SPOX: Wenn sie einen Wunsch frei hätten: Würden Sie den Basketball und die Zeit in Bamberg gerne wie ein Kleid ablegen, um sich voll auf Handball einlassen zu können?
Heyder: Nein, das wäre ja nicht mehr ich und sehr unauthentisch. Das ist auch gar nicht nötig, denn meine Zeit in Bamberg hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Was ich mir wünsche: Dass ich Klarheit für mich bekomme, ob ich mich zu 100 Prozent für eine andere Sportart entscheiden kann. Das Handball-Projekt in Coburg ist gerade mehr ein Strukturthema. Ich weiß, dass ich das sehr gut umsetzen kann. Allerdings ist das Strukturthema das eine, die gewachsene Emotion für eine Sportart das andere. Das kann ich im Handball nicht von heute auf morgen nachholen.
SPOX: Dachten Sie, dass Ihnen der Umstieg leichter fällt?
Heyder: Man muss die Dinge differenzieren. Bei Coburg ist in erster Linie meine Business-Expertise gefragt, die ich nach den vielen Jahren als Manager im Basketball gewonnen habe. Es gibt natürlich keine Schablone für den Erfolg, ich musste mich trotzdem in einer Weise neu anpassen. In dieser Hinsicht war der Umstieg völlig in Ordnung und die Herausforderung, die ich gesucht habe. Das andere ist die emotionale Anbindung, die kann erst mit der Zeit kommen. Ich kann mit einem Handball-Trainer noch nicht über Taktiken sprechen und ich bin in der Sportart ein absolut Lernender. Das ist nicht negativ, aber eine komplett andere Situation für mich. In Coburg haben wir sechs neue Spieler verpflichtet. Ich war bei den Gesprächen dabei und bekam einen ersten Eindruck über deren Charakter und Ausstrahlung. Doch wenn Sie mich fragen, ob es die richtigen Handballer sind, kann ich nicht mit der Inbrunst der Überzeugung antworten.
SPOX: Sie scheinen nicht nur gnadenlos kritisch zu anderen zu sein, sondern auch zu sich selbst.
Heyder: Man muss ehrlich damit umgehen. Es wäre unfair gegenüber dem Trainer oder dem Umfeld, aus dem Nichts anzukommen und so tun, als ob ich ein Handball-Experte bin, nur weil ich mich in einer anderen Sportart gut auskenne.
SPOX: Es heißt, Sie arbeiten in Coburg genauso viel wie früher in Bamberg: 80 bis 100 Stunden pro Woche. In Bamberg wurde Ihre Leidenschaft immer bewundert, gleichzeitig gibt es viele, die Sie als zu perfektionistisch und ungeduldig beschreiben. Zogen Sie daraus Lehren?
Heyder: Es gibt gewisse Charaktermerkmale, die ich an mir sehr positiv sehe, obwohl man damit aneckt. Fakt ist: Wir haben in Bamberg von Null, aus einer Insolvenz-Situation heraus, etwas entstehen lassen. Es war natürlich extrem arbeitsintensiv und anfordernd für jeden von uns - aber ehrlich gesagt sehe ich immer noch keine Alternative dazu. Wenn es einen anderen Weg gibt, um ein Topteam aufzubauen, höre ich ihn gerne. Ich glaube nicht, dass es ihn gibt. Alles muss unter Hochdruck geschehen. Und ich bin jemand, der bereit ist, sich nicht zu schonen und Opfer zu bringen. Es stimmt, ich habe das ebenfalls von den Mitarbeitern verlangt. Andererseits glaube ich, dass es geholfen hat, dass sich viele sehr positiv entwickelt haben und gute Positionen übernehmen konnten. Was ich vielleicht anders machen würde: Ich habe immer versucht, alle mitzunehmen, ich hätte es noch besser kommunizieren können.
SPOX: Verstehen Sie, dass ein Gefühl der Überlastung einsetzen kann, wenn man mit Ihnen zusammenarbeitet?
Heyder: Ich kann mir das vorstellen. Allerdings muss man es immer in den richtigen Kontext setzen. Wir wollten etwas erreichen, was damals unvorstellbar war und heute als selbstverständlich gesehen wird: ein Topklub in Bamberg. Wenn man erfolgreich sein will, wie überall im Leistungssport, muss man an die Grenze gehen. Klar hätte ich Dinge langsamer angehen können. Die Frage ist, ob wir genauso erfolgreich gewesen wären.
