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Top 10: Die wichtigste Erkenntnisse aus Woche 4 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf die wichtigsten Takeaways zum NFL-Sonntag.
© imago images/Jeffrey Brown
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6. Vikings gewinnen Duell der Enttäuschten

0-3 gegen 0-3 - das war die brisante Ausgangslage vor dem Duell zwischen den Houston Texans und den Minnesota Vikings. Zwei Teams, die zumindest mit Playoff-Hoffnungen in die Saison gestartet waren, kurz davor, vor den Scherben der eigenen Saison zu stehen. Die Vikings fliegen letztlich mit dem extrem wichtigen Sieg im Gepäck in die Heimat - und klare Takeaways gibt es zu beiden Teams.

Das Run Game ist weniger wichtig als das Passing Game, doch wenn man derart schwach in der Run-Defense ist wie die Texans, ist es ein enormes Problem. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch Houstons Saison, vom Opener gegen die Chiefs, über Baltimore, Pittsburgh und jetzt Minnesota. Die Texans können den Run nicht verteidigen, Minnesota konnte so abermals sein bevorzugtes Spiel spielen (40 Runs für 162 Yards, 3 Touchdowns) und Rookie Justin Jefferson hatte sein zweites 100-Receiving-Yard-Spiel in Folge. Die Offense kommt langsam besser in die Saison, während Houston defensiv abermals enttäuschte.

Aber aus Big-Picture-Sicht für Houston noch besorgniserregender als die Run-Defense oder einzelne Coverage-Busts ist, wie inkonstant die Offense auftritt. Head Coach Bill O'Brien wollte wieder mehr offensive Verantwortung übernehmen - das Ergebnis waren unter anderem zahlreiche unkreative Runs bei Early Downs: Vier der ersten fünf Drives begannen mit Johnson-Runs für 2, 4, -1 und 8 Yards. Der Run bei Second-and-10 knapp drei Minuten vor dem Ende ohne Timeout war schlicht zum Kopfschütteln.

Houston verschwendete mehrere Drives, statt eine absolut wacklige Vikings-Secondary zu attackieren, aus Game-Plan-Sicht schwer zu verstehen. Wie das funktionieren kann, machte die zweite Hälfte deutlich. Doch auch hier gibt es Einschränkungen: Deshaun Watson lief später heiß, hatte aber abermals mehrere Wackler, verfehlte offene Receiver und nach wie vor ist er für Pressure maßgeblich mitverantwortlich. Die Texans stehen jetzt tatsächlich vor den Scherben ihrer Saison, und dabei reden wir von der Franchise, die 2020 am meisten Geld für ihren Kader ausgibt und 2021 im Draft keinen Erst- oder Zweitrunden-Pick hat.

7. Die Lions stolpern dem Ende der Patricia-Ära entgegen

Bereits nach Woche 2 musste man Lions-Coach Matt Patricia deutlich anzählen. Detroit gewann dann in der Vorwoche bei den Cardinals, mit mehreren defensiven Big Plays - doch selbst die waren mehr individuelle Fehler von Arizonas Quarterback Kyler Murray, als dass das defensive Scheme gewonnen hätte; und außerhalb von diesen Big Plays spielte die Defense nicht wirklich gut.

Jetzt folgte ein Spiel gegen ein stark angeschlagenes Saints-Team mit eigentlich einem perfekten Skript für Patricia. Die Lions gingen mit 14:0 in Führung, Brees hatte eine frühe Interception geworfen und der Weg schien bereit, um defensiv aufs Gaspedal zu treten. Gegen eine Saints-Offense ohne Michael Thomas und die bisher große Probleme hatte, Defenses vertikal zu attackieren.

Das änderte sich gegen Detroit sichtbar. Die Saints drehten das Spiel mit drei Touchdown-Drives über 75, 80 und 80 Yards, bei durchschnittlich 7,5 Yards pro Play. Detroit lieferte schlicht keine Gegenwehr, ließ über 160 Rushing-Yards zu und konnte Brees kaum unter Druck setzen. Wenn die Offense wie im Spiel gegen New Orleans einen Durchhänger hat, kann die Defense das Team nicht stabilisieren. Und genau diese Qualität müsste Patricia dem Team eigentlich geben.

8. Eagles schlagen Niners: Die absurden Züge der QB-Kritik

Keine Position wird ausführlicher analysiert als die des Quarterbacks - und das nimmt bisweilen auch absurde Züge an. Ein Beispiel dafür ist 49ers-Quarterback Jimmy Garoppolo: Garoppolo hat das Glück, in vielleicht der am besten designten und Quarterback-freundlichsten Offense der Liga zu spielen. Doch auch für diese Offense braucht es einen kompetenten Game Manager - und genau das ist Garoppolo.

