräftig sind, sodass wir weniger Touchdowns und mehr enge Spiele erleben. Oder anders formuliert: Ein sehr, sehr breites Mittelfeld, in das man den Großteil der Liga einsortieren könnte.

Während sich in der AFC Teams wie die Bills und die Chiefs zumindest oben absetzen, mit Miami, Cincinnati und Baltimore unter anderem als zweite Gruppe dahinter, ist selbst diese Unterteilung in der NFC schwieriger - und Woche 7 hat das nochmals eindrucksvoll unterstrichen.

Die Philadelphia Eagles haben am ehesten dominante Phasen, aber auch bei den Eagles habe ich noch einige Fragezeichen, allen voran dahingehend, inwieweit sie das Passspiel noch weiterentwickeln können. Das ist nichtsdestotrotz das kompletteste Team in der NFC sowie in meinen Augen das kompletteste Team in der NFL hinter den Bills.

Und dann?

Meine realistische Prognose ist, dass wir ligaweit und ganz besonders in der NFC die ganze Saison über diese Diskussionen führen werden. Ich erwarte nicht, dass sich hier plötzlich ein Team abgesehen von Philadelphia absetzt. Die Seahawks muss man zunehmend ernst nehmen, kaum eine Offense kreiert so viele offensive Big Plays, und das zuletzt sogar mit einigen durchwachseneren Spielen von Geno Smith. Vielleicht überraschen die Giants auch weiter.

Alle Teams, die ich hier aber aufführe, zählten zu den Schwergewichten. Diese Teams hatten vor Saisonstart bei den Buchmachern ein Win-Total von mindestens 9,5 Siegen, abgesehen von San Francisco und Minnesota lagen diese Teams sogar alle bei mindestens 10,5. Gemeinsam mit den Eagles waren es die einzigen NFC-Teams, welche die Buchmacher jenseits der 9-Siege-Marke sahen.

Welches dieser Teams könnte in der zweiten Saisonhälfte einen Run hinlegen und Richtung Playoffs plötzlich doch als gefährlicher Contender daherkommen - und bei wem ist das nach allem, was wir bisher gesehen haben, eher unwahrscheinlich?

Dallas Cowboys (Bilanz: 5-2)

Was spricht dafür? Bei keinem Team in dieser Auswahl bin ich zuversichtlicher - und das, obwohl ich bei keinem dieser Teams vor der Saison skeptischer war. Falsch lag ich vor allem bei der Defense, die sich nochmal variabler präsentiert, ihre Coverages vielseitiger aufstellt, im Pass-Rush sehr schwer ausrechenbar ist und individuell einfach hochkarätig besetzt ist. Das hat Dallas trotz der Prescott-Verletzung über Wasser gehalten - und jetzt ist er zurück.

Was spricht dagegen? Die Cowboys hatten eine Bottom-8-Offense über die ersten sechs Wochen der Saison. Und natürlich, mit Backup-Quarterback muss man alle Maßstäbe entsprechend verändern, aber es war nicht so, als hätte die Offense in Week 1 die Sterne vom Himmel gespielt. Oder in der vergangenen Saison, wenn nicht Amari Cooper, CeeDee Lamb und Michael Gallup alle zur Verfügung standen. Wie gut kann die Offense unter Kellen Moore und mit weniger O-Line- und Receiver-Qualität als letztes Jahr sein?

Prognose: Die Cowboys haben sich von allen Teams dieser Liste bislang am stabilsten präsentiert. Ich denke, dass Dallas die Playoffs erreichen wird und eine echte Chance hat, dort auch ein Spiel zu gewinnen.

Tampa Bay Buccaneers (Bilanz: 3-4)

Was spricht dafür? Tom Brady und die noch immer hohe individuelle Qualität. Die Bucs sind ein Team, das davon lebt, dass die Receiver Eins-gegen-Eins gewinnen und Brady selbst vertikal auf einem konstanten Level spielt. Dass die Defense die Line of Scrimmage dominiert. Und in mehreren Teilen - Wide Receiver, Quarterback, Defensive Front, Safety - ist die Qualität noch immer hoch.

Was spricht dagegen? ... aber sie ist nicht mehr so hoch wie in den vergangenen beiden Jahren. Und das ist hier der gravierende Unterschied: Brady spielt gut, aber nicht auf dem absolutem Elite-Level, das er über die letzten beiden Jahre hatte. Die Defense ist gut, aber nicht dominant. Die Receiver außerhalb von Mike Evans sind bisher inkonstant. Und die Interior Offensive Line, die eine Stärke war, ist nach mehreren Ausfällen und Abgängen eine Schwäche, was das unkreative Play-Calling umso stärker in den Mittelpunkt rückt.

Prognose: Die Saints sind nicht die Bedrohung, die manche hier erwartet haben, die Panthers sind im Rebuild und die Falcons machen Spaß, aber haben vermutlich nicht die Substanz, um das für den Rest des Jahres aufrechtzuerhalten. Die Bucs sollten noch immer das beste Team in der Division sein. Aber man müsste schon aktiv wegschauen, um nicht zu sehen, dass es in diesem Team aktuell einiges nicht passt. Ich halte die kommenden Tage für kritisch: Nach einer derart schallenden Ohrfeige nutzt das Team diesen Moment vielleicht als Weckruf. Oder wir werden über die kommenden Wochen Zeugen eines Bucs-Teams, das sich auflöst.

Minnesota Vikings (Bilanz: 5-1)

Was spricht dafür? Die Offense ist sicher noch nicht so konstant, wie man sich das erhofft hatte - aber sie ist explosiv und schlagkräftig. Mit einer starken Receiver-Gruppe, mit einer gut designten Offense. Das Run Game sollte sich noch steigern können, und der 5-1-Start ist eine sehr gute Basis nach dem ersten Saisondrittel.

