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Kevin Durant schafft gerade bei den Phoenix Suns sein Meisterwerk: "Er will diese Herausforderung jeden Abend haben"

Von Ruben Martin
NBA, Phoenix Suns, Kevin Durant, Devin Booker, Bradley Beal, Frank Vogel
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Kevin Durant spielt in Phoenix vielleicht die beste Saison seiner Karriere, fliegt damit bei der einzigartigen Mannschaftskonstellation der Suns jedoch fast etwas unter dem Radar. In einem Bereich hat sich der Weltklassespieler besonders gesteigert - und das erfüllt ihn mit Stolz.

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Im Alter von 35 Jahren zeigten selbst absolute Legenden der NBA schnell abfallende Leistungen, bei Durant ist davon jedoch nichts zu sehen. In seinem ersten vollständigen Jahr in Phoenix spielt KD auf höchstem Niveau, dabei wäre es kein riesiges Wunder, wenn dies nicht der Fall wäre. Die Suns wurden in ihrer aktuellen Form mit viel Vertrauen und Freude zum Experiment konstruiert, so etwas wie sie gab es noch nie.

Durant, Devin Booker und Bradley Beal sind allesamt extrem balldominante Spieler, die sich am besten selbst die Würfe kreieren können. Bei den Brooklyn Nets mit Durant, James Harden und Kyrie Irving war das ähnlich, Harden konnte jedoch die Rolle eines klassischen Point Guards übernehmen, wenn er wollte. Das ist bei den Suns anders, ein richtiger Spielmacher ist in der festen Rotation überhaupt nicht zu finden.

So spielt das Trio der Superscorer in manchen Fällen etwas isoliert vor sich hin, Durant wirkt oft sogar wie die zweite Option hinter Booker. Der 27-Jährige punktet ebenfalls auf sehr hohem Niveau und war Jahre lang der beste Spieler der Suns, dementsprechend war ein plötzlicher Wechsel in der Rangordnung nicht unbedingt zu erwarten. Booker ist jedoch nicht ganz auf dem Level von Durant, der aktuell 52,9 Prozent aus dem Feld sowie 42,5 Prozent seiner Dreier trifft. Für einen Flügelspieler bei solch hohem Volumen sind dies beinahe übermenschliche Quoten.

Durant scheint sich an seiner Rolle jedoch nicht groß zu stören, der bisher etwas enttäuschende Saisonverlauf der Suns lässt sich wohl ohnehin eher an anderer Front erklären. Bradley Beal ist weit weg entfernt von seinem Niveau als einer der absolut besten Scorer der Liga in der Saison 2020/21, seine Verletzungshistorie wird immer länger. Der 30-Jährige verpasste 29 der ersten 65 Spiele, die Suns haben nicht die Tiefe, dies auf höchstem Level im Westen aufzufangen. Durant hilft jedoch, wo er kann, und das ist mittlerweile nahezu überall.

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Kevin Durant hat sich als Verteidiger transformiert

Durant kam als schwacher Verteidiger in die Liga, fand jedoch recht schnell heraus, wie er seine überragende Länge als Flügelspieler sinnvoll als Verteidiger von der Helpside nutzen kann. Auch als Flügelverteidiger gegen den Ball steigert Durant sich schon seit einigen Jahren und hat nun einen neuen Höhepunkt erreicht.

Frank Vogel nutzte es bereits häufig als Waffe, Jusuf Nurkic für Phasen eines Spiels auf die Bank zu setzen und Durant als unkonventionellen Center spielen zu lassen. Der Head Coach und Defensivspezialist hat eigentlich eine Vorliebe für klassische Big Man wie Anthony Davis, Marc Gasol oder Dwight Howard als Anker seiner Verteidigung. Dass er Durant in solchen Situationen vertraut, zeigt, wie weit KD als Verteidiger gekommen ist.

Die Suns setzen dann wie gewohnt in Small Ball viel auf Switches in der Defense, gegnerische Guards erhoffen sich noch immer ein klares Matchup gegen Durant und setzen auf den Drive, da KD die Herausforderung stets annimmt und nicht den freien Dreier abgibt. So klar ist das Matchup dann in den seltensten Fällen, Durant hat es gemeistert, auch flinkere Gegenspieler vor sich zu halten.

"Mann, ich will wirklich einer der besten All-Arounder aller Zeiten sein, in allen Bereichen des Spiels," betonte Durant jüngst im Gespräch mit Jake Fischer (Yahoo Sports) und führte aus: "Das kann ich nur, wenn mein Trainer mir in solchen Positionen vertraut. Ich kann das nicht üben, wenn ich nicht in solche Positionen gebracht werde. Ich frage nach solchen Matchups und danach, dass Frank kreativ wird mit mir in der Defense. Damit ich besser werden und lernen kann, wie es ist als All-Around-Verteidiger."

Kevin Durant: Seine On/Off-Stats in der Defense

SaisonTeamMinutenDifferenz (100 Ballbesitze)
07/08Sonics2750+8,1 Punkte zugelassen mit Durant auf dem Feld
08/09Thunder2881+7,8
09/10Thunder3229-13,3
10/11Thunder3031+44,4
11/12Thunder2535+2,9
12/13Thunder3112+1,9
13/14Thunder3109+3,7
14/15Thunder909-4,0
15/16Thunder2561-3,1
16/17Warriors2051-2,0
17/18Warriors2309+7,4
18/19Warriors2699-0,7
20/21Nets1151-1,4
21/22Nets2047-5,2
22/23Nets/Suns1671-4,1
23/24Suns2161-1,3

 

NBA, Phoenix Suns, Kevin Durant, Devin Booker, Bradley Beal, Frank Vogel
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Frank Vogel: "Kevin will diese Herausforderung jeden Abend"

Seine Gegenspieler treffen aktuell 5,5 Prozent schlechter mit Durant als direktem Verteidiger verglichen mit ihrem Saisondurchschnitt, der Suns-Star belegt damit den fünften Rang der Liga. Vor ihm sind mit Rudy Gobert, Evan Mobley, Joel Embiid und Kristaps Porzingis die besten Ringverteidiger der Liga, die weniger als Durant an der Dreierlinie ackern. Er verteidigt Spieler im obersten Usage-Level - meist die besten Spieler ihres Teams - in 22,93 Prozent seiner Possessions, laut Basketball Index der höchste Wert seiner Karriere.

