NBA

NBA-Kolumne Above the Break: Die Probleme der Lakers beginnen und enden nicht mit Russell Westbrook

LeBron James begibt sich bei den Los Angeles Lakers in eine neue Phase seiner Karriere.
© getty
Cookie-Einstellungen

Es fühlt sich zwar noch immer fast vermessen an, aber derzeit drängt sich die Frage auf, ob LeBron ein Team in Jahr 19 noch tragen kann. Der King zeigt Alterserscheinungen, nicht nur in Bezug auf die kleineren und größeren Verletzungen, die seine Zeit in Los Angeles bisher prägen. Das zeigt sich vor allem an seinem Profil als Scorer.

Der bald 37-Jährige ist mehr denn je zum Jump-Shooter geworden: LeBron nimmt die wenigsten Abschlüsse seiner Karriere am Ring (35 Prozent) und gleichzeitig die meisten Dreier seiner Karriere (8,4 pro Spiel). Es ist kein Zufall, dass viele seiner bisher besten Spiele solche waren, in denen er von draußen heiß lief, etwa bei seinen Season-High 39 Punkten gegen Indiana (5/12 Dreier).

Die optimistische Sichtweise aus Lakers-Sicht dürfte in etwa so aussehen: LeBron spart Energie, außerdem versucht er, die Spacing-Probleme neben Westbrook und Davis (und oft auch noch einem klassischen Brettcenter) auf eigene Faust zu beheben. Die pessimistische Sichtweise: Kommt LeBron schlichtweg nicht mehr an seinen Gegenspielern vorbei?

LeBron James wird zum Jump-Shooter

Es gibt zumindest mehr Indizien dafür als in der Vergangenheit, dass die Explosivität langsam schwindet, was nach über 50.000 Karriere-Minuten allein in der Regular Season natürlich auch niemanden verwundern sollte. Seine Effizienz am Ring ist zwar nach wie vor hoch, dennoch wirkt er auch als Finisher oft nicht so explosiv, wie man ihn kennt.

Hinzu kommt, dass LeBron sich am Ende von Spielen oft fast nur auf den Distanzwurf verlässt - möglicherweise spielt dabei auch Müdigkeit eine Rolle, schließlich reißt er derzeit 36,9 Minuten im Schnitt ab und damit mehr als in jeder Saison seit 2016/17. Die vielen Overtimes gegen schwache Teams tragen dazu bei, die erhoffte Entlastung gibt es selten.

Als Folge der neuen Wurfdiät zieht James weniger Freiwürfe als je zuvor in seiner Karriere, er übt schlichtweg nicht den seit Jahrzehnten gewohnten Druck auf die gegnerische Defense aus. Genau wie Davis und Westbrook generiert er aus Isolation Plays derzeit keine 0,8 Punkte pro Play und bestätigt damit einen absteigenden Trend.

LeBron James in Isolation Plays

SaisonIsolationen pro SpielPunkte pro IsolationHäufigkeit Shooting Foul
16/175,10,9711,9%
17/186,40,968,6%
18/194,70,9714%
19/204,50,911,3%
20/214,40,848,1%
21/2240,787,8%

Fragt sich: Sehen wir diese Version von LeBron, weil er sich schont, weil er angeschlagen war und ist oder weil er sich noch an sein neues Team und vor allem Westbrook gewöhnen muss - oder ist LeBron von jetzt an permanent ein anderer Spieler? Sollte es so sein, dürfte sich seine Rolle im Team noch weiter verändern.

Wird LeBron James nun zum Center?

Selbst ohne Explosivität bleibt James ein exzellenter Spieler. Er gehört zu den besten Passern der Liga, er kann noch immer überdurchschnittlich effizient scoren, in Sachen Kraft macht ihm ohnehin kaum jemand etwas vor. Eine seiner Trumpfkarten war jedoch stets, dass er dabei auch noch schneller war als jeder seiner Gegenspieler.

Momentan ist er das permanent nur auf der Center-Position, auf der ihn Frank Vogel häufiger einsetzt als je zuvor: In den Minuten mit James und Carmelo Anthony als designierten "Big Men" haben die Lakers eine überragende Punktedifferenz von +16,5, insbesondere die Offensive explodiert regelmäßig in diesen Phasen.

In einem Team mit Davis als einzigem U30-Star kann es allerdings nicht die Lösung sein, LeBron zu viel auf der körperlich anstrengendsten Position des Sports spielen zu lassen - und diese Lineups sind defensiv ohnehin ziemlich angreifbar.

Ausgerechnet LeBrons alter Kumpel Tyronn Lue demonstrierte das am Wochenende, als er seine Bankspieler Eric Bledsoe und Isaiah Hartenstein viermal nacheinander LeBron im Pick'n'Roll attackieren ließ und jedes Mal Erfolg damit hatte. LeBron, Matchup-Hunting - da war doch was?

Lakers: Manche Probleme kann kein neuer Coach lösen

Die Lakers stehen nun an einem komischen Punkt. Ihre Offseason-Strategie muss erneut hinterfragt werden, neben dem Westbrook-Trade bezieht sich das ganz besonders auch auf die schreckliche Entscheidung, Alex Caruso ohne Not nach Chicago ziehen zu lassen. Es bleibt nur noch wenig Spielraum, irgendetwas zu verändern. Deswegen wird schon länger gemunkelt, dass es Vogel erwischen könnte.

Nur: Wie viel könnte ein neuer Coach hier bewirken? Liegt es am Coach, dass alle Flügelverteidiger des Meister-Teams weg sind? Liegt es am Coach, dass der Kader so aussieht, wie er jetzt aussieht? Liegt es am Coach, dass momentan keine perfekte Lösung dafür vorliegt? Sicherlich nicht.

Denn das war seit Jahren ja die Rechnung bei den Lakers: Selbst wenn es sonst nicht ideal aussah, hatte man den vielleicht besten Problemlöser in der Geschichte des Sports sowie einen weiteren Top-10-Spieler in seinen Reihen und damit im Zweifel fast immer mehr Talent als das Team auf der Gegenseite.

Prime-LeBron könnte vermutlich auch bei diesem Kader die meisten Probleme lösen. Gibt es Prime-LeBron jedoch nicht mehr und verharrt Davis weiter zwischen Superstar und Mitläufer, dann geht diese Rechnung nicht mehr auf. In dem Fall haben die Lakers weitaus größere Probleme als den Fit von Russell Westbrook.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema