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Gobert: Der wichtigste Center der Liga?

Rudy Gobert legt in dieser Saison beeindruckende Zahlen auf
© getty

Zeit seiner Karriere wird Rudy Gobert unterschätzt - eine Tatsache, die wohl niemanden mehr nervt als ihn selbst. In dieser Saison hat der Franzose jedoch endgültig den Sprung zum Topspieler geschafft.

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Rudy Gobert ist keiner, der mit seiner Meinung hinter dem Berg hält. Der Franzose sagt, was er denkt, ob bei Twitter oder nach einem Spiel zu Journalisten. Mal beschwert er sich über Schiedsrichter, mal auch über Fans oder Journalisten - wie zum Beispiel im vergangenen Januar.

"Danke an alle, die für mich als All-Star gestimmt haben, aber wir wissen ja, wie das läuft", schrieb Gobert vielsagend, nachdem er nicht als Starter im Spiel der Besten berücksichtigt wurde. Als Kumpel Nicolas Batum später, nachdem Gobert auch nicht als Reservist nominiert worden war, sagte, dass Gobert dann wenigstens Defensive Player of the Year werden sollte, kommentierte dieser: "Sie haben längst entschieden, wer DPOY wird. Ich kontrolliere einfach nur das, was ich kontrollieren kann."

Noch ein Beispiel: Als ihn ein Fan bei Twitter darauf hinwies, dass bei ESPN Draymond Green und nicht er als DPOY-Favorit galt, antwortete er nur: "Wenn ich Clowns sehen will, gehe ich in den Zirkus." Das saß.

Teilweise schießt der 24-Jährige mit seiner Säuerlichkeit etwas übers Ziel hinaus, mit Sicherheit haben beispielsweise Green und Kawhi Leonard auch gute Argumente für den DPOY-Award. Es ist aber verständlich, dass er sich trotz seiner 2,16 Meter oft übersehen fühlt. Das passierte schließlich schon, bevor er überhaupt in die NBA kam.

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Utah in den Schoß gefallen

Vorm Draft 2013 galt er zwar als mittlerer Erstrunden-Pick, allerdings bestanden große Zweifel an seiner NBA-Tauglichkeit - ein anonymer Scout etwa sagte, er sei "überhaupt kein Fan. Gobert ist ein Junge, der lang ist und rennen kann. Aber er hat überhaupt kein Gefühl für das Spiel." Gobert fiel daher auf Rang 27 zurück und wurde noch am Draftabend von Denver für Erick Green und Cash nach Utah geschickt.

Dort behandelte man den 20-Jährigen als ein "Projekt" - und genau das zahlt sich mittlerweile aus. Nur 9,6 Minuten stand er in seiner Rookie-Saison auf dem Court, aber schon in seiner zweiten Spielzeit zeigte er solche Fortschritte, dass Utah Mitte der Saison Enes Kanter wegschickte, um den Starting Spot für den "Stifle Tower" freizumachen.

Sie haben es bis heute nicht bereut - denn Gobert hat sich aufgrund harter Arbeit in sehr kurzer Zeit vom etwas steifen Hungerhaken zu einer dominanten Präsenz entwickelt. "Es mag verrückt klingen, aber es ist wahr: Sein Wunsch, sich zu verbessern, ist genauso einmalig wie seine Spannweite", erklärte Jazz-GM Dennis Lindsey im März gegenüber ESPN.

Die Jazz-Version von Bill Russell?

Bereits in den letzten beiden Jahren war Gobert ein absolut gefürchteter Verteidiger, sammelte Rebounds und Blocks und wurde zum wohl besten Rim Protector der Liga. Vergangene Saison ließ er in der Zone nur eine 48,6-prozentige Quote zu (11,6 Prozent unter dem Durchschnitt!) und lieferte damit den besten Wert der Liga. Da er 21 Spiele verpasste, wurde er bei der DPOY-Wahl dennoch nicht einmal Dritter.

