NFL

Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 2 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 2 in der NFL
© getty
Cookie-Einstellungen

Der Umbruch in Miami kommt an einen kritischen Punkt

Der Rebuild der Miami Dolphins hängt am seidenen Faden. Okay, das ist vielleicht etwas drastisch formuliert - aber ich denke es ist fair, die kritischere Brille aufzuziehen, und das ausdrücklich nicht aufgrund der Verletzung von Quarterback Tua Tagovailoa früh während der deutlichen Pleite gegen die Buffalo Bills. Welche wiederum die Bewertung erschweren wird, sollte Tua jetzt länger ausfallen.

Der Tua-Pick im Rahmen dieses Prozesses ist dabei ein Thema für sich, und eines, das ich erst einmal noch aufschieben würde. Die Entwicklung des Hawaiianers ist noch nicht an dem Punkt, an dem ich sie mir an diesem Punkt erhofft hätte, gleichzeitig gibt es dafür durchaus einige Erklärungsansätze. Mein Optimismus dahingehend, dass Tagovailoa ein jährlicher Top-10-Quarterback werden kann, hält sich in Grenzen; gleichzeitig würde ich mit einem echten Urteil hier noch etwas abwarten.

Aber der großangelegte Umbruch umfasst ja mehr als den Quarterback, und hier muss man grundsätzlich festhalten: Die Dolphins fahren eine aggressive Schiene in ihren Personnel-Entscheidungen. Das jährliche Austauschen des Offensive Coordinators, das schnelle Aufgeben von Free-Agency-Verpflichtungen - das kann man Brian Flores und Co. als "sie wissen, was sie wollen" auslegen. Aber wenn die Moves dann neue Baustellen aufreißen, muss man die Entscheidungsträger entsprechend hinterfragen.

Und an dem Punkt bin ich mit dem Dolphins-Regime angekommen, und in allererster Linie fängt das für mich mit der Zusammenstellung der Offensive Line an. Warum hat man sich von Ereck Flowers getrennt? War Austin Jackson die richtige Wahl auf Left Tackle? Hätte man seinem jungen Quarterback nicht in dieser Offseason einen erfahrenen Center zur Seite stellen sollen, wie es die Chargers und die Cardinals gemacht haben, um ihm Pre-Snap zu helfen?

Die klare Realität ist, dass die Line nicht gut ist, und das hat sich über den Sommer bereits angedeutet und gegen Buffalo war es ein echtes Problem. Die Defense ist immer noch stark, aber, wie jede Defense, ist auch Miamis Defensive Matchup-abhängig; das Bills-Spiel war eine Erinnerung auch daran. Genau wie an die Tatsache, dass mehrere hohe Picks - Jackson, aber auch Noah Igbinoghene, der erneut nicht active war, oder Michael Deiter - bisher wenig vielversprechend aussehen. Auch Christian Wilkins verdient eher das Prädikat "solide".

In der heutigen NFL ist es nicht planbar, auf dem Rücken einer dominanten Defense eine längerfristige erfolgreiche Ära zu gestalten. Sicher, einzelne Spiele gewinnen, anfällige Gegner dominieren - aber nicht jährlich Playoffs und mehr anpeilen. Miamis Umbruch ist analog zur Entwicklung der Offense auf und abseits des Platzes kurz vor einem kritischen Punkt, und damit ist ausdrücklich das Front Office in erster Linie gemeint.

Wenn man mit Tagovailoa daneben lag, dann wird der Rebuild ohnehin mehrere Stufen zurückgesetzt. Früher oder später wird man aber an dem Punkt kommen müssen, an dem man das Gesamtkonstrukt hinterfragt.

Bears als Mahnmal - Mahnmal für die Bears?

Die Probleme, welche Miami gerade mit seiner Offensive Line hat, dürfen gerne auch als Warnung für die Chicago Bears dienen, die ihrerseits eher früher als später einen jungen Quarterback hinter einer höchst suspekten Offensive Line reinwerfen werden.

Vor allem aber ist Chicago umgekehrt dahingehend auch ein Mahnmal, wie ein Kader aus den Fugen geraten kann, wenn man ein Titelfenster anvisiert, das gar nicht da ist - weil man sich in seinem Quarterback geirrt hat.

Zu viele Uptrades im Draft, zu viele teure Verträge für Free Agents, die mehr für ihre Vergangenheit als für ihre Zukunft bezahlt wurden - Jimmy Graham hätte den Bears-Cap dieses Jahr mit zehn Millionen Dollar belastet, nur mit dem Hinzufügen mehrerer Void-Jahre wurde das reduziert. Dafür kostet er die Bears nächstes Jahr 4,6 Millionen Dollar - wenn er gar nicht mehr im Team ist. Robert Quinn steht dieses Jahr mit 14,7 Millionen Dollar in den Büchern, Nick Foles mit 6,6 Millionen Dollar.

Solche Verträge zwangen Chicago dazu, Top-Corner Kyle Fuller aus Cap-Gründen zu entlassen. Die Offensive Line ist eine Großbaustelle, Charles Leno abzugeben erschließt sich mir nach wie vor nicht.

Die Bears hatten Glück, dass Fields im Draft abrutschte, und schlugen dann aggressiv zu. Wenn wir rein auf die Herangehensweise - also den Process - blicken, fallen mir allzu viele weitere positive Entscheidungen in der jüngeren Vergangenheit nicht ein. Und das sieht man eben im Kader.