NBA

NBA - Der Trade von John Collins in der Analyse: Warum uns noch mehrere solcher (einseitigen) Deals erwarten

Von Robert Arndt
John Collins spielt in der kommenden Saison für die Utah Jazz.
© getty

Die Atlanta Hawks haben John Collins zu den Utah Jazz getradet. Der Gegenwert für den Big Man ist enorm gering, doch der Collins-Deal wird nicht der letzte Trade dieser Offseason sein, welcher auf dem Papier so einseitig aussieht. Grund ist der neue Kollektivvertrag, welcher ab dem 1. Juli in Kraft treten soll.

Cookie-Einstellungen

Es ist tatsächlich passiert. Nach über drei Jahren Trade-Gerüchten haben sich die Hawks (endlich) von John Collins getrennt. Der Gegenwert ist gewissermaßen schockierend. Ein zukünftiger Zweitrundenpick sowie die Reste, die von Rudy Gay (36) übrig geblieben sind. Das ist gelinde gesagt wenig, könnte aber auch der Start einer Reihe solcher Trades sein, die in den kommenden Tagen, Wochen oder Monaten folgen werden.

Zu drastisch sind die Strafen, die eine (zu) hohe Payroll nach sich zieht, auch wenn die NBA und die Spielergewerkschaft noch immer keinen neuen Vertrag unterzeichnet haben. Der Collins-Trade ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Teams in den kommenden Jahren agieren werden, wenn eine Meisterschaft nicht in Reichweite und der Kader entsprechend teuer ist.

John Collins nach Utah: Der Trade in der Übersicht

Jazz erhaltenHawks erhalten
John Collinszukünftiger Zweitrundenpick
-Rudy Gay
01-trae-young
© getty

Innerhalb weniger Tage ist das nun bereits der dritte Deal nach diesem Muster. Die Warriors luden in Washington den Vertrag von Jordan Poole ab, Dallas entledigte sich am Draft-Tag Davis Bertans (und tauschte seinen 10. für den 12. Pick), nun waren es die Hawks, die einen großen Deal an ein Team weiter reichten, welches genügend finanziellen Spielraum hatte. Collins' Fünfjahresvertrag über insgesamt 125 Millionen Dollar läuft noch bis 2026, nun werden ihn die Jazz bezahlen.

Man kann jetzt argumentieren, dass dies knausrig von den Hawks ist, gleichzeitig ist es aber auch notwendig, da bei Erreichen des "Second Apron" schon im Sommer 2023 Strafen drohen. Demnach können Teams nicht mehr die Mini-Midlevel Exception verwenden und in Trades nur noch 110 Prozent statt der üblichen 125 Prozent an Gehältern aufnehmen.

2024 wird es noch haariger. Dann können Teams über der zweiten Luxussteuergrenze nicht mehr Geld aufnehmen als sie abgeben und dürfen über sieben Jahre keinen Erstrundenpick traden. Dazu kommen natürlich auch noch die üblichen Strafen für das Erreichen der Luxussteuer selbst. Das alles trägt dazu bei, dass wir mit im Fall Collins nicht den letzten (einseitigen) Deal dieser Art gesehen haben. Es ist nicht mehr nur eine Sache des Geldes, sondern auch des Roster Buildings.

NBA: Diesen Teams droht die Luxussteuer

TeamÜber LuxussteuergrenzeUnter "Second Apron"
Boston Celtics8,2 Mio.7,3 Mio.
Denver Nuggets1 Mio.16 Mio.
Golden State Warriors19,5 Mio.-13 Mio.
L.A. Clippers39 Mio.-22 Mio.
Miami Heat12 Mio.3,3 Mio.
New Orleans Pelicans-2,8 Mio.20 Mio.
Phoenix Suns10 Mio.7,5 Mio.
02-john-collins
© getty

NBA: Warum Atlanta Collins verscherbelte

Und die Hawks sind gewissermaßen ein Paradebeispiel für die Folgen des neuen Kollektivvertrags. Atlanta war teuer und deutlich in der Luxussteuer (knapp 10 Millionen), gleichzeitig waren sie kein Team, welches sich ernsthafte Titelchancen ausrechnen konnte. So ist es nur logisch, dass die Hawks einen Schwerverdiener wie Collins, der darüber hinaus eine enttäuschende Saison spielte, loswerden wollten.

Nun haben die Hawks knapp 20 Millionen Dollar Spielraum, um ihren Kader aufzufüllen und unter der Luxussteuergrenze zu bleiben. Eigentlich kein schlechter Deal, allerdings schwingt bei Collins mit, dass Atlanta über Jahre versuchte, den Forward zu traden und nun einen äußerst mäßigen Gegenwert erhält.

