Freischwimmer im kalten Wasser

Von Robert Heusel
Die Frankfurt Skyliners setzen auf ihre Jugendarbeit
© imago

Die FRAPORT Skyliners spielen erneut eine erfolgreiche Saison. Sowohl in der BBL als auch auf internationalem Parkett sind Hessen voll in der Erfolgsspur. Die guten Resultate sind nicht zuletzt das Produkt einer konsequenten Personalpolitik der letzten Jahre. In Frankfurt werden Import-Spieler mit großer Sorgfalt ausgewählt und jungen deutschen Spielern viel Vertrauen geschenkt.

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"Unser Ziel in den letzten Jahren war es, dass sich unsere deutsche Basis an Spielern so entwickelt, dass sie mit den ausländischen Spielern der anderen Mannschaften mithalten kann", beschrieb Gunnar Wöbke, geschäftsführender Gesellschafter der Frankfurt Skyliners, die Erfolgsformel der Hessen bei Telekom Basketball.

Frankfurt liegt nach dem Playoff-Einzug in der Vorsaison auch in der aktuellen Spielzeit mit acht Siegen aus zwölf Spielen voll auf Playoff-Kurs. International haben die Skyliners die erste Runde des FIBA-Europe-Cups ungeschlagen überstanden und nehmen wie letzte Saison das Finalturnier ins Visier.

Der Koch, der dieses Rezept seit nunmehr zwei Jahren umsetzt, ist Coach Gordon Herbert. Der Kanadier war bereits von 2001 bis 2004 und von April 2010 bis Ende der Saison 2011 für die Skyliners tätig und feierte zahlreiche Erfolge. 2004 führte er das Team zur deutschen Meisterschaft, 2010 ging es bis ins Finale und 2011 war erst im Semifinale Endstation.

Nach einem Intermezzo bei Alba Berlin entschied sich Herbert im Mai 2013, die Herausforderung Frankfurt ein drittes Mal anzunehmen. Die Voraussetzungen waren allerdings andere als in den Jahren zuvor, denn Frankfurt hatte die BBL auf Rang 14 abgeschlossen und stand vor einem Neuanfang.

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Junge Talente entwickeln

"Wir haben einen Trainer gesucht, der mit uns gemeinsam - ligenunabhängig - den eingeschlagenen Weg, Talente mittel- bis langfristig an uns zu binden und für höhere Aufgaben zu entwickeln, gehen kann und will", so Wöbke 2013 zum Trainer-Coup.

Bereits im Vorjahr hatte die sportliche Leitung um Wöbke und Co. mit nachhaltigen Personalentscheidungen den Weg in die Zukunft geebnet. Zusätzlich zu Eigengewächs Danilo Barthel wurde der 19-jährige Center Johannes Voigtmann aus Jena und Konstantin Klein von Pro-B-Ligist Gotha verpflichtet.

"Es war schon immer ein Ziel in Frankfurt, junge Spieler zu holen und sie weiter zu entwickeln. Im Moment sind einige sehr talentierte junge deutsche Spieler im Kader, daher kann ich es kaum erwarten loszulegen", sprühte Herbert bereits vor seinem Dienstantritt nur so vor Elan.

Die erste Saison der neuen Ära lief sportlich durchwachsen, Platz 11 stand nach 34 Spieltagen zu Buche. Nicht weiter tragisch, denn vor allem die Youngster wurden ins kalte Wasser geworfen und durften massiv Spielzeit sammeln. Barthel und Voigtmann standen nahezu in jedem Spiel in der ersten Fünf und auch Klein war mit 27 Minuten pro Partie elementarer Bestandteil der Rotation.

Vertrauen zahlt sich aus

Dass junge Akteure sich einfach mal freischwimmen müssen und auch Fehler machen dürfen, um zu besseren Spielern zu werden, zeigt das Beispiel der Frankfurter eindrucksvoll. Nach Rang 11 2014 erreichte man am Ende der abgelaufenen Spielzeit Platz 6 und schaffte so den Sprung in die Playoffs. In der Euro Challenge, dem dritthöchsten europäischem Wettbewerb, marschierte man zudem bis ins Final Four.

Neben dem sportlichen Erfolg der Mannschaft lief es auch für Voigtmann, Barthel und Klein persönlich außergewöhnlich gut. Alle drei wurden zwar immer wieder von kleineren und größeren Verletzungen gebeutelt, haben sich aber mittlerweile bis in die Nationalmannschaft gekämpft. Voigtmann durfte im Sommer sogar bei der Heim-EM in der Berlin an der Seite von Dirk Nowitzki auflaufen.

Der Mann, der den Jungspunden den letzten Feinschliff verleiht ist Klaus Perwas. Der Co-Trainer von Herbert kümmert sich neben seinen Aufgaben als Assistenzcoach um das Individualtraining mit einzelnen Akteuren. Ein Job, der in der öffentlichen Wahrnehmung gerne untergeht, aber ungemein wichtig ist.

"Gerade gibt es für uns keine bessere Situation als hier in Frankfurt", sagt Barthel über die grandiosen Voraussetzungen am Main. Auch Geschäftsführer Wöbke schlägt in die gleiche Kerbe: "Wir bieten den deutschen Spielern bei uns gute Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Sechs gute Ausländer kaufen, kann jede Mannschaft. Aber die Zeiten in denen man mit sechs Spieler erfolgreich spielen kann, sind vorbei."

Kontinuität auch bei den Ausländern

Naturgemäß spielen neben den deutschen Leistungsträgern in der Bankenmetropole auch die Ausländer eine wichtige Rolle. Diese werden aber nicht wild zusammengekauft, sondern mit Bedacht ausgewählt und wenn möglich langfristig an den Verein gebunden. Quantez Robertson spielt seit 2009 in Mainhattan und ist als Urgestein aus dem Team nicht mehr wegzudenken.

Auch Center Mike Morrison und Aaron Doornekamp spielen bereits ihre zweite Saison für die Skyliners. Vor allem der Kanadier Doornekamp ist der heimliche Anführer des Teams. Ohne groß in Erscheinung zu treten, legt der 30-Jährige doch 12,6 Punkte bei einer überragenden Dreierquote von 49 Prozent, sowie 5,3 Rebounds pro Spiels aufs Parkett.

Emotionaler Leader auf dem Feld ist Neuzugang Jordan Theodore. Der Point Guard dirigiert die Offensive und übernimmt in entscheidenden Momenten gerne selbst die Verwantwortung. So schoss der 26-Jährige den den FC Bayern Baketball vor wenigen Wochen im Schlussabschnitt quasi im Alleingang ab.

Der Coach hat große Ziele

Der Sieg gegen die Bayern, aber auch der Erfolg gegen den amtierenden Meister aus Bamberg nur wenige Wochen später hat gezeigt, dass die Frankfurter in heimischer Halle gegen alle Teams der BBL bestehen können. Wöbke will die Ziele für die aktuelle Saison dennoch nicht zu hoch ansetzen. "Grundsätzlich haben wir nicht den Druck, irgendetwas gewinnen zu müssen. Primär wollen wir unseren Fans attraktiven Basketball bieten", so der Geschäftsführer.

Coach Herbert scheint nach den Erfolgen der vergangenen Saison Lunte gerochen zu haben und gab sich vor Saisonbeginn in der WZ deutlich ehrgeiziger: "Wir wollen ein Top-Fünf-Team werden, uns nach der Hinrunde für den Pokal qualifizieren und den FIBA Europe Cup gewinnen." Nach zwölf Spieltagen kann man konstatieren: die Skyliners liegen in allen drei Wettbewerben auf Kurs!

Die Qualität, um weiter auf Erfolgskurs zu bleiben und die gesteckten Ziele zu erreichen, hat die Mannschaft auf jedem Fall. Wäre Voigtmann in den Playoffs der Vorsaison nicht verletzt ausgefallen, wäre vielleicht dort schon das Halbfinale möglich gewesen.

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Keine Angst vor dem Ausverkauf

Der Erfolg und die individuelle Entwicklung der Leistungsträger wecken aber natürlich Begehrlichkeiten bei anderen Vereinen. Barthel macht keinen Hehl daraus, dass "jeder Spieler gerne mal deutscher Meister werden oder Euroleague spielen möchte". Nach der Saison werden Voigtmann und Co. mit Sicherheit wieder ins Visier der Topteams der Liga rutschen; bestehende Verträge hin oder her.

Wöbke sieht diesen Entwicklungen aber völlig entspannt entgegen. "Es geht immer um den Mix aus sportlichem Anreiz und wirtschaftlicher Lukrativität, um als Verein für einen Spieler interessant zu sein. Es wird mit Sicherheit der Zeitpunkt kommen, an dem dieser Mix für den in oder anderen Spieler bei uns nicht mehr passt."

Das Geld, das mögliche Abgänge in die Kassen spülen könnten, werde weiterhin in die Entwicklung neuer Talente investiert, so der Geschäftsführer weiter.

Mit Niklas Kiel, einem der talentiertesten Spieler des Jahrgangs 1997, haben die Skyliners bereits einen nächsten Rohdiamanten in ihren Reihen. Herbert und Perwas werden sich auch ihm annehmen und ihn irgendwann ins kalte BBL-Wasser werfen. Der 18-Jährige wird sich wie seine Vorgänger freischwimmen und "die BBL rocken". Da ist sich Wöbke sicher.

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