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Das Leben ist kein Ponyhof

LeBron James und die Cavs gingen in Spiel 3 nicht gerade zimperlich mit Curry und Co. um
© getty

Die Golden State Warriors fanden weder defensiv noch offensiv einen Zugriff auf Game 3, das zu einem Blowout für die Cleveland Cavaliers wurde. Viele Faktoren spielten dabei eine Rolle, unter anderem fehlende Physis und Kampfbereitschaft. Die Verletzung von Klay Thompson hat ein unschönes Nachspiel, dabei braucht Golden State jetzt Fokus - und andere Geschütze.

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Sie hatten es erwartet. Sie haben es gewusst. Jeder Spieler hatte diese Situation schon mehr als einmal erlebt. Und doch waren die Warriors nicht in der Lage, die Cavs daran zu hindern, zu Beginn von Game 3 davonzueilen und dem Spiel mit ihrer Aggressivität ihren Stempel aufzudrücken.

Es war klar, dass die Cavs nach den zwei Pleiten von Anfang an aufs Gaspedal drücken würden. Und trotz aller Warnungen und Vorbereitungen konnte Golden State nicht verhindern, dass ihnen bereits in dieser frühen Phase der Zugriff auf das Spiel entglitt.

"Wir haben das Spiel in den ersten zehn Minuten verloren", resümierte ein angefressener Stephen Curry. Und daran gab es keinen Zweifel. 33 Punkte erzielten die Cavaliers im ersten Viertel, so viele wie in der gesamten zweiten Hälfte von Spiel 2. Und die wurfgewaltigen Warriors? Standen bei mickrigen 16 Zählern.

"Wir waren nicht bereit für dieses Spiel", sagte Dubs-Coach Steve Kerr auf der Pressekonferenz: "Wir waren weich, viel zu weich zu Beginn des Spiels." Und während Cleveland Herz und Moral zeigte, ließen sich die Dubs auf dem Court rumschubsen wie von größeren Jungs auf dem Schulhof. Und dort herrscht bekanntlich ein anderes Klima als auf dem Ponyhof Oracle Arena.

Wir machen den Weg zu

Jeder Cut der Warriors war im Vergleich zu den ersten Spielen deutlich schwieriger, da Cleveland die Laufwege besser las und sie geschickt zustellte. Verflogen war die Leichtigkeit, mit der die Splash Brothers zuvor um die Defense der Cavs getanzt waren, bis sie oder ein Teamkollege einen offenen Wurf hatten. Vor allem die Effektivität der Screens auf den Flügeln, aus denen Golden State zuvor häufig Kapital schlagen konnte, war deutlich geringer.

Überhaupt war fast jeder Wurf der Dubs contested, die Close-outs der Cavs bereiteten Curry und Co. große Probleme. Und auch wenn ausnahmsweise mal ein Schütze frei stand, wollte der Spalding nur selten durch die Reuse fallen.

Die Verletzung von Klay Thompson war nach dem Spiel ebenfalls ein großes Thema. Der Off-Guard war Ende des ersten Viertels mit Timofey Mozgov kollidiert und hatte das Knie des Cavs-Centers böse in den Oberschenkel bekommen.

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"Habe es nicht kommen sehen"

Thompson beschrieb die Situation, wegen der er mehrere Minuten in der Kabine verbringen musste, wie folgt: "Ich habe es nicht verstanden und auch nicht kommen sehen. Ich habe Kyrie verteidigt, während er mit Volldampf zum Korb zog. Ich weiß nicht, wer in so einer Situation auf die Idee kommt, mitten in der Zone einen Pick zu stellen."

Und Thompson ging in seiner Analyse des Plays noch weiter: "Für mich hat es den Anschein gehabt, als wäre es ganz schön dreckig gewesen. Er hat sein Knie dabei auch noch rausgestellt. Aber auch das ist Basketball."

Sicher sprach da ein wenig der Frust aus dem Scharfschützen, der an diesem Abend in Ohio höchstens einen Bollerwagen getroffen hätte (3/14 FG). Zudem muss man ihm anlasten, viele schlechte Würfe genommen zu haben. Die Aktion von Mozgov war jedenfalls weder ein absichtliches noch ein dreckiges Foul.

Der Russe wollte am Perimeter lediglich einen Block stellen, während Irving aber schon auf dem Weg zum Korb war. So schnell konnte Mozgov seine 2,16 Meter auch nicht in Luft auflösen. Illegaler Screen? Definitiv. Aber das war es dann auch schon. Hoffentlich ist die Geschichte damit zu Ende - und auch Thompson würde gut daran tun, es dabei zu belassen.

