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NFL Draft: Darum gibt es plötzlich so einen Hype um Denzel Mims

Von Jan Dafeld
Denzel Mims überzeugte bei den Baylor Bears.
© imago images

Kaum ein Spieler im diesjährigen NFL Draft (23.-25. April) erhielt zuletzt mehr Lob als Denzel Mims: Trotz einer herausragend besetzten Receiver-Klasse ist im Pre-Draft-Prozess ein regelrechter Hype um den 22-jährigen Wide Receiver entstanden. Woher kommt diese plötzliche Aufmerksamkeit? Eine Spurensuche.

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Die Receiver-Klasse im Draft 2020 zählt zu den besten der vergangenen zehn bis 20 Jahre; dies gilt sowohl in der Spitze als auch in der Breite. Neben den Supertalenten Jerry Jeudy und CeeDee Lamb gibt es zahlreiche weitere Ausnahmeathleten: Ob der physisch dominante Tee Higgins, der explosive Brandon Aiyuk oder Justin Jefferson, der exzellente Route-Runner - in der Klasse scheint tatsächlich für jeden Geschmack und jeden Need etwas dabei zu sein.

Ein Receiver hat es allerdings geschafft, über die vergangenen Wochen besonders aus der Riege der hochtalentierten Youngster herauszustechen: Denzel Mims galt vor nicht allzu langer Zeit noch als sicherer Day-2-Pick, nun sieht so mancher Experte in ihm den drittbesten Wideout im Draft, teilweise wird der 22-Jährige schon fast in einem Atemzug mit Jeudy und Lamb genannt.

Was macht Mims aus? Was lässt ihn selbst in dieser Klasse voller Top-Talente zu etwas Besonderem werden? Und warum ist über die letzten Wochen solch ein Hype um den Baylor-Star entstanden? Die Antwort findet sich in drei verschiedenen Abschnitten seiner Karriere.

Erster Abschnitt: Denzel Mims in der College-Saison 2017

Bereits auf der High School galt Mims als ein Ausnahmeathlet: Der Youngster spielte Basketball, Football und Baseball, gleichzeitig lief er die Sprint-Distanzen für das Leichtathletik-Team seiner Schule. In allen Disziplinen zählte Mims stets zu den Besten seiner Altersklasse.

Dennoch benötigte er einige Zeit, um sich an das höhere Niveau auf dem College zu gewöhnen. Auf der High School hatte Mims auf dem Football-Feld Quarterback, Wide Receiver, Running Back, Cornerback und Safety gespielt; die Nuancen der Receiver-Position musste er als Freshman daher zunächst noch erlernen und erhielt in der Folge zunächst kaum Spielzeit für die Bears.

Umso überraschender kam Mims Monster-Saison 2017: In zwölf Spielen verbuchte er mehr insgesamt als 1000 Yards, zudem fing er acht Touchdowns. Gegen den Big 12 Champion, die Oklahoma Sooners, explodierte der bis dahin kaum bekannte Receiver mit elf Catches, 192 Yards und drei Touchdowns, darunter ein 71-Yard-Score, komplett.

Mims hatte sich in rasender Geschwindigkeit auf den Radar zahlreicher Scouts, darunter auch so mancher aus der NFL, gespielt. Einer herausragenden Junior-Saison und einer frühen Auswahl im NFL Draft 2019 schien somit eigentlich nichts im Wege zu stehen.

Doch: Zu dieser Saison sollte es nie kommen.

Zweiter Abschnitt: Denzel Mims in der College-Saison 2019

Mims' erhoffter Schritt nach vorne blieb 2018 aus, tatsächlich verblasste sein Stern am College-Football-Himmel beinahe so schnell, wie er 2017 noch aufgegangen war. Der Junior musste sich die Targets fortan mit Jalen Hurd, der aus Tennessee zu den Bears gewechselt war und im Draft in der dritten Runde von den 49ers ausgewählt werden sollte, teilen.

