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Third and Long: So überrannten die 49ers die Packers - bleibt Green Bay Contender?

In seiner wöchentlichen Kolumne blickt SPOX-Redakteur Adrian Franke zurück auf die Championship Games.
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NFL-Trends, spannendste Offseason, Turnarounds - eure Fragen

Tim Müller: Bei welchem Team steht die spannendste Offseason bevor?

Man könnte hier sehr gut die bereits angesprochenen Titans ins Rennen werfen, die mit Tannehill, Henry und auch Right Tackle Jack Conklin einige womöglich weichenstellende Entscheidungen treffen müssen.

Wenn wir mal von Tennessee weg gehen: Miami ist natürlich weit vorne mit dabei, einfach durch den Punkt innerhalb des Umbruchs, an dem die Dolphins aktuell stehen.

Jetzt beginnt die Phase, in der die Weichen für den Kader der nächsten Jahre gestellt werden müssen; einen Umbruch einzuleiten und Draft-Picks sowie Cap Space zu sammeln ist zunächst einmal nicht schwer - der schwierige Part besteht darin, diese Ressourcen dann auch in gute Spieler umzumünzen. Beginnend natürlich mit der Quarterback-Position und der zentralen Frage: Tua, oder nicht Tua?

Ansonsten sind es die Franchises, deren langjährige Quarterbacks sich verabschieden könnten. Die Chargers, bei denen einiges darauf hindeutet, dass Philip Rivers seinen letzten Snap für die Franchise gespielt hat, wären so ein Kandidat - und natürlich die Patriots. "Was macht Tom Brady?" wird die Frage sein, welche die NFL ab dem 3. Februar bis zur Free Agency dominiert.

New England hat generell nicht das jüngste Team und könnte auch einen radikalen Umbruch einleiten. Ich glaube nicht daran, noch nicht dieses Jahr - auszuschließen ist es aber nicht.

Jan: Wo siehst du die Zukunft des Run-Games in der NFL? Der Trend zum Pass wird ja immer stärker, so dass sich langfristig bestimmt ganz neue Optionen im Lauf ergeben. Gleichzeitig gehen die Ravens oder auch die Saints mit Hill ganz neue Wege, um den Run in ihr Spiel einzubinden.

Um schon mal Richtung Offseason ein wenig vorweg zu greifen: Eine der spannendsten Wahrheiten aus dieser Saison ist für mich die Vielfalt, mit der Teams Erfolg hatten. Da kann man direkt an den Super Bowl anknüpfen, in dem das Pass-lastigste Team der Liga mit den Chiefs, die eine Passing-Offense in Form eines feuerspuckenden Drachens haben, genauso steht wie die 49ers, die im wahrsten Sinne des Wortes durch die Playoffs gerannt sind.

Und natürlich sind das sehr oberflächliche Beschreibungen. Nicht jedes Team kann dem Chiefs-Weg einfach nacheifern und ähnliche Resultate erhoffen, mit Mahomes und diesen Waffen verfügt KC über immense Qualität.

Trotzdem gibt es Dinge, die Teams verstärkt übernehmen könnten: Das Early-Down-Passing etwa, die Vielzahl an Play Action und RPOs, die Art, wie Running Backs insbesondere in der Red Zone ins Passspiel eingebunden werden: Die Qualität der Chiefs-Offense kommt einerseits natürlich durch die individuelle Klasse, aber sie kommt auch über Scheme und Play-Designs, die Mahomes offene und vergleichsweise "einfache" Würfe ermöglichen.

Auf der anderen Seite wundere ich mich - mit dem Zusatz, dass man die entsprechende O-Line-Qualität dafür benötigt-, dass nicht schon mehr Teams versuchen, intensiver mit dem Outside Zone Scheme und dem darauf aufbauenden Play Action Passspiel zu arbeiten. Shanahan hat damit schon seit Jahren Erfolg, Sean McVay eroberte dann die NFL letztes Jahr mit seiner Version dieser Offense und jetzt steht abermals eine Shanahan-Offense im Super Bowl. Und in beiden Fällen, wenn wir nur auf 2018 (McVay) und 2019 (Shanahan) schauen, gelangen äußerst produktive und explosive Offenses ohne Elite-Quarterbacks.

Wenn wir von außergewöhnlichen Umständen wie bei den Chiefs sprechen, muss man das sicher auch bei Baltimore erwähnen. Es gibt nur einen Lamar Jackson, genau wie es aktuell nur einen Patrick Mahomes gibt, und deshalb kann man auch hier nicht einfach sagen, dass Teams mit einer Option-Offense und einem "klassischen" Dual-Threat-Quarterback den Ravens-Erfolg der vergangenen Regular Season kopieren können.

Aber auch hier werden Teams Schlüsse ziehen und für ihre jeweilige Situation anwenden können. Ein Beispiel: Die vergangene Saison hat - und das nicht nur beim Extrem-Beispiel Baltimore, sondern etwa auch bei den Cardinals mit Kyler Murray oder den Bills mit Josh Allen - unterstrichen, wie eindeutig ein Quarterback, der ins Run Game involviert ist, das Run Game insgesamt gefährlicher macht. Inklusive der Runs, bei denen er selbst nicht als Runner oder via Option-Play involviert ist.

Teams werden, um das zum Einstieg der Frage zurück zu bringen, diesen Part mehr nutzen. Mehr designte Quarterback-Runs, mehr Option-Plays, mehr zahlenmäßige Ausgeglichenheit im Run Game kreieren, statt dass der Quarterback einfach nur den Ball übergibt und somit eigentlich kein Faktor ist. Wie gesagt, nicht in den Extremen der Ravens, aber mit mehr Fokus auf mobile Quarterbacks als wir es jetzt so lange in der NFL, mit dem Pocket-Passer über Jahrzehnte als Nonplusultra, gewohnt waren.

