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Third and Long: So überrannten die 49ers die Packers - bleibt Green Bay Contender?

In seiner wöchentlichen Kolumne blickt SPOX-Redakteur Adrian Franke zurück auf die Championship Games.
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Packers: Contender - oder One-Hit-Wonder?

In der breiten Masse schien der Konsens relativ deutlich: Die Chiefs und 49ers sind die "verdienten" Super-Bowl-Vertreter beider Conferences. Die Titans hatten ein wenig den Charme der Underdog-Cinderella-Story, die Packers hatten den Reiz der reichen Franchise-Historie und eines der größten Quarterbacks dieses Jahrtausends im Herbst seiner Karriere, vielleicht vor einem letzten Hurra.

An Rodgers lag es nicht in diesen Playoffs, so viel sei gesagt. Gegen Seattle spielte er herausragend, gegen San Francisco arbeitete er sich zumindest in die Partie und machte es in der zweiten Hälfte ein wenig spannender. Die Packers hätten in dieser Partie 2011-Legende-Rodgers gebraucht, um mit San Francisco mitzuhalten - das aber vorauszusetzen wäre schon viel verlangt.

Doch die Frage, die sich immer stellt, insbesondere nach Championship Games, lautet: Wie lange wird es dauern, ehe die beiden unterlegenen Teams wieder so nah an einen Trip zum Super Bowl kommen? In der NFL, das ist die harte Realität, ist nicht selten ein Playoff-Run, in dem ein Team zur richtigen Phase der Saison heiß läuft, wahrscheinlicher, als dass über mehrere Jahre anhaltender Erfolg aufgebaut und so ein Titelfenster über mehrere Jahre offengehalten wird.

Also - was sind die Titans und die Packers? Stehen beide am Anfang eines neuen Titelfensters? Oder sind es One-Hit-Wonders, die nächstes Jahr einen deutlichen Rückschritt hinlegen und erst eine Weile brauchen werden, ehe sie wieder um ein Ticket zum Super Bowl spielen?

Green Bay Packers

Worauf können die Packers aufbauen?

Pass-Rush: Die Verpflichtungen von Za'Darius Smith und Preston Smith waren, man kann es nicht anders sagen, absolute Volltreffer. Insbesondere Za'Darius Smith war einer der vier, fünf besten Edge-Verteidiger der vergangenen Saison, und ist dabei flexibel genug, dass er auch nach innen rücken kann. Die beiden Smiths in Kombination mit der Leistungsexplosion von Kenny Clark in der zweiten Saisonhälfte geben Green Bay ohne Zweifel eine defensive Identität.

Offensive Line: Das lässt sich auch auf die andere Seite des Balls übertragen, auch hier beginnt Green Bays Identität an der Line of Scrimmage. Die Packers hatten einmal mehr eine sehr gute offensive Line, beginnend mit einem der besseren Tackle-Duos der Liga. Hier stellt sich gleich die erste Frage: Was macht Green Bay auf Right Tackle? Bryan Bulagas Vertrag läuft aus.

Davante Adams und Aaron Jones: Green Bay hat zwei exzellente Skill-Position-Spieler: Davante Adams ist ein echter Nummer-1-Receiver und obwohl sich Defenses regelmäßig auf ihn fokussierten, konnte er mehrere Spiele dieses Jahr an sich reißen. Jones derweil hatte seine Breakout-Saison; einmal als Runner, doch insbesondere auch in der Early-Down-Pass-lastigen Packers-Offense im Screen- und Kurzpassspiel.

Welche Problemzonen müssen die Packers schließen?

Wide Receiver: So sehr man Adams loben muss, so sehr muss man gleichzeitig auch die Wide Receiver um ihn herum kritisieren. Die Packers setzten ganz offensichtlich darauf, dass sich aus den vielen jungen Receivern vielleicht zwei, wenigstens aber einer als konstanter Part der Offense festbeißen würde. Das allerdings ist einfach nicht passiert, und in der Folge fehlte Green Bays Offense ganz offensichtlich die Feuerkraft, nicht nur im NFC Championship Game.

Linebacker: Mehr individuelle Cover-Qualität außerhalb von Jaire Alexander wäre ebenfalls ein Punkt. In der Secondary haben sich die Packers mit Amos und Savage auf Safety merklich stabilisiert, auf dem Linebacker-Level bleiben sie aber anfällig. Hier fehlt ein Sideline-to-Sideline-Verteidiger, der auch in Coverage funktioniert und mehr Explosivität in die Front bringt. Blake Martinez ist ohnehin angehender Free Agent. Womöglich ein guter Zeitpunkt für einen Neustart auf Inside Linebacker?

Welche Gefahren zeichnen sich ab?

Das Verkennen der Problemzonen. Die Diskussion darüber, wer verdient oder auch nicht verdient bis ins Championship Game kommt, ist extrem subjektiv. Mein persönlicher Eindruck war, dass Green Bay eher wie ein 10-Siege-Wildcard-Team als wie ein 13-Siege-Nummer-2-Seed-Team gespielt hat. Der größte Fehler wäre es, sich davon blenden zu lassen.

Etwa, indem man voraussetzt, dass sich die Secondary schon verbessern wird, wenn der Pass-Rush so weiterspielen kann. Oder dass sich jetzt doch im Receiving-Corps junge Spieler weiterentwickeln werden, mit einem weiteren Jahr an Erfahrung, und man hier in der Free Agency nichts machen muss.

So gibt es mehrere einzelne potenzielle Möglichkeiten dazu, sich selbst zu blenden - und ja, hier muss man dann auch über Aaron Rodgers sprechen. Rodgers hatte einen guten Start in die Saison und konnte dann gegen Seattle nochmals ein Ausrufezeichen setzen. Doch wahr ist auch, dass eine weitere Saison vergangen und Rodgers ein weiteres Jahr älter geworden ist, in dem sich Probleme verdeutlichten.

Das beginnt konkret mit seiner Accuracy, die merklich inkonstanter geworden ist. Es geht weiter mit mangelnder Risikobereitschaft im Passspiel. Rodgers ist noch immer ein guter Quarterback - auf eine Saison betrachtet jedoch mehr in der "solide"-Kategorie, irgendwo zwischen Platz 10 und 15, als in der Nähe der "Elite"-Gruppe.

All das soll nicht heißen, dass die Packers Rodgers austauschen sollten. Aber es soll sehr wohl heißen, dass Green Bay in seiner Kaderplanung weiter berücksichtigen muss, dass Rodgers dieses Team nicht mehr tragen wird - und man sich womöglich eher früher als später nach einem Nachfolger umschauen muss.

Wie sieht die Packers-Prognose für 2020 aus?

Tendenziell rechne ich mit einer merklichen Regression, zumindest was die Ergebnisse angeht. Die Packers dürfen natürlich zufrieden sein, denn dass man im ersten Jahr unter Matt LaFleur im Championship Game stehen würde, hatte niemand erwartet. Jetzt gilt es, die richtigen Schlüsse zu ziehen; dann wird Green Bay auch 2020 reelle Chancen auf einen Division-Titel haben. Müsste ich heute prognostizieren, würde Green Bay allerdings nicht zu meinen engsten Titelkandidaten für 2020 zählen.