Zudem hatte Mims mit schweren Drop-Problemen zu kämpfen. Seine Statistiken gingen in nahezu jeder Kategorie zurück, an eine hohe Draft-Position war nicht mehr zu denken. Mims blieb stattdessen für sein Senior-Jahr an der Universität.

Es sollte die richtige Entscheidung gewesen sein: Ohne Hurd an seiner Seite meldete sich Mims eindrucksvoll zurück. Er schraubte seine Statistiken ein weiteres Mal auf über 1000 Yards hoch, mit 66 Bällen fing er mehr als jemals zuvor, zudem verbuchte er eindrucksvolle zwölf Touchdown-Catches und zahlreiche Big Plays, beispielsweise einen spektakulären Last-Minute-Catch an der Seitenlinie gegen Texas Tech oder eine spielentscheidende Reception bei Fourth-and-Six gegen TCU.

Mims' Kombination aus Speed, Power und Explosivität ermöglichte ihm mehr Highlight-Plays als nahezu jedem anderen Receiver des Landes. Der Modellathlet gewann immer wieder Jump Balls und schien so genannte 50-50-Pässe mit Leichtigkeit vor seinen Gegenspielern aus der Luft zu fischen.

Gleichzeitig blieben einige Fragezeichen aus seiner Vorsaison allerdings bestehen: Mims ließ erneut zu viele Bälle fallen (12,9 Prozent Drop-Quote über die vergangenen zwei Jahre), zudem lief er einen stark limitierten Route Tree. Ähnlich wie D.K. Metcalf im Vorjahr dominierte der 22-Jährige dank seiner Athletik und Explosivität als Outside-Receiver vor allem über Slant- und Go-Routes, technisch anspruchsvollere Routes lief er dagegen nur in Ausnahmefällen.

Ein schlechtes Omen? Obwohl Metcalf im Vorjahr von einigen Experten als der vielleicht beste Receiver im Draft und möglicher Top-Ten-Pick gehandelt wurde, fiel er schließlich bis ans Ende der zweiten Runde. Könnte Mims das gleiche Schicksal bevorstehen? Auszuschließen ist rund um den NFL Draft mit all seinen Ungewissheiten nichts. Dennoch erscheint ein tiefer Fall von Mims im kommenden Draft doch sehr unwahrscheinlich.

Der vielleicht wichtigste Grund dafür: Mims' Leistungen nach der College-Saison.

JahrSpieleCatchesYardsTouchdowns
201634240
2017126110878
201812557948
20191366102012

Dritter Abschnitt: Mims bei Senior Bowl und der NFL Combine

Beim Senior Bowl, bei dem viele der größten College-Talente des Landes zusammenkommen und sich in verschiedenen Einheiten miteinander messen, überzeugte Mims mit einer absolut herausragenden Performance. Kein anderes Prospect dürfte seinen Draftstock über diese Tage stärker verbessert haben als der junge Receiver.

Gegen starke Gegenspieler wie Troy Pride Jr., A.J. Green und Javaris Davis dominierte Mims nahezu nach Belieben: Laut PFF entschied er 15 seiner 16 Duelle für sich, dabei kam er auf 14 Catches (niemand hatte mehr), fünf Touchdowns (niemand hatte mehr) und null Drops. Trotz äußerst namhafter Konkurrenz - unter anderem nahmen auch Chase Claypool, Michael Pittman Jr. und KJ Hill am Senior Bowl teil - erhielt Mims die mit Abstand beste Bewertung aller Wide Receiver.

Der Senior Bowl war für Mims in zweierlei Hinsicht ein riesiger Meilenstein was den Pre-Draft-Hype angeht: Einerseits zeigte er, dass er sich gegen gute Cornerbacks behaupten konnte - andererseits aber, und das war der kritischste Punkt, stellte er zudem eindrucksvoll unter Beweis, dass er sehr wohl verschiedene Routes effizient und scharf laufen kann. Eine Qualität, die er in der Baylor-Offense schlicht nicht unter Beweis stellen konnte.

