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Third and Long - der Mailbag zum Spieltag: Coach des Jahres - und wer macht den größten Sprung?

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen zu Woche 12 in der NFL.
© imago images/Ian Johnson

Welche Coaches ragen dieses Jahr besonders heraus? Wie könnte der Umbruch in Detroit aussehen? Und wie sieht das Wildcard-Rennen in der NFC nach Woche 12 aus? SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet in seiner Kolumne Eure Fragen zum Spieltag.

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NFL Mailbag - Week 12 im Recap

Müsste man Woche 12 auf eine Storyline herunter destillieren, dann wäre es für mich die Erkenntnis, dass uns eine ganze Menge unvorhersehbarer Playoff-Spiele erwarten könnte. Es gibt schlicht wenige klare Favoriten - Kansas City und mit Abstrichen Pittsburgh in der AFC, New Orleans und mit Abstrichen Green Bay in der NFC am ehesten -, und dahinter untermauerte Woche 12 eindrucksvoll, dass man Konstanz hier vergebens sucht.

Arizona ging gegen New England offensiv jegliche Explosivität ab, die Rams fanden wieder einmal keine Antworten gegen die 49ers, die Raiders gingen in Atlanta baden, die Colts verloren deutlich zuhause gegen Tennessee und Tampa Bay sah gegen Kansas City eine Weile lang wie finsterer Liga-Durchschnitt aus.

Nächste Woche könnte einiges davon schon wieder komplett anders ausfallen; es ist ja gerade einmal zwei Wochen her, da schlugen die Rams Seattle, Arizona gewann einen Shootout gegen Buffalo, die Bucs demontierten Carolina und Indianapolis walzte über sich selbst sabotierende Titans.

In diesem Bereich der Liga ist viel oberes Mittelmaß, und für diese Teams ist es Woche für Woche ein schmaler, Matchup-bedingter Grat zwischen Sieg und Niederlage.

Doch während die Regular Season trotz aller Hindernisse die Zielgerade erreicht hat, lohnt sich auch ein Blick zu anderen Teams. Nach der Rookie-Watch in der Vorwoche sollen diese Woche die Spieler in ihrem zweiten Jahr im Fokus stehen. Genauer gesagt: Wer hat hier den größten Sprung hingelegt? Wer übertrifft vielleicht Erwartungen - und wer wird ihnen mit etwas Verspätung gerecht?

Wer hat im zweiten Jahr den größten Sprung gemacht?

Daniel Jones, Quarterback, New York Giants

Die Total Stats lassen es nicht wirklich vermuten, und wenn man einige der "Highlights" von Jones dieses Jahr sieht - gemeint sind die nicht selten humoristisch unterhaltsamen Momente -, dann muss man sich manchmal schon an den Kopf fassen.

Aber das sollte nicht davon ablenken, dass der 23-Jährige tatsächlich eine wirklich beachtliche Saison spielt. Er hatte einige Male Pech, sei es mit den negativen Highlights, die dann natürlich auf Social Media die Runde machen, oder auch ganz simpel durch Fehler seiner Mitspieler. 24 Drops seiner Receiver musste Jones dieses Jahr schlucken, kein anderer Quarterback mit unter 370 Passversuchen hat mehr als 20.

Dann wären da die Probleme in der Offensive Line: PFF listet vier Giants-O-Liner (Andrew Thomas, Will Hernandez, Kevin Zeitler, Cam Fleming) in der Top-35 was zugelassene Pressures unter allen Offensive Linemen angeht. Nicht gerade ideal.

Jones spielt besser in der Pocket, er ist immer noch ein guter vertikaler Passer, macht aber weniger gravierende Fehler. Sein ganzes Spiel wirkt kontrollierter, und insbesondere, seitdem die Giants ihn besser ins Run Game einbauen, läuft die Offense auch runder. Jones ist irgendwo im (unteren) Liga-Mittelfeld, aber im Vergleich zu seinem College-Tape und zu den größten Teilen seiner Rookie-Saison muss man ihm zweifellos einen deutlichen Fortschritt bescheinigen.

Brian Burns, Edge, Carolina Panthers

Brian Burns ist ein Top-10-Edge-Rusher in der NFL dieses Jahr, und was als Rookie vereinzelt zu sehen war - die Agilität, die Explosivität, das Gespür für eine Lücke - sieht man dieses Jahr deutlich konstanter. Wenige Pass-Rusher sind Woche für Woche dominanter und konstanter als Burns.

Seine 46 Quarterback-Pressures sind ein Top-5-Wert unter Edge-Rushern, und das obwohl er einiges an Double-Teams sieht. Er ist ein guter Run-Stopper und hat bisher nur zwei Tackles verpasst. Dass die Panthers-Defense generell einen Umbruch durchlaufen muss, war klar - und gerade was die Secondary und Coverage generell angeht, hat Carolina noch sehr viel Arbeit vor sich.