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Wo war Green?

Denn anstatt sich mit Anschuldigungen aufzuhalten, brauchen die Warriors dringend Anpassungen, um in Game 4 wieder die Oberhand zu gewinnen. Es hatte mehrere Gründe, weshalb die Warriors nur wenige gute Wurfsituationen kreieren konnten: Da wäre zum Beispiel LeBron James, der defensiv einen richtig guten Job gegen den wichtigsten Playmaker der Dubs, Draymond Green, machte.

Nur ganz selten erlaubte James Green einen Catch am High Post, von wo dieser mit seinen Pässen in den ersten beiden Spielen regelmäßig Körbe aufgelegt hatte. Dazu kam Green im Gegensatz zu den Spielen gegen Kevin Love nicht in die Zone und musste sich mit langen Jumpern begnügen (6 Punkte, 2/8 FG).

Bye bye, Bogut

Auch Andrew Bogut wurde von Steve Kerr kaum am Elbow eingesetzt - das hatte allerdings den Grund, dass der Center lediglich zwölf Minuten auf dem Feld stand. Durch die kleine Cavs-Starting-Five mit Richard Jefferson war Kerr schnell gezwungen, Clevelands Aufstellung zu matchen.

Die Cavaliers verwickelten Bogut gleich in der Anfangsphase in jedes Pick-and-Roll, bei dem er gegen den heißen Irving fast immer das Nachsehen hatte. So musste der Rim Protector alsbald auf die Bank, was vor allem LeBron im weiteren Verlauf des Spiels immer wieder ausnutze.

Dass der King dann auch noch anfing, seine Jumper zu treffen, machte die Sache für die Warriors defensiv nur noch schwieriger - und es war der Katalysator für den entscheidenden Run, der die Führung im dritten Viertel wieder über die 20-Punkte-Marke brachte.

Stotternder Motor

Und doch wäre die enttäuschende Verteidigung der Dubs in diesem Text nur eine Randnotiz, wenn sie offensiv wie gewohnt geglänzt und das Spiel so hätten gewinnen können. Doch weder Curry noch Thompson haben bisher in dieser Serie ihren Rhythmus gefunden. 52,2 Punkte erzielte der Star-Backcourt in den Playoffs pro Spiel - in den Finals sind es durchschnittlich nur 28.

"Ich bin sehr enttäuscht, dass ich nichts tun konnte, um meinem Team zum Sieg zu verhelfen", so Curry: "Es geht nicht darum, irgendwelche Erwartungen von anderen zu erfüllen - aber die, die ich an mich selbst stelle, habe ich nicht erfüllt. Ich muss einfach besser sein." Doch es lag nicht nur an Curry. Auch die Warriors-Bank schwächelte und hatte mit Ausnahme von Andre Iguodala wenig zu bieten

Thompson wird den freien Tag nutzen, um zu regenerieren und aufgrund seines Oberschenkels das Training ausfallen lassen. In Game 4 wird er aber ohne Zweifel dabei sein: "Es sind die Finals und nichts wird mich davon abhalten, zu spielen."

Die Warriors werden ihn definitiv brauchen, genau wie Curry. Wenn die Cavaliers so weiterspielen, ist aber nicht irgendein Curry gefragt - dann ist Curry in MVP-Form gefragt.

Das Revier markiert

Ohne zu wissen, ob Cleveland im nächsten Duell wieder auf Love bauen kann und auch wird, muss Steve Kerr taktische Änderungen vornehmen. Cleveland hat die bislang funktionierende offensive Strategie der Warriors gekontert und seinerseits eine kräftig stinkende Duftmarke in die heimische Arena gesetzt.

Soll die Serie nicht noch einmal nach Cleveland zurückkehren, müssen die Warriors sowohl Spiel 4 in Ohio als auch Spiel 5 in Oakland (am Dienstag ab 3 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE) gewinnen.

Die Umgebung in der Nacht von Freitag auf Samstag wird für Golden State mit Sicherheit nicht weniger feindlich - weder in der Arena noch auf dem Court. Aber auf dem Schulhof gewinnt man einen Fight anders als auf dem Ponyhof: mit Aggressivität, Physis und der richtigen Einstellung. Zwei Tage haben die Dubs Zeit, diese drei Attribute wiederzufinden.

Der Spielplan im Überblick

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