Ich habe den Eindruck, dass die NFL gerade wieder etwas vielseitiger wird, während und indem neue Erkenntnisse ihren Weg zu NFL-Coaches finden. Und es unterstreicht auch nochmal, dass in jeder (Football-)Diskussion eine schwarz/weiß-Sichtweise niemandem etwas bringt.

Ist das Passspiel effizienter als das Laufspiel? Ja, daran hat sich nichts geändert. Heißt das, dass das Run Game keine Rolle spielt? Nein. Kann eine Defense ein Elite-Level für längere Zeit konservieren? Nein, auch das glaube ich nicht mehr; letztlich ist eine Elite-Defense in einem Duell mit einer Elite-Offense doch wieder davon abhängig, dass die Offense Fehler macht und wird sonst Probleme bekommen, diese Offense zu stoppen. Auch das haben wir dieses Jahr oftmals gesehen. Heißt das aber, dass Defense unwichtig ist? Natürlich nicht.

Dieses Spiel könnte man noch ewig weiterführen. Wesentlich mehr Spaß macht es aber, die (neuen) Trends zu analysieren - und dann vor allem zu schauen, wie Teams in der Free Agency und im Draft reagieren. Dort nämlich zeigen sie uns am ehrlichsten, welche Dinge sie gewichten und was sie sportlich sowie taktisch umsetzen wollen.

Meko und b.dreier: Mit den 49ers hat eine Mannschaft den Super Bowl erreicht, welche letzte Saison zu den schlechtesten Teams gehört hat. Wer kann nächste Saison überraschen? Wie haben die 49ers selbst diesen Turnaround so schnell schaffen können, und können sie das Niveau halten?

Die Situation der Niners war natürlich etwas einzigartig, bedingt durch die Verletzung von Garoppolo früh in der vergangenen Saison. Mehrere zentrale Säulen, beginnend mit dem Coaching, der O-Line, Kittle, Sherman oder auch Buckner waren bereits da. Und dann saßen eben die Verstärkungen, beginnend mit Bosa, Samuel und Sanders.

Auch deshalb sprechen wir da tatsächlich von historischen Dimensionen - San Francisco ist nach den 1988er Bengals und den 1999er Rams das erst dritte Team, das den Super Bowl erreicht, nachdem in der vorherigen Saison nicht mehr als vier Spiele gewonnen werden konnten. Die Niners waren nicht das Kellerkind-Team, das der Record 2018 aussagte, und mit einem perfekten Sturm in dieser Saison haben sie das mehr als nur untermauert.

Können sie das aufrechterhalten? Vielleicht nicht ganz auf dem Level, gerade bei dominanten Defenses muss man mit einigen Schwankungen rechnen - San Francisco hatte diese ja schon im Laufe der Saison. Auch Garoppolo ist solide - aber vielleicht letztlich einfach nicht mehr, sprich, er wird weniger Probeme kaschieren können als andere Quarterbacks. Aber weiterhin haben die 49ers alle Bausteine, um mindestens ein Playoff-Contender zu bleiben.

Die Ausgangslage in San Francisco macht es schwer, eine Wiederholung anderswo vorherzusagen. Zwei Teams sind mir besonders in den Kopf gekommen. Die Bengals waren dieses Jahr in der Summe das schlechteste Team der Liga und haben "zurecht" den Nummer-1-Pick. Und auch Cincinnati wird 2020 höchstwahrscheinlich mit einem anderen Quarterback spielen, wenngleich aus anderem Zusammenhang als die Niners: Joe Burrow sollte, wenn alles normal läuft, der neue Bengals-Quarterback sein.

Und keine Frage - das ist eine enorme Projection, für einen Rookie-Quarterback gibt es in der Regel eine deutlich sichtbare Lernkurve. Doch die Umstände in Cincinnati sind nicht so schlecht wie es teilweise wirkte: Die O-Line stabilisierte sich im Laufe der Saison und erhält Vorjahres-Top-Pick Jonah Williams nach Verletzung endlich zurück, auch A.J. Green - sofern, und davon gehe ich aus, die Bengals in halten - kehrt nach seiner Verletzung zurück.

Die Defense hat einige Lücken, aber mit Geno Atkins, Carlos Dunlap und einigen guten Spielern in der Secondary auch hier kein komplettes Desaster. Ich denke nicht, dass die Bengals direkt einen tiefen Playoff-Run hinlegen - aber wenn Burrow schnell einschlägt, könnte das der Turnaround sein, den wir an dieser Stelle in einem knappen Jahr thematisieren.

Das andere Team, gewissermaßen schon einen Schritt weiter als die Bengals in dieser Entwicklung, sind die Arizona Cardinals. Arizona, so scheint es, könnte seinen Head Coach und seinen Quarterback für die absehbare Zukunft gefunden haben - gibt es den großen Sprung im zweiten Jahr?

Die Cardinals hatten in weiten Teilen ein sehr junges Team, das sich weiterentwickeln sollte. Kingsbury und Murray werden sich in der NFL weiter akklimatisieren. Und mit einigen Verstärkungen im Draft und der Free Agency, sowie hier und da ein wenig Glück - womöglich könnte Arizona, aufbauend auf der Offense, mit einem Playoff-Einzug überraschen.

bauer1997: Wann beginnst du mit der Draft-Prospect-Analyse?

Mit den Quarterback läuft die bereits. Vollgas ab Mitte Februar!