Was spricht dagegen? Man kann hier in beide Richtungen argumentieren: Es ist gut, Spiele zu gewinnen, während man klare Schwachstellen noch hat - aber das verrät uns eben nichts darüber, inwieweit diese Schwachstellen repariert werden können, was wiederum, 5-1-Start hin oder her, weitere Prognosen erschwert. Die Interior-O-Line ist ein Problem, Cousins unter Druck kann ein großes Problem sein und die Defense ist insbesondere an der Line of Scrimmage noch längst nicht auf dem erhofften Level.

Prognose: Wir können darüber sprechen, dass der 5-1-Start "zu gut" aussieht, bis wir blau werden - fünf Siege haben die Vikings, und die wird ihnen niemand mehr nehmen. Mit einem weiteren Schedule, der zumindest fünf bis sechs weitere Siege mit sich bringen sollte, sehe ich Minnesota klar in den Playoffs, potenziell auch als Division-Sieger. Aber in den Playoffs traue ich den Vikings nicht viel zu.

Green Bay Packers (Bilanz: 3-4)

Was spricht dafür? In erster Linie das Potenzial in diesem Team. Die Defense sollte auf allerhöchstem Level agieren können, Rodgers sollte wie ein Top-5-Quarterback spielen können, die Packers sollten ein sehr gutes Run Game haben können, LaFleur sollte ein guter Play-Caller sein. Und wenn wir dauernd sagen, dass in der NFC kaum wer wirklich überzeugt, dann kann ein Team, das gut sein sollte, vielleicht am Ende das Team sein, bei dem rechtzeitig alle Rädchen ineinander greifen.

Was spricht dagegen? Ich sehe keinen "einfachen" Fix hier. Die Defense agiert in Teilen individuell hinter den Erwartungen, scheint aber auch strukturelle Probleme zu haben und wird regelmäßig am Boden dominiert. Vielleicht stabilisiert sich die Offensive Line, vielleicht hat einer der beiden Rookie-Receiver seinen Breakout. Vielleicht sind es aber auch zu viele potenzielle Problemzonen, und wenn die sich fortsetzen, könnte auch Rodgers selbst mehr Teil des Problems als der Lösung werden, für eine Offense, die ohnehin auf wackeligen Füßen steht.

Prognose: Die Packers sind tendenziell eher kein Team, das zur Trade-Deadline aggressiv wird. Ich sehe eine Gefahr, dass die Probleme sich in Green Bay hochschaukeln könnten. Mit LaFleur, Rodgers und der Pass-Defense habe ich die Packers weiterhin in den Playoffs. Aber dort sehe ich sie mit einem weiteren verfrühten Ende.

Los Angeles Rams (Bilanz: 3-3)

Was spricht dafür? Die noch immer hohe individuelle Qualität. Aaron Donald und Jalen Ramsey defensiv, sowie Cooper Kupp und Matt Stafford offensiv, sind Spieler, die nicht nur individuelle Matchups dominieren, sondern auch auf eine Art und Weise heiß laufen können, dass es einen echten Unterschied macht. Gerade in der diesjährigen NFC.

Was spricht dagegen? Die Rams waren letztes Jahr keineswegs durchweg dominant. Über weite Teile der Saison war das eines von mehreren guten Teams - bis dann die Stars in der Crunchtime der Saison ihre besten Leistungen abriefen. Von diesen Stars sind mehrere weg (Von Miller, Odell Beckham, Andrew Whitworth), während Stafford zusammen mit der O-Line und mit Neuzugang Allen Robinson in ein kollektives Loch gefallen ist. Sind die Baustellen jetzt schlicht zu zahlreich?

Prognose: Exakt das ist hier meine Prognose. Selbst ein aggressiver Deadline-Trade, der bei den Rams immer denkbar ist - dem Vernehmen nach waren sie ja bis zuletzt im McCaffrey-Wettbieten mit dabei - wird hier nicht reichen, um alle kritischen Baustellen zu adressieren. Ein Platz in den Playoffs ist sicher denkbar, aber selbst im Schneckenrennen der NFC fallen die Rams langsam zurück.

San Francisco 49ers (Bilanz: 3-4)

Was spricht dafür? Wie die Niners sich selbst sehen, steht nach dem Trade für Christian McCaffrey außer Frage. Es ist ein All-in-Move, nachdem man bereits signifikantes Trade-Kapital in Trey Lance investiert hat - und das obwohl Lance den Rest der Saison verpassen wird. Wir wissen, was für eine Offense es mit Garoppolo ist, und wenn die Defense fit ist, kann diese Defense Spiele gewinnen. Die Niners haben einen hohen Floor, und dieser wurde mit McCaffrey nochmal höher - und das in einer NFC, die komplett offen zu sein scheint.

Was spricht dagegen? Mit Garoppolo, mit einer dominanten Defense, mit Shanahan als Play-Caller - die Pro-Argumente sind stark, aber für mich kommt es bei den Niners so häufig auf einen übergreifenden Punkt zurück: San Francisco muss beide Seiten der Line of Scrimmage gewinnen können, um an seinem Ceiling zu kratzen und ganz oben mitzuspielen. McCaffrey hilft dabei nicht - und allen voran die Interior Offensive Line bleibt ein ziemliches Fragezeichen.

Prognose: Mit dem McCaffrey-Trade wurden die Niners eines der interessantesten Teams in der NFC. Ich hatte San Francisco bereits vor diesem Trade als Favorit in der Division, die große Frage hier ist, ob die Schlüsselspieler fit bleiben. Dann traue ich San Francisco absolut einen Playoff-Run zu. Mit dem altbekannten Hinweis, dass für dieses Team eben viele Dinge sehr gut laufen müssen, damit es so weit kommt.