Was fehlt, wenn dieser kompetente Game Manager nicht spielt, war am Sonntagabend zu beobachten. Nick Mullens nämlich verfehlte die offenen Würfe, die Shanahan kreierte, mehrfach und ließ so Big Plays liegen. Und Shanahan coachte schon extrem aufwändig um die Limitierungen seines Quarterbacks herum, doch in offensichtlichen Passing-Situationen war schnell Feierabend - oft bereits aufgrund seines Pocket-Verhaltens. Mullens hatte ein grausames Spiel. Dennoch ist er ein guter Backup, aber die absurden Diskussionen darüber, ob Mullens nicht sogar besser sein könnte als Garoppolo, sollten ganz schnell aufhören.

Und Wentz? Nach wie vor weit von einer guten Leistung entfernt, aber wenigstens leichte positive Tendenzen waren erkennbar. Nachdem Wentz bereits früh im Spiel wieder mehrere üble Szenen hatte, Receiver einfach verfehlte und sich viel zu ausladend in der Pocket herumbewegte, warf er im weiteren Spielverlauf auch ein paar gute Bälle gerade aus der Bewegung heraus und einen fantastischen Deep Ball auf Fulgham.

Doug Pederson gab ihm abermals einige Zone Reads sowie Run Pass Options, um schnell spielen zu können. Und er coachte aggressiv mit der 2-Point-Conversion direkt zu Beginn, die letztlich mitentscheidend für den Sieg war. Auch das kann vom Start weg Selbstvertrauen geben.

Dieses Spiel als "Schritt in die richtige Richtung" zu bezeichnen, ist womöglich etwas vorschnell. Aber berücksichtigt man noch die absurd lange Liste der Eagles-Offense-Ausfälle, ist zumindest ein wenig ganz vorsichtiger Optimismus angebracht.

9. Die Raiders müssen mutiger werden

Die Las Vegas Raiders sind kein schlechtes Team - aber sie sind auch kein gutes Team. Das ist die Erkenntnis, die sich nach den Spielen gegen die Patriots sowie jetzt gegen die Bills zunehmend festigt. Sie sind vor allem kein Team, das einen sonderlich großen Spielraum für Fehler hat. Und ein Team, das sich nicht selbst im Weg stehen darf.

Genau das passierte gegen die Bills. Durch die Spieler - mehrere Coverage-Busts, die zu Touchdowns führten, eine Illegal Formation, die einen Touchdown kostete, unnötige Drops - aber auch durch Gruden.

Die Raiders müssen aggressiver werden. Sie müssen mehr designte Deep Shots für Carr einbauen, der durchaus einen guten Deep Ball wirft, aber sich "freiwillig" zu selten dafür entscheidet. Und sie müssen aggressiver im Spiel sein. Die Raiders kickten zwei Field Goals jeweils bei Fourth-and-2, eines davon tief in der Red Zone. Gruden entschied sich gegen die 2-Point-Conversion nach dem Touchdown direkt vor der Halbzeitpause, mit der er auf drei Punkte hätte verkürzen können.

Las Vegas hat nicht den Luxus, sich auf eine starke Defense verlassen zu können, das wurde auch gegen die Bills wieder deutlich. Und sie haben nicht den Luxus, über eine explosive Offense konstant Big Plays kreieren zu können. Diese Handicaps muss Gruden mit seinen Entscheidungen ausgleichen. Sonst wird es eine Saison im grauen Mittelmaß.

10. Erster Sieg für Burrow - was wird aus Haskins?

Die Cincinnati Bengals waren bereits einige Male nah dran - gegen die Jaguars reicht es schließlich für den ersten Sieg und es bleibt eindrucksvoll, was Joe Burrow gerade auch unter Pressure abliefert. Gegen Jacksonville war es außerdem die Joe-Mixon-Show, Mixon lieferte ein spektakuläres Spiel ab - und die Partie gab auch einen Vorgeschmack darauf, was vielleicht möglich sein kann, wenn die Offensive Line nicht konstant hoffnungslos unterlegen ist.

Für einen anderen jungen Quarterback läuft derweil die Uhr womöglich ab. Washingtons Head Coach Ron Rivera hatte Dwayne Haskins unter der Woche bereits öffentlich angezählt, und auch wenn niemand einen Sieg über die Ravens erwartet hatte: die Offense läuft extrem zäh mit Haskins, und das schon die ganze Saison über.

Das setzte sich auch gegen Baltimore fort. Haskins kassierte Sacks, die er nicht kassieren darf, auch etwa sein Pass bei Fourth-and-Goal blieb in Gedächtnis. Die Total Stats letztlich zeigen nicht wirklich, wie wenig die Offense produzierte und in einer Division, die komplett offen ist, mit einem Backup-Quarterback, den Rivera kennt (Kyle Allen) sowie einer Quarterback-Wildcard in Alex Smith könnte die Luft für Haskins sehr bald sehr dünn werden.