Aber Burns hat sich als Fixpunkt nicht nur in der Front, sondern in der gesamten Defense festgespielt. Er ist im zweiten Jahr einer der Spieler, um die Carolina auf dieser Seite des Balls in Zukunft sein Gerüst aufbauen kann. Gemeinsam mit Derrick Brown, mit Jeremy Chinn, im Idealfall auch mit Yetur Gross-Matos.

Jakobi Meyers, Wide Receiver, New England Patriots

Die Receiver-Auswahl für diese Frage ist gar nicht so lang. A.J. Brown, DK Metcalf und Terry McLaurin hatten ihren Breakout bereits letztes Jahr, genau wie Deebo Samuel, der zudem in dieser Saison bereits länger verletzt ausfiel. Diontae Johnson und Mecole Hardman haben den erhofften Sprung in die Spitzengruppe im zweiten Jahr bisher nicht geschafft - Philadelphias Travis Fulgham wäre hier tatsächlich meine erste Alternative gewesen.

Letztlich ist es die Konstanz bei Meyers in der zweiten Saisonhälfte, und das als Nummer-1-Target, welche ihn leicht nach vorne schiebt. Seit Woche 7 nur ein Spiel mit weniger als sechs Targets und nur ein Spiel mit weniger als 50 Receiving-Yards - beides ausgerechnet gegen die Texans, als die Passing-Offense der Patriots ihren produktivsten Tag seit langer Zeit hatte.

Meyers mit seiner Größe, aber auch seinem Route-Running hatte letztes Jahr sein Potenzial als Undrafted Free Agent bereits einige Male angedeutet. Diese zweite Saisonhälfte kann getrost als sein Breakout angesehen werden. Er ist die einzige ernsthafte Säule bei den Patriots Wide Receivern und Tight Ends, mit der ich über die nächsten drei Jahre ein Waffenarsenal aufbauen würde.

Damien Harris, Running Back, New England Patriots

Eine Bewertung mit zugedrücktem Auge, da Harris 2019 nur fünf Snaps in der Offense und dazu nochmal fünf weitere Snaps im Special Team spielte - letztlich aber konnte Harris sich im Vorjahr in New England nicht durchsetzen und die Pats entschieden sich mehr oder weniger für eine Art Redshirt-Jahr. Es war das Backfield von Sony Michel, den New England immerhin erst 2018 in der ersten Runde gedraftet hatte.

Das sieht dieses Jahr deutlich anders aus. Michel plagt sich einmal mehr mit Verletzungen herum, er gab sein Comeback gegen Arizona, wurde jedoch nur eingeschränkt eingesetzt. In Zukunft könnte sich die Aufteilung in New Englands Backfield also auch wieder etwas verschieben. Doch Harris ist der agilere Back, bringt gleichzeitig aber auch Power durch Kontakt mit. Einer der ligaweit besseren Runner dieses Jahr und im Passspiel könnte er vermutlich noch mehr leisten, als die Pats bisher von ihm verlangen. Der Michel-Pick wirkt dadurch nicht unbedingt cleverer, aber das ändert nichts daran, dass Harris einen Sprung gemacht hat, der groß genug ist, dass er selbst mit Michel zurück den Startplatz behalten sollte.

Quinnen Williams, Defensive Tackle, New York Jets

Draft-Picks können Zeit brauchen. Und wenn ein hoch gedrafteter Spieler in ein entsprechend schlechtes Team kommt, kann es umso länger dauern. Das sollte man generell in der Analyse nie vergessen, und bei Quinnen Williams passt diese Lektion einmal mehr.

Das heißt nicht, dass die Pre-Draft-Analysen vielleicht nicht zu hoch gegriffen waren. Für mich selbst war Williams Pre-Draft der dominanteste, der beste Spieler seiner Draft-Klasse. Ein Freak-Athlet, der alle Werkzeuge hat, um in der NFL der nächste Superstar-Pass-Rusher auch von der Tackle-Position aus zu werden. Vielleicht wird er das noch, vielleicht nicht, aber gerade als Pass-Rusher war er als Rookie so enttäuschend, das viele Williams bereits den Bust-Stempel geben wollten.

Auch Trade-Gerüchte rund um die Deadline machten die Runde, hier aber soll GM Joe Douglas letztlich relativ deutlich einen Riegel vorgeschoben haben. Und Williams' Leistungen zuletzt unterstreichen das, denn gerade als Pass-Rusher spielt er eine exzellente zweite Saisonhälfte, gewinnt Eins-gegen-Eins mit seiner Schnelligkeit und Physis und scheint gerade den erhofften deutlichen Schritt im zweiten Jahr zu machen. ESPN listet ihn, basierend auf den Tracking-Daten von Next Gen Stats, unter Defensive Tackles auf Platz 1 in Run-Stop- und Platz 5 in Pass-Rush-Win-Rate.

Die Jets werden viel austauschen müssen und haben einen harten Umbruch vor sich. Aber zwei Säulen dabei dürften Quinnen Williams in der Defensive Line und Mekhi Becton in der Offensive Line sein.