Als die Dallas Mavericks während ihres Roadtrips im Big Apple zu Gast waren, sahen die Fans im Madison Square Garden eine katastrophale erste Halbzeit. Obwohl die Texaner mit einer Rumpftruppe antreten mussten, führten sie zur Pause mit 39:36. Woanders steht dieses Ergebnis nach einem Viertel auf der Anzeigetafel.
Doch Knicks-Coach Jeff Hornacek fand eine Lösung: Er platzierte nach dem Pausentee Joakim Noah auf der Bank und rotierte dafür Flügelspieler Justin Holiday aufs Parkett. Kristaps Porzingis wanderte auf die Fünf, Carmelo Anthony auf die Vier.
Die Umstellung wirkte wie gewünscht: Das Spiel wurde schneller, was den Knicks gut zu Gesicht stand und den Mavs den Zahn zog. Darüber hinaus war Holiday defensiv die Antwort auf den zuvor heiß gelaufenen Harrison Barnes, der gegen seine neue Klette kaum noch etwas auf die Kette bekam.
Auch wenn es schon zwei Wochen her ist, demonstrierte diese Partie hervorragend, was die Situation bei den Knicks ist: Sie wissen noch nicht so recht, was und wie sie spielen wollen. Hornacek experimentiert Abend für Abend mit seinen Lineups, spielt mal schnell und mal klassisch mit zwei Big Men.
Die Noah-Option
Die Starting Five wird dabei kaum angetastet, solange alle fit sind. In dieser ist nach wie vor Noah gesetzt, der bis dato endlich mal wieder verletzungsfrei zu bleiben scheint. Seine offensiven Defizite und das damit einhergehende Spacing-Problem sind altbekannt, trotzdem hat der Franzose nach wie vor seinen Wert als Post- und Pick-and-Roll-Verteidiger.
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Darüber hinaus ist er - obwohl er im Schnitt nur 22 Minuten auf dem Parkett steht - der erfolgreichste Rebounder seines Teams. Mit Noah auf dem Feld ist das Defensiv-Rating der Knickerbockers um 7,1 Punkte besser. Jedoch ist Hornacek ein Coach, der Spiele in der Offensive gewinnen will, von daher ist es kein Wunder, dass der Center in der Crunchtime häufig auf der Bank zu finden ist. Beleidigte Töne sind deshalb (noch) nicht zu hören: "Der Coach hat die richtige Entscheidung getroffen mit dem Small-Ball-Lineup", gab er beispielsweise nach dem Sieg über die Mavs zu Protokoll.
Die Alternativen
Mit Noah auf der Bank ist zunächst der positionsgetreue Wechsel mit Willy Hernangomez die erste Rotations-Option. Der Spanier liefert ordentliche Zahlen in seiner Rookie-Saison und nennt offensiv zwei Dinge sein Eigen, die Noah vermissen lässt: Finesse im Post und einen Wurf, den der Gegner mehr als respektieren muss. Gerade Rose und der Zinger profitieren von den Freiräumen, die durch die Bindung eines Verteidigers an Hernangomez entstehen. Allerdings ist er defensiv ein Sicherheitsrisiko.
Die zweite Option ist die besagte Small-Ball-Variante, bei der entweder Holiday oder auch Mindauskas Kuzminskas als Small Forward agieren und der Zinger sowie Melo die beiden großen Positionen bekleiden. Diese Aufstellung - Derrick Rose und Courtney Lee komplettieren das Lineup in der Regel - nutzte Hornacek auch beim OT-Sieg über die Hornets, bei dem Anthony den Gamewinner aus dem Post erzielte.
Dabei profitierte er davon, dass vier Spieler um ihn herum postiert waren, die von außen gefährlich sind und sich die Defense deshalb nicht traute, den heiß gelaufenen Anthony bis zum Ende des Plays konsequent zu doppeln.
Melos Momente der Einsicht?
Melos 35-Punkte-Performance ließ Erinnerungen wach werden an vergangene Zeiten, in denen der No.3-Pick von 2003 einer der gefährlichsten Iso-Player der Liga war und stets ein Wörtchen um die Topscorer-Krone mitzureden hatte.
Allerdings eilte ihm stets der Ruf eines Spielers voraus, der den Ball zu lange in den Händen hält und das Ball Movement ausbremst, nur um am Ende einen ineffizienten langen Zweier zu nehmen. Diese Zeiten sind - zumindest phasenweise - vorbei: Melo behält in der laufenden Saison den Ball nur noch 2,7 Sekunden für sich, wenn er einmal in den Besitz des Spaldings gekommen ist. Das ist eine Sekunde weniger als noch letzte Saison und 1,4 Sekunden weniger als 2014/15.
Zwar kommen immer noch 22,7 Prozent seiner Abschlüsse aus einer Isolation heraus, was ligaweit der fünfthöchste Wert ist. Aber: Seine effektive Feldwurfquote daraus ist auf 50,7 Prozent gestiegen, was deutlich über dem Wert von James Harden (35,1) oder LeBron James (46,9) liegt.
Es scheint, als hätte Anthony erkannt, dass er keine Ein-Mann-Armee sein muss, um sein Team zu Siegen zu verhelfen. Offensiv-Sequenzen, in denen sich Melo als Schütze in der Ecke postiert und seine Kollegen machen lässt, hatten in den vergangenen Jahren Seltensheitswert, sind in der aktuellen Spielzeit aber durchaus häufig zu sehen. Dass der Catch-and-Shoot-Anteil an seinen Würfen um 7 Prozent gestiegen ist, belegt den kleinen, aber feinen Sinneswandel.