Dennoch profitieren die Hawks gewissermaßen auch vom neuen CBA. Denn: Im Gegensatz zu früheren Jahren muss jedes Team mindestens 90 Prozent seines Capspaces verwenden - und das mit Beginn der Saison. Ansonsten verschwindet der Capspace und Teams werden nicht an der Verteilung der Luxussteuerzahlungen beteiligt. So übt die Liga auch auf die Mannschaften auf der anderen Seite des Spektrums Druck aus, Geld auszugeben.

03-john-collins
© getty

Utah war ein solches Team mit Capspace und hat nun mit dem Collins-Deal fast seinen kompletten Capspace verbraucht, gleiches machten die Thunder mit Bertans. Verlierer in dieser Angelegenheit sind nun die derzeitigen Free Agents, da mit Utah und OKC bereits zwei mögliche Destinationen ihr Geld für Trades verwendeten und diese nicht mehr als Optionen zur Verfügung stehen.

In der Vergangenheit hätte Atlanta womöglich selbst einen Pick bezahlen müssen, um einen solchen Vertrag loszubekommen, in der neuen Umgebung könnten die sogenannten "Salary Dumps" leichter durchzuführen sein.

NBA: Diese Teams haben noch Capspace

Teamgeschätzter Capspace
Houston Rockets60 Mio.
San Antonio Spurs37 Mio.
Indiana Pacers32 Mio.
Detroit Pistons28 Mio.
Orlando Magic23 Mio.
Oklahoma City Thunder16 Mio.
04-young-collins
© getty

NBA: Hawks können Collins-Abgang verschmerzen

Auch aus sportlicher Sicht dürfte der Abgang von Collins für Atlanta zu verschmerzen sein. Seit der Ankunft von Clint Capela fristete Collins nur noch ein Schattendasein, da der 25-Jährige zu einem Floor Spacer degradiert wurde. In den ersten Jahren seiner Karriere war Collins noch der bevorzugte Pick'n'Roll-Partner von Trae Young, das war mit Non-Shooter Capela kaum noch möglich.

2022/23 wurde Collins so selten wie noch nie eingesetzt (Usage-Rate von nur 17 Prozent), dazu fiel auch sein Wurf so schlecht wie nie zuvor. Neu-Coach Quin Snyder setzte Collins mehrfach im vierten Viertel auf die Bank und wählte stattdessen kleinere Lineups, mit De'Andre Hunter und Saddiq Bey haben die Hawks hier solide Lösungen und mit Jalen Johnson einen ähnlichen Spielertyp wie Collins, der aber deutlich kostengünstiger ist.

Auch für Collins dürfte ein Tapetenwechsel nichts Schlechtes sein. Wie er selbst im Februar zugab, nagten die Gerüchte am Forward: "Es ist nie mein erster Gedanken, aber sicherlich im Unterbewusstsein. Im Spiel denke ich nicht an sowas, trotzdem bin ich weiter einfach nur ein Mensch."

Atlanta Hawks: Der Kader in der Übersicht

PGSGSFPFC
Trae YoungDejounte MurraySaddiq BeyDe'Andre HunterClint Capela
Kobe BufkinBogdan BogdanovicA.J. GrffinJalen JohnsonOnyeka Okongwu
Vit KrejciGarrison MathewsTyrese MartinRudy GayBruno Fernando
05-kessler-markkanen
© getty

NBA: Neue Chance für Collins in Utah

Das schwache Shooting von Collins lässt sich womöglich auch auf eine Verletzung aus dem Jahr 2022 zurückführen, nachdem sich der Forward am Ringfinger verletzte und dies nur sehr langsam heilte. Über seine Karriere sind es knapp 36 Prozent von Downtown, deutlich besser also als die 29 Prozent aus der Vorsaison. In Utahs System dürfte Collins mehr Gelegenheiten bekommen, auch weil die Jazz keine solch balldominanten Guards wie Trae Young oder Dejounte Murray haben.

Überhaupt bleibt der Backcourt ein einziges Fragezeichen. Mit Keyonte George wurde an Position 16 ein Guard gezogen, Jordan Clarkson und Talen Horton-Tucker halten Spieler-Optionen, dahinter wird es bereits recht dünn, was Aufbauspieler angeht. Utah hat dennoch keine Eile, durch die Trades von Donovan Mitchell und Rudy Gobert ist die Pick-Schatulle pickepackevoll, bis 2029 halten die Jazz satte 13 Erstrundenpicks.

Utah Jazz: Der Kader in der Übersicht

PGSGSFPFC
Talen Horton-Tucker *Jordan Clarkson *Lauri MarkkanenJohn CollinsWalker Kessler
Collin SextonOchai AgbajiBrice Sensabaugh **Taylor Hendricks **Kelly Olynyk
Kris DunnKeyonte George **Simone Fontecchio-Damian Jones

* Hält Spieler-Option, ** Rookie

Artikel und Videos zum Thema