Die Jazz sahen seinen Impact und sein Potenzial natürlich dennoch und statteten ihn im vergangenen Sommer mit einem neuen Vierjahresvertrag über 102 Millionen Dollar aus, dessen Laufzeit 2017/18 beginnen wird. "Wir hoffen, dass Rudy die Jazz-Version von Bill Russell wird", sagte Lindsey während der Verhandlungen.

Wenngleich Gobert mit großer Sicherheit keine elf Ringe gewinnen wird - bisher lässt sich konstatieren, dass sich das Investment gelohnt hat. Gobert führt die Liga bei diversen defensiven Parametern an, darunter den Defensive Win Shares (5,7) und Blocks (2,6). Bei der Rim-Protection liegt er mit 13,4 Prozent Differenz haarscharf hinter - logisch - Green (13,6).

Was allerdings auch die optimistischsten Herren im Staate Utah nicht hätten vorhersehen können, ist die Explosion, die Gobert offensiv hingelegt hat. Denn auch hier ist er auf einmal ein richtiger Impact Player - Gobert nennt 13,9 Punkte und die zweitbeste effective Field Goal Percentage (66,1 Prozent) der Liga sein Eigen.

Biest im Pick'n'Roll

Während knapp 14 Punkte für sich noch nicht wahnsinnig beeindruckend klingen, muss man bedenken, dass sein bisheriger Karrierebestwert nur 9,1 Punkte waren - und wie er sich im Verlauf der Saison gesteigert hat. Im März etwa legte er mit 17,3 Punkten und 13,5 Rebounds - und einem Offensiv-Rating von 133! - den wohl besten Monat seiner Karriere hin.

Natürlich profitiert Gobert in puncto Effizienz davon, dass viele seiner Punkte durch Dunks zustande kommen. Im Pick'n'Roll punktet außer DeAndre Jordan kein Roll-Man besser als er (1,38 Punkte pro PNR) und seine Blöcke führen zu 6,2 Screen Assists (Blöcke, die unmittelbar zu Punkten von Mitspielern führen) pro Spiel - nur Marcin Gortat ist in dieser Hinsicht besser.

Im Gegensatz zu beispielsweise Jordan hat sich Gobert aber auch an der Freiwurflinie gesteigert (65 Prozent FT) und zeigt mittlerweile eine sehr ordentliche Wurftechnik, die er künftig auch mehr im Spiel einsetzen will: "Ich denke, dass ich gut werfen kann", sagt Gobert. "Im Training setze ich das auch schon gut ein. Es geht nur darum, das auch aufs Spiel zu übertragen. Manchmal wünschte ich, ich wäre einfach dumm und würde mehr werfen, ohne darüber nachzudenken."

Wichtiger als Boogie und Co.?

Statt sich "dumm" zu verhalten, trifft Gobert in den allermeisten Situationen die Entscheidung, die für sein Team am besten ist - und das ist neben der Entwicklung von Gordon Hayward wohl der Hauptgrund, warum Utah derzeit Platz vier im Westen belegt. Bei den Win Shares, also den geschätzten Siegen, die ein Spieler seinem Team verschafft hat, liegt er mit 13,2 lediglich hinter James Harden (14,2).

Er ist offensiv lange nicht so versiert wie DeMarcus Cousins, Marc Gasol, Karl-Anthony Towns oder auch Nikola Jokic, aber auch er packt mittlerweile schon mal einen No-Look-Pass aus - und anhand der Zahlen lässt sich gut dafür argumentieren, dass er in dieser Saison einen größeren Einfluss auf sein Team ausübt als jeder andere Center. Er ist nicht der beste, aber vielleicht der wichtigste Fünfer.

Ob das für den DPOY-Award oder eine Nominierung für eins der All-NBA Teams reicht? Vermutlich nicht, wenn es nach Gobert geht. Vielleicht wird ihm ja erneut DeAndre Jordan vorgezogen, gegen dessen Clippers die Jazz Stand jetzt in der ersten Playoff-Runde ranmüssten.

"Ich liebe es einfach, zu gewinnen", sagte Gobert zu ESPN, "und Leute dazu zu bringen, ihre Worte herunterzuschlucken." Bisher hat ihn das ziemlich weit gebracht.

Rudy Gobert im Steckbrief

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