Noch hatte der Hype allerdings gerade erst begonnen. Bei der NFL Combine ließ Mims mit ähnlich dominanten Resultaten gleich ein weiteres Mal aufhorchen: Mit 4,38 Sekunden im 40-Yard-Dash, 1,51 Sekunden im 10-Yard-Split, 6,66 Sekunden im Three-Cone-Drill sowie 38,5 Inches beim Vertical und 131 Inches beim Broad Jump gelang dem Youngster eine nahezu perfekte Combine, in all diesen Kategorien zählte er zu den besten in seiner herausragend besetzten Klasse.

Auch das unterscheidet Mims von Metcalf und seinem tiefen Fall im vergangenen Draft: Während er in den Schnelligkeit- und Athletik-Drills ähnliche Zahlen wie Metcalf auflegte, war Mims beim Three-Cone-Drill, bei dem eher die Beweglichkeit und Wendigkeit eines Athleten getestet wird, mehr als eine halbe Sekunde schneller als der Seahawks-Star. Einzig beim 20-Yard-Shuttle kam Mims auf ein schwaches Ergebnis, ähnlich wie Metcalf, der viele Zweifel mit einer guten Rookie-Saison allerdings auch schon wieder beiseite wischen konnte.

Wann wird Denzel Mims im Draft 2020 ausgewählt?

Dass Mims seinen Namen am 23. April, an dem die erste Runde des Drafts abgehalten wird, noch nicht aus dem Mund von Commissioner Roger Goodell hören wird, ist somit nicht ausgeschlossen - erscheint aber doch zunehmend weniger wahrscheinlich.

Mims verfügt über die Statur, die Athletik und die College-Statistiken, die man sich von einem Rookie-Receiver nur wünschen kann, seine Leistungen beim Senior Bowl dürften gewisse Zweifel über die Qualität seiner Gegenspieler in der Big 12 Conference zusätzlich beiseite gewischt haben.

Der 22-Jährige ist zweifellos kein perfektes Prospect, seine Probleme mit Drops sowie sein nicht allzu ausgefeiltes Route-Running sind real, allerdings weist er - anders als beispielsweise Metcalf im Vorjahr - keinerlei so genante Red Flags, also klare Gründe zur Sorge, auf. Weder medizinischer Natur, noch was seine Beweglichkeit angeht.

Packers? Vikings? 49ers? Mögliche Teams für Mims

Durch seine Athletik bringt Mims einiges an Potenzial mit, sein Gesamtpaket offeriert aber gleichzeitig auch einen gewissen Floor. Irgendein Team sollte daher zum Ende der 1. Runde - spätestens zu Beginn der 2. Runde - zuschlagen. Teams wie die Packers oder die Vikings etwa gelten als mögliche Kandidaten.

Könnte Mims auch deutlich früher gehen, womöglich sogar in die Phalanx aus Jeudy und Lamb einbrechen? Auch das kann nicht mit völliger Sicherheit ausgeschlossen werden. Wie für jedes Talent in jedem Jahr gilt auch für ihn: Es braucht nur ein Team, das sich in seine Fähigkeiten, seine Kombination aus aus Speed, Power und Aggressivität, verliebt, um ihn noch früher vom Board gehen zu lassen.

Welches Team dies sein könnte, ist aktuell kaum zu prognostizieren. Nahezu jedes Team in der NFL könnte zusätzliche Hilfe im Receiving Corps gebrauchen. Dies gilt sowohl für die 49ers, Packers und Ravens zum Ende der 1. Runde als auch für die Jets, Raiders und Broncos am Rand der Top 10.

Ob der Hype um seine Person tatsächlich ausreicht, um Mims bis in diese Region spülen zu können? Das werden wir erst am 23. April erfahren.

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