Herzchen von Naomi Osaka, süffisante Kommentare von Nick Kyrgios und große Fragezeichen bei der deutschen Hoffnungsträgerin Eva Lys: Der Doping-Fall Iga Swiatek schüttelt das internationale Tennis erneut spürbar durch und wirft schon jetzt einen Schatten auf den Beginn der neuen Saison Ende Dezember. Den Weltranglistenersten der Männer und die Nummer zwei der Frauen werden beim Neustart in Australien Zweifel begleiten - zumindest aus Teilen der Szene.
"Profis auf dem höchsten Niveau des Sports können jetzt einfach sagen: 'Wir wussten es nicht'", schrieb der frühere Wimbledon-Finalist Nick Kyrgios bei X am Tag nach Bekanntgabe des positiven Tests von Swiatek auf die verbotene Substanz Trimetazidin. Während andere prominente Gesichter wie Osaka in den Sozialen Medien ihre Unterstützung signalisierten, wurden auch Rufe nach einem transparenteren Vorgehen der International Tennis Integrity Agency (ITIA) laut.
Und erneut kochten, wie schon im Fall des ebenfalls in diesem Jahr positiv getesteten Jannik Sinner, Diskussionen auf über mögliche Doppelstandards in solchen Verfahren. Simona Halep, einstige Nummer eins der Welt, wies bei Instagram auf einen vermeintlich "großen Unterschied in Behandlung und Urteil" hin. Halep war von der ITIA für vier Jahre gesperrt worden, der Internationale Sportgerichtshof CAS reduzierte die Strafe auf neun Monate.
"Ich fange langsam an zu glauben, dass nicht jeder ein gleiches Verfahren bekommt...", schrieb auch die Hamburgerin Eva Lys bei X: "Es gibt viele niedriger gerankte Spieler, die nicht die gleiche Behandlung erfahren wie 'höher gerankte' Spieler. Ich sage nicht, dass jemand unschuldig ist oder nicht, ich sage, dass jeder die gleichen Chancen verdient." Sie verwies dabei auf die Britin Tara Moore, die erst 19 Monate nach einer offenbar unverschuldet positiven Probe freigesprochen wurde.
Positive Dopingtests bei Sinner und Swiatek: Öffentlichkeit erfährt es erst später
Bei Swiatek und auch bei Sinner ging es schneller. Der überragende Spieler der vergangenen Saison hatte nach zwei positiven Tests im Frühjahr von der ITIA letztlich keine Sperre erhalten, diese könnte nach der Intervention der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) allerdings noch folgen. Auch Swiateks Fall will die WADA eingehend untersuchen. Ihr wurde in erster Instanz eine Zwangspause von vier Wochen auferlegt, die sie nach einer vorläufigen Sperre vom 22. September bis zum 4. Oktober weitgehend hinter sich hat.
Die fünfmalige Grand-Slam-Siegerin Swiatek beschrieb die Phase nach ihrem positiven Test vom 12. August auf Trimetazidin, das in ihrem Fall einem kontaminierten Mittel gegen Schlafprobleme entstammen soll, als "härtesten Kampf" ihres Leben. In ihrem rund siebenminütigen Video an die Fans sagte die frühere Nummer eins der Welt, sie wolle transparent mit dem schwerwiegenden Vorfall umgehen.
Eine Aussage, die im Widerspruch zu stehen scheint mit ihren Absagen für drei Turniere im Herbst. Dabei gab sie an, müde zu sein oder sich nach ihrem Trainerwechsel Zeit nehmen zu wollen. Einen Hinweis darauf, dass sie vorläufig gesperrt war und nach einer Quelle für eine verbotene Substanz in ihrem Körper suchte, gab sie nicht.
Auch die ITIA informierte die Öffentlichkeit erst nach Abschluss des Verfahrens und begründete dies mit dem erfolgreichen Einspruch von Swiateks Anwälten binnen zehn Tagen gegen die vorläufige Sperre. Dies entspreche den Anti-Doping-Regeln im Tennis, die allerdings auch zu Beginn der neuen Saison weiter ein Diskussionsthema sein dürften.