Phil Bauhaus versuchte mit viel Wut im Bauch alles, doch im Showdown von Dijon sprintete der pfeilschnelle Bocholter erneut am ersten deutschen Topergebnis bei der 111. Tour de France vorbei. Beim Sieg des Niederländers Dylan Groenewegen im feurigen Finale in Frankreichs Senf-Hauptstadt musste sich Bauhaus mit Platz vier zufriedengeben - der Traum vom ersten deutschen Etappensieg war erneut geplatzt.
"Es war ein sehr anstrengendes Rennen durch den Wind. Im Finale habe ich mich nicht mehr so gut gefühlt, war auch früh alleine. Von daher bin ich happy", sagte Bauhaus (Bahrain-Victorious) in der ARD. Am Vortag war er beim Rekordsieg des Briten Mark Cavendish von der Jury weit zurückgestuft worden und hatte sich zutiefst ungerecht behandelt gefühlt.
Dieses Mal bestraften die Regelhüter den zweitplatzierten Belgier Jasper Philipsen, der im Vorjahr mit vier Erfolgen überragt hatte. Pascal Ackermann (Kandel/Israel-Premier Tech) sprintete so auf Platz neun. "Eigentlich habe ich alles richtig gemacht, doch im letzten Kreisel ist mir einer reingeschossen", sagte der 30-Jährige - es ist bislang noch nicht die Tour der Deutschen.
Im dritten Massensprint gab es derweil den dritten Sieger, Groenewegen hatte hauchdünn die Nase vor Senkrechtstarter Biniam Girmay, dem Sieger vom Montag. Der Eritreer, der als erster schwarzer Afrikaner das Grüne Trikot trägt, wurde Zweiter vor Fernando Gaviria aus Kolumbien. "Ich bin überglücklich, nachdem ich bislang etwas enttäuscht war", sagte Groenewegen nach seinem insgesamt sechsten Tour-Erfolg.
Der "ewige" Cavendish (39), der am Mittwoch mit seinem Etappenerfolg Nummer 35 den großen Eddy Merckx übertrumpft hatte und seitdem alleiniger Rekordsieger ist, kam nur auf Platz 19 - er hatte auf dem Weg nach Dijon zu viel Kraft gelassen.
Tour de France: Zeitfahren am Freitag
An der Spitze der Gesamtwertung tat sich am Tag vor der nächsten großen Kraftprobe nichts. Der Slowene Tadej Pogacar verteidigte sein Gelbes Trikot mit weiterhin 45 Sekunden Vorsprung auf den Belgier Remco Evenepoel erfolgreich. Im knackigen Zeitfahren am Freitag zwischen Nuits-Saint-Georges und Gevrey-Chambertin könnte Evenepoel als Weltmeister in dieser Disziplin Vorteile haben.
Bauhaus fuhr derweil mit einer Menge Frust. Am Vortag war er seiner Meinung nach im Sprint behindert worden, von der Jury dann aber wegen einer Behinderung seinerseits von Platz 16 auf 171 zurückgesetzt worden. "Ich bin sehr enttäuscht, denn ich denke, es wäre mit der beste Sprint gewesen, den ich in meinem Leben hätte fahren können", sagte der 29-Jährige bei Radsport-News.
Im Gegensatz zum quälenden Bummeltempo des Vortags war das Feld am Donnerstag von Beginn an flott unterwegs. Knapp 80 km vor dem Ziel nutze das Visma-Team von Titelverteidiger Jonas Vingegaard heftige Rückenwinde zu einem Angriff auf Pogacar, verschärfte das Tempo und sorgte für einen Bruch im Feld. Pogacar blieb an Vingegaard dran, verlor aber in dieser Phase zeitweise fast alle Helfer um den Kölner Nils Politt. Diverse Topsprinter verpassten ebenfalls den Sprung in die Spitzengruppe, nach rund zehn Kilometer schlossen sich die beiden Felder aber wieder zusammen.
Cavendish allerdings war im Pech: Im denkbar schlechtesten Moment hatte er einen Defekt und in der schnellen Phase auf einmal anderthalb Minuten Rückstand. Schimpfend mühte sich der streitbare Brite, der zweimal sein Rad wechseln musste, hinter dem Feld mit seinen Helfern ab, aber auch "Cav" gelangte rechtzeitig zur entscheidenden Phase zurück ins Peloton.