"Manchmal muss man Topscorer in der Defense verstecken, um ihre Last niedrig zu halten, oder aus anderen Gründen. Kevin will diese Herausforderung jeden Abend haben", verriet Vogel: "Er ist tiefer im Spiel, wenn er einen Topgegner verteidigt. Mit seiner Länge von 2,13 Metern, seiner Spannweite und Fähigkeit, seine Füße seitlich zu bewegen, kann er die meisten Gegner in der Liga verteidigen, egal ob groß oder klein."

Das wird Durant in Phoenix auch weiter machen müssen, damit die Suns in den Playoffs einen tiefen Lauf hinlegen können. Ein Großteil seiner Mannschaftskollegen hat die Stärken eher in der Offense, auch nach der Addition von Royce O'Neale zur Trade Deadline. Wie viel Josh Okogie in der Postseason eingesetzt werden kann, ist aufgrund seines unbrauchbaren Distanzwurfs fraglich, somit wird Durant es wohl meist mit den Superstars der Liga zu tun bekommen. Darauf bereitet er sich immerhin schon seit Jahren vor, das ganze Jahr über.

"Ich spiele gegen diese Jungs im Sommer. Wenn ich die Chance bekomme, versuche ich mir hier und da eine kleine Information zu klauen", verriet Durant: "Ich versuche das Wissen zu nutzen, welche Tendenzen die Gegner haben. Aber es ist die NBA. Diese Spieler werden trotzdem Würfe über dich treffen, Offense kann besser sein als jede Defense. Aber sie werden es spüren, wenn jemand hart gegen sie verteidigt. Das versuche ich, um ihnen das Leben schwer zu machen."

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Phoenix Suns: Hohe Erwartungen bei hoher Schwierigkeit

Die Verantwortlichen der Suns werden sehr glücklich darüber sein, dass Durant ohne jegliche Anlaufschwierigkeiten als absoluter Elitespieler in Phoenix angekommen ist. Das bedeutet jedoch auch, dass bei ihm nicht mehr viel Luft nach oben ist, und Steigerung an anderer Stelle kommen muss. Viel besser wird ihre Defense wohl nicht werden, das Defensivrating von 114,2 (Rang 13 in der Liga) ist bei einem Blick auf den Kader nicht schlecht.

Man hatte sich in Phoenix jedoch wohl eine rekordträchtige Offense erhofft, mit 117,0 Punkten bei 100 Possessions sind die Suns jedoch nur gerade so in der Top 10. Hier liegen die Augen wohl in erster Linie auf Beal, der zwar sehr gute Quoten auflegt, aber deutlich weniger Würfe als zu seinen besten Zeiten nimmt und deutlich seltener an die Freiwurflinie kommt.

Die Erwartungen an das vermeintliche Supertrio sind extrem hoch, alles andere als der Einzug in die Conference Finals wäre wohl gerade für Booker und Durant sehr enttäuschend. Das könnte im erneut sehr stark besetzt Westen schwierig werden, die Nuggets sind weiter der Endboss der Liga. Die Thunder, Pelicans und Wolves sind zwar unerfahren, eine eingespielte Truppe sind die Suns jedoch auch noch nicht, auch wenn sie mit Durant und Booker zwei Playoff-Veteranen mitbringen.

Die Clippers stehen den Suns bei voller Gesundheit kaum nach in der Starpower, auch über die Mavericks, Lakers, Kings und Warriors kann man dank ihrer Stars stolpern. Erst recht, falls die Suns in das Play-In-Turnier müssen, wovon sie aktuell nur ein halbes Spiel in den Standings entfernt sind. Phoenix sticht nicht heraus in der breiten Gruppe der Nuggets-Herausforderer des Westens.

Phoenix Suns: Der Kader in der Übersicht (Gehälter in Mio. Dollar)

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
Devin Booker (36)Bradley Beal (46,7)Grayson Allen (8,9)Kevin Durant (47,6)Jusuf Nurkic (16,9)
Eric Gordon (3,2)Josh Okogie (2,8)Royce O'Neale (9,5)David Roddy (2,7)Drew Eubanks (2,3)
Damion Lee (2,5)Nassir Little (6,3)Bol Bol (2,2)Thaddeus Young (1,0)

Der Slim Reaper ist in jedem Fall bereit für die Herausforderung. "Ich glaube an dieses Team, und wir glauben aneinander", sagte Durant im Gespräch mit Chris Haynes (Bleacher Report): "Mit Brad und Book zu spielen ist neu, aber in dieser Liga habe ich schon alles gesehen. Alles wurde mir schon entgegengeworfen."

"Ich will einfach nur sehen, dass wir als Mannschaft weiter zusammenwachsen. Ich mag unsere Chemie. Nicht nur wir drei, aber das ganze Team", führte er aus: "Ich glaube, wir bauen gerade etwas und kreieren eine Identität. Das braucht Zeit und Wiederholungen. Unser Trainerstab macht einen großartigen Job. Ich verspreche nichts, aber ich mag unsere Chancen gegen jeden."

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