SPOX: Im SPOX-Interview von 2013 sagten Sie, dass Sie es sich gut vorstellen können, den Beruf komplett zu wechseln und ein eigenes Kabarett zu betreiben. Was ist daraus geworden?
Heyder: Ich dachte in der Tat darüber nach. Meine Frau und ich haben uns im Bamberger Umfeld schon einen Laden namens Kulturscheune gemietet, in der Kabarett stattfinden soll. Ich merkte jedoch schnell, dass mich das nicht ausfüllt. Vielleicht ist es in einigen Jahren anders, jetzt will ich noch etwas im Sport bewegen. Vielleicht aus der Motivation heraus, dass ich es im Basketball nicht so zu Ende gehen lassen will, wie es in Bamberg dann ablief.
SPOX: Sind Sie auf der Sinnsuche? Fühlt es sich wie vor fast 40 Jahren an, als Sie nach dem Abitur zwei Jahre Theologie studiert haben, weil Sie nicht wussten, was Sie wollten?
Heyder: Irgendwie schon. Es war ein großer Einschnitt und ich bin immer noch auf der Suche nach Orientierung. Ich hätte ins Kabarett gehen können, in die Politik oder in die Wirtschaft. Wobei ich seit zwei, drei Monaten weiß, dass ich mich noch einmal im Profisport bewähren möchte.
SPOX: Bei allem Respekt: Sie werden im Oktober 59 Jahre alt. Wäre generell auch eine seniorige, repräsentative Rolle im Leistungssport denkbar?
Heyder: Ich fühle mich überhaupt nicht repräsentativ (lacht). Ich bekomme immer wieder mal Präsidentenjobs angeboten, doch das ist nicht meine Welt. Ich sehe mich weiter im operativen Bereich, dort kann ich etwas bewegen.
SPOX: Die BBL wählt im Herbst nicht nur einen neuen Präsidenten, sondern ist gerade in der Findungsphase für die Nachfolge des freiwillig scheidenden Geschäftsführers Jan Pommer. Kann ein Liga-Geschäftsführer etwas bewegen?
Reggie Redding im SPOX-Interview
Heyder: Davon bin ich überzeugt. Jan hat gemeinsam mit den Klubs die gesamte Liga nach vorne gebracht. Verglichen mit der Zeit, als er anfing, nimmt die BBL Quantensprünge. Seine Initiative, Standards und Regularien einzuführen, war goldrichtig, um das Produkt zu verbessern.
SPOX: Dennoch wurde Pommer von der Basketball-Gemeinde nie geliebt. Woher kommen die Widerstände?
Heyder: In dem Job darf man keine Dankbarkeit erwarten, das ist Business as usual. Wenn man sich mit 18 Klubs, mit 18 Eigentümern auseinandersetzen muss, muss der Geschäftsführer immer wieder Leuten auf die Füße treten. Insofern ist es schwierig, es allen recht zu machen. Ich finde schon, dass man mit Jan Pommers Arbeit sehr zufrieden sein kann.
SPOX: Von einigen BBL-Klubs werden Sie als Pommer-Nachfolger ins Gespräch gebracht.
Heyder: Ich wurde das eine oder andere Mal darauf angesprochen, aber nicht konkret. Ich betreibe sehr intensiv das Handball-Thema und habe mich mit dem Thema überhaupt nicht beschäftigt.
SPOX: Allgemein gesprochen: Welche Fähigkeiten sollte der neue Geschäfsführer in sich vereinen?
Heyder: Er sollte versuchen, alle Klubs und die gesamte Community inklusive der ProA und der ProB mitzunehmen. Er muss die Schnittstelle zum DBB so optimieren, dass die Zusammenarbeit positiv und produktiv verläuft. Dazu die internationale Vernetzung mit der Euroleague und der FIBA. Wir werden um beide Instanzen nicht herumkommen.
SPOX: Was halten Sie vom Modell, Pommers Nachfolge auf zwei Co-Geschäftsführer aufzuteilen: der eine für den Sport, der andere für Marketing?
Heyder: Die Aufgaben sind mittlerweile so vielschichtig, dass ich es für